Originaltitel: Jue Di Tao Wang__Herstellungsland: Hongkong/China/USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Renny Harlin__Darsteller: Jackie Chan, Johnny Knoxville, Fan Bingbing, Eve Torres, Winston Chao, Eric Tsang, Michael Wong, Richard Ng u.a. |
Was haben Jackie Chan und der Graf von „Unheilig“ gemeinsam? Nun, beide gaben unlängst bekannt, ihre Steckenpferde (Gesang / Actionfilme) an den Nagel hängen zu wollen, nur um aktuell fleißiger denn je genau das zu machen, was sie am besten können…
Der Hongkonger Cop Bennie Chan ist in Sibirien auf der Suche nach dem Trickbetrüger Connor Watts. Dieser habe nämlich laut Bennies Patentochter Samantha ein Handy bei sich, das den ohnehin fiesen Fieswicht Victor Wong als Superbösewicht „Der Matador“ enttarnen könne. Und hinter dem ist Bennie schon seit Ewigkeiten hinterher. Vor allem, da dieser einst seinen besten Kumpel Yung unter die Erde gebracht hat.
Unfreiwillig, da gefesselt, erklärt sich Connor bereit, Bennie zu helfen. Dafür müsse der ihn allerdings vor ein paar wütenden Russen beschützen. Gemeinsam startet man eine wüste Odyssee, die die beiden ungleichen Partner von Sibirien über die Mongolei nach China und Hongkong führen wird…
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„Skiptrace“ ist kaum mehr als ein ganz normales Buddy-Movie. Zwei Charaktere, die sich zu Beginn nicht grün sind, vereint eine gemeinsame Queste. Man beginnt mit zunehmender Laufzeit zusammenzuwachsen, streitet sich, versöhnt sich, trennt sich und wird am Ende trotz allem zur kampfkräftigen und entschlossenen Einheit. Diesem hinlänglich bekannten Einheitsbrei weiß der neue Film von Actionspezi Renny Harlin („Deep Blue Sea“) nichts wirklich Neues hinzuzufügen. Vielmehr gerät dem Finnen sein Programm etwas zu routiniert und formelhaft und leidet unter einer etwas krampfigen Chemie der beiden Hauptdarsteller.
Vor allem Jackie Chan („Armour of God – Chinese Zodiac“) wirkt in diversen Momenten nicht einmal ansatzweise so spritzig, wie man das von ihm gewohnt ist. Dabei hat er bei den „Rush Hour“-Streifen und vor allem „Shanghai Noon“ und dessen Fortsetzung gezeigt, wie trefflich man seine körperlichen Slapstick-Eskapaden mit dem verbalen Witz eines vorlauten Partners arrangieren kann. Doch in Johnny Knoxville findet Chan diese Ergänzung nicht. Ob man sich am Set nicht riechen konnte? Oder ob Jackies Körperlichkeit mit dem eigentlich recht ähnlich gelagerten Humor Knoxvilles kollidierte? An Knoxville selbst liegt es nämlich nicht wirklich. Der macht in Anbetracht seiner Fähigkeiten einen höchst soliden Job und ist in einigen Sequenzen sogar durchaus witzig.
So holpert „Skiptrace“ etwas arg unrund von Schauplatz zu Schauplatz und generiert diverse kleinere Tempohänger. Leider konterkariert Renny Harlin diese Hänger nicht mit Action, stattdessen verlässt er sich im Mittelteil etwas zu sehr auf die Wirkung seiner Schauplätze. Und das nicht ohne Grund, denn „Skiptrace“ hat optisch wirklich einiges zu bieten. Beinahe wünscht man sich, der Film hätte vollends auf den Road-Movie-Aspekt fokussiert und die großartigen Settings des Filmes mehr atmen lassen. Vor allem wenn die beiden Helden in China ankommen, zelebriert Harlin die Schönheit der chinesischen Landschaft und Natur in absolut kinoreifen Bildern.
Da nimmt man es ihm auch gar nicht mehr soooo übel, dass der Mongolei-Abschnitt zu einem wirklich ekelhaft verkitschten Ethno-Pow-Wow mit Adele-Singsang verkommt. Übel nehmen muss man Harlin aber, dass er Jackie Chan und dessen Stuntteam nicht öfter zum Zuge kommen lässt. Dabei steigt er durchaus stark ein. Lässt mal eben eine ganze Stelzenhaus-Anordnung kollabieren, was wirklich neugierig auf die kommenden Action-Eskalationen macht. Doch diese lassen zu lange auf sich warten.
