Zum Schnäppchenpreis von rund 10,5 Millionen Dollar inszenierten die Brüder Colin und Greg Strause den Science-Fiction-Film „Skyline“, der eine Alieninvasion quasi aus der Froschperspektive zeigt. Man folgt einer Gruppe von Zivilisten, die kurz zuvor noch eine Geburtstagsparty gefeiert haben, als Außerirdische Los Angeles angreifen und die Menschen jagen und einsammeln.
Originaltitel: Skyline__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2010__Regie: Colin Strause, Greg Strause__Darsteller: Eric Balfour, Scottie Thompson, David Zayas, Donald Faison, Brittany Daniel, Crystal Reed, Neil Hopkins, J. Paul Boehmer, Tanya Newbould, Pam Levin u.a. |
„Alien vs. Predator 2“ wurde von den Kritikern auseinandergenommen, spielte aber 130 Millionen Dollar bei einem Budget von 40 Millionen ein. Die regieführenden Brüder Colin und Greg Strause, eigentlich VFX-Spezialisten (u.a. bei „300“, „The Avengers“ und „Hardcore Henry“ tätig), hatten Interesse an einem dritten Teil bekundet, der aber nicht kam. Dafür konnten sie mit eigens aufgebrachtem Geld „Skyline“, ihren zweiten Kinofilm, umsetzen.
Der schaffte es zwar ins Kino, kostete aber nur rund 10,5 Millionen Dollar, wovon lediglich eine halbe Million für den physischen Dreh verwendet wurde – der Rest des Budgets wanderte in die Effekte. Dementsprechend klein ist die Belegschaft. Es geht dabei um Jarrod (Eric Balfour), der mit seiner besseren Hälfte Elaine (Scottie Thompson) für die Geburtstagsparty seines besten Kumpels Terry (Donald Faison) nach Los Angeles fliegt. In einem verunfallten Versuch von Meta-Ebene ist Terry gefragter VFX-Spezialist, der mit seiner Frau Candice (Brittany Daniel) zusammenlebt, und eine Assistentin namens Denise (Crystal Reed) hat. Außerdem springt noch jemand namens Ray (Neil Hopkins) in dem Zirkel mit herum, aber der ist so egal, dass er das Wort „Auftaktopfer“ dann auch quasi auf die Stirn tätowiert hat.
So kommt es dann auch: Als seltsame Lichter außerirdischen Ursprungs nachts über der Stadt niedergehen, schaut Ray ins blaue Leuchten und wird dafür direkt aus der Wohnung gesaugt. Der Ursprung jener Lichter sind nämlich außerirdische Invasoren, die damit Menschen anziehen. Wie genau das funktioniert, warum die Aliens überhaupt angreifen und ob das Ganze nur in Los Angeles stattfindet oder weltweit – alles gute Fragen, um deren Beantwortung sich „Skyline“ einen feuchten Kehricht schert.
Während die Aliens ihr Opfer gleich häuserblockweise einsammeln und verschiedene Ernter vom Mutterschiff herunterschicken, überlegt das kleine Grüppchen, was zu tun ist. Vorerst verschanzt man sich wie andere Überlebende in dem Gebäude, wozu auch der Manager Oliver (David Zayas) gehört…
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Man kann sicherlich beeindruckt sein von dem, was die Strauses mit einem quasi nicht vorhandenen Budget auf die Beine gestellt haben. Sicher, an Referenzwerke wie „Transformers“ oder „Iron Man“ kam „Skyline“ auch schon bei Kinostart nicht heran, aber manche Produktion aus dem Hause Millennium Films wäre froh über diese CGI-Qualität. So kriegt man hier große Mutterschiffe, Mecha-ähnliche Alien-Panzer und fliegende Tentakel-Ernter geboten, die Autos zerschrotten, Menschen einsammeln oder sich Gefechte mit dem irgendwann anrückenden Militär liefern. Natürlich war angesichts des Budgets dann keine Non-Stop-Actionorgie drin, weshalb es immer wieder längere Ruhepausen zwischen Alien-Angriffen gibt, ehe im Finale dann noch einmal ordentlich aufgedreht wird. Da gibt es recht gelungenen Krawall zu bewundern, dem zwar die wirklich memorablen Actionmomente abgehen, der ordentliche Hausmannskost abliefert. Insofern kann man verstehen, dass ein Major-Studio wie Universal von dem Fleiß der Strauses so beeindruckt war, dass man „Skyline“ sogar ins Kino brachte.
Dummerweise gibt es zwischen den VFX-Szenen nichts anderes, was irgendwen beeindrucken dürfte. Bei der Besetzung holte man schnell ein paar TV-Gesichter heran, deren Hitserien gerade ausliefen oder die dort nicht die größten Rollen spielten, sodass hier unter anderem Dr. Turk aus „Scrubs“ und Sergeant Batista aus „Dexter“ den Invasoren die Stirn bieten können. Mit sonderlich viel Elan ist allerdings keiner bei der Sache. Weder die etwas bekannteren Gesichter Donald Faison („Kick-Ass 2“), Eric Balfour („Backcountry“) und David Zayas („Force of Nature“), noch das Damentrio aus Scottie Thompson („Im Netz der Gewalt“), Brittany Daniel („Jim Carroll – In den Straßen von New York“) und Crystal Reed („Ghostland“), das aber die noch undankbareren Parts abbekommen hat und wesentlich passiver und zickiger als die Männer rüberkommt.
Auf Charakterzeichnung haben die Drehbuchautoren Joshua Cordes und Liam O’Donnell – beide eigentlich VFX-Kollegen der Strauses – allerdings insgesamt kaum einen Gedanken verschwendet. Für jede Figur haben sie sich im Schnitt eine Eigenschaft ausgedacht, welche diese dann charakterisieren soll und ließen es dabei bewenden. Noch dazu wird jede Menge Zeug angerissen, was aber ohne Nachhall bleibt. Dass zwei Figuren eine Affäre hatten, ist in erster Linie dazu da, um die Parteien auf der Flucht in zwei getrennte Autos zu verfrachten. Zwischendurch erfährt man, dass Terry seinem besten Kumpel einen Job in L.A. anbieten will, was Elaine verstimmt, die – wie sie dann offenbart – schwanger ist. Dass dem so ist, telegraphiert der Film schon denkbar unsubtil zu Beginn, wenn ihr nach der Flugreise schlecht ist – in so simpel gescripteten Filmen immer der Code für eine Schwangerschaft. Aber all das bleibt weitestgehend ohne Bewandtnis oder noch schlimmer: Es wirkt einfach lächerlich. Etwa wenn Jarrod in Rekordzeit von „Ich weiß noch nicht, ob ich bereit bin Vater zu sein“ auf „Ich tue alles für den Schutz meiner Familie“ umschaltet. Dementsprechend leblos und egal sind die Figuren, bei deren Überlebenskampf man ja eigentlich mitfiebern soll. Und wenn irgendwelche anderen Nachbarn oder Soldaten auftauchen, dann sind die nur dazu da, um kurz darauf als Kanonenfutter für die Aliens zu dienen.
Zudem erweist sich „Skyline“ als fröhlich zusammengeklautes Produkt, dem man die Vorbilder zu jeder Sekunde ansieht. Aus „Independence Day“ haben wir die über der Stadt schwebenden Mutterschiffe