Zudem geht den kommenden Actionszenen ein gewisser Spektakelwert vollkommen ab. Man verlässt sich zu sehr auf kleinere Akrobatik-Scharmützel, in denen Jackie Chan gewohnt wendig seine Gegner mithilfe in der Gegend herumliegender und -stehender Gegenstände ausschaltet. Das ist alles durchaus nett choreografiert und arrangiert, wirkt aber wie alle Jackie-Chan-Vehikel, die vor allem international auf Hit getrimmt wurden, arg runtergepegelt und zu gefällig an den Massengeschmack angebiedert.
Dennoch findet man in allen Actionszenen kleine Momente, die definitiv zu gefallen wissen. Wenn etwa die Matrjoschka-Szene abgefeuert wird, ist man ob des damit einhergehenden, angenehm schlitzohrigen Humors wirklich extrem positiv überrascht. Ein weiterer absoluter Pluspunkt der Action ist der „sibirische Terminator“ Dasha. In der Rolle zeigt WWE-Superstar Eve Torres („The Scorpion King 4“) echte Actionlady-Qualitäten!
Letzten Endes aber scheint die zu überwiegenden Teilen mit chinesischen Geldern finanzierte Produktion das meiste Budget in die Reisekosten des Filmteams gesteckt zu haben. Die Folge sind ein paar optisch höchst imposante Landschaftsaufnahmen, die zudem absolut unverbrauchte Motive zu präsentieren wissen. Leider könnte die alles zusammenhaltende Story kaum generischer und uninspirierter sein. Einzig ein kleiner Story-Schlenker gegen Ende weiß einigermaßen zu überraschen, ist nun aber auch in keinster Weise oscarverdächtig. Zumindest hat Jackie Chan für seine Fitness ein echtes Chapeau verdient. Hier und da ist der Seileinsatz zwar allzu offensichtlich und man meint auch in einigen Szenen Doubles zu erkennen, im Abspann sieht man aber wie gewohnt, dass der kleine Chinese sich im Rahmen seiner Möglichkeiten (er ist halt auch nicht mehr der Jüngste) voll reingehängt hat. Hätte Renny Harlin in diesem Punkt noch mehr Gas gegeben und seinem Action-Zampano mehr Raum gelassen, vielleicht hätte der dann am Set auch mehr Lust gehabt, wirklich mit Johnny Knoxville zu harmonieren? So bleibt zumindest gefällige, weitgehend kurzweilige Feierabendunterhaltung in schönen Bildern.
In diesem Sinne:
freeman
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Hollywood-Mainstreamproduktionen werden Renny Harlin kaum noch anvertraut, weshalb er nach Mid-Budget-Filmen in den USA („Zwölf Runden“, „The Legend of Hercules“) und Indie-Produktionen im Ostblock („5 Days of War“, „The Devil’s Pass“) nun in China landete um dieses dort sehr erfolgreiche Buddy Movie zu drehen, mit dessen Star er vor rund 15 Jahren schon einmal beim später eingestampften „Nosebleed“ zusammenarbeiten wollte.
Hier geht es um den Hongkongcop Bennie Chan (Jackie Chan), der den Tod seines Partners Yung (Eric Tsang) beobachten muss, welcher dem Supergangster The Matador zu nahe kam. Bennie hält den Geschäftsmann Victor Wong (Winston Chao) für den Matador und versucht dies noch Jahre später zu beweisen, wofür er auch mal eine Siedlung am Wasser in Schutt und Asche legt, was seine Vorgesetzten gar nicht gerne sehen. Dem Genrekundigen werden dabei schon in der Auftaktsequenz und dem Vorspann deutliche Hinweise gelegt, wer sich vermutlich hinter der Fassade des Matadors verbergen könnte.
Für ein waschechtes Buddy Movie braucht man aber einen zweiten Buddy und das ist in diesem Falle der Langfinger und Zocker Connor Watts (Johnny Knoxville), der dummerweise einen Mord beobachtet, den der Matador zu verantworten hat. Das kommt Bennie zu Ohren, der Connor aus den Fängen einiger Russenmafiosi herausboxt, denen der Gauner noch Knete schuldet. Das erzählt das Drehbuch von Jay Longino und BenDavid Grabinski etwas unnötig verschachelt, doch Renny Harlins Inszenierung peppt den Film mit kleineren Spielereien auf, seien es die leicht comicartige Creditsequenz oder die Einnahme von Connors Perspektive, wenn dieser kopfüber auf einer Bowlingbahn baumelt.
Connor ist natürlich froh über die Rettung, will aber keinesfalls gegen den Gangsterboss aussagen und versucht Bennies Obhut zu entkommen, doch der bleibt hartnäckig. Mit seinem widerspenstigen Zeugen macht er sich auf den Weg von Russland nach Hongkong…
„Skiptrace“ ist ein Buddy Movie der alten Schule und wird überdeutlich von zwei Filmen inspiriert: Zum einen „Midnight Run“, mit dem Zeugen wider Willen, der verhinderten Flugreise und dem episodischen Trip durch die Lande, zum anderen „Shang-High Noon“, in dem ebenfalls Jackie Chan an der Seite eines Ganoven aus einer anderen Kulturkreis durch die Pampa zog und auch dort in eine große Eingeborenenfeier geriet. Das kann man jetzt wunderbar Old School finden, aber auch etwas verstaubt, da „Skiptrace“ dann doch nur Buddy-Routinen abspult: Gezänk zwischen den Partnern, Verfolgung durch die Schurken und lose verbundene Action- und Comedy-Stationen bei der Reise mit verschiedenen Fortbewegungsmitteln, schließlich der obligatorische Showdown mit dem Oberschurken.
Was man dem Film dabei zugutehalten kann, ist sein Hauptdarstellerduo: Jackie Chan („Police Story – Back for Law“) gibt mal wieder den idealistischen Cop, wie schon in gefühlt 300 Filmen zuvor, macht das aber mit der nötigen Routine und harmoniert mit dem überraschend überzeugenden Johnny Knoxville („The Last Stand“), der sich mal nicht nur auf Rumgekasper und Chargieren verlässt, sondern seinen gewieften Trickbetrüger als charmantes Schlitzohr mit erfreulich viel Persönlichkeit anlegt. Fan Bingbing („X-Men: Days of Future Past“) als Patenkind Chans ist in erster Linie dazu da um fristgerecht zum Showdown entführt zu werden und wird dementsprechend stiefmütterlich vom Film behandelt, während Eve Torres („The Scorpion King 4“) als toughe Verfolgerin dagegen eine deutlich zackigere Frauenrollen abbekommen hat, trotz wenig Screentime. Und im Zuge der nostalgischen Ausrichtung des Films darf man sich über Gaststars freuen, deren große Zeiten in den 1980ern und 1990ern lagen: Eric Tsang („Shanghai Police“), Michael Wong („Shadowguard“) und Richard Ng („Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen“).
Der altmodische Spaß wird dann auch mit Action serviert, die Fans des Hauptdarstellers erwarten: Die todesmutigen Superstunts aus dessen früherer Laufbahn gibt es zwar nicht mehr, aber dafür komödiantische Kloppereien, für deren Choreographie Alltagsgegenstände wie Mülltonnen zweckentfremdet werden. Das einfallsreichste Set-Piece kommt leider schon früh im Film, eine Schlägerei in einer russischen Fabrik, bei welcher der gefesselte Connor über Förderbänder transportiert wird, während Bennie klettert, kloppt und Matrjoschka-Puppen als Waffen einsetzt. Gerade der Showdown sieht im Vergleich dazu relativ generisch und 08/15 aus: Nicht wirklich schlecht, aber auch nicht wirklich denkwürdig.
So ist der Rest dann auch Routine mit den erwartbaren Gags und den erwartbaren Wendungen, wobei der Humor immerhin vom Zusammenspiel der Hauptdarsteller profitiert und mit einem Besäufnis in der Steppe die gute Laune zelebriert. Das hat den Schwung, ebenso wie pointierten Versuche der Protagonisten einander einen auszuwischen, und tröstet über den einen oder anderen ausgesprochen unansehnlichen CGI-Effekt hinweg: Gerade, wenn die Helden an einem Seil hängend über eine Schlucht hinwegrasen, dann sieht das unheimlich fake aus – und das bei Jackie Chan, der durch seine Selbermachen-Attitüde groß wurde.
Wer eine also neue Großtat von Jackie Chan nach längerer Zeit des Darbens erhofft, der dürfte erneut enttäuscht werden: „Skiptrace“ ist ein Rücksturz in bieder-solide Buddy-Movie-Gefilde vergangener Jahrzehnte, bietet ein gut aufgelegtes Hauptdarstellergespann, nette Kloppereien und seine nette, aber selten inspirierte Regieleistung Renny Harlins. Das ist schon halbwegs unterhaltsam, krankt aber am vorhersehbaren 08/15-Plot und dem Fehlen echter Highlights.
Hierzulande hat „Skiptrace“ es nicht in die Kinos geschafft, aber Universum veröffentlicht ihn am 18. November in Deutschland auf DVD und Blu-Ray. Die sind mit einer FSK 12 Freigabe ungeschnitten und haben Interviews, eine B-Roll und diverse Trailer als Extras an Bord.
© Nils Bothmann (McClane)
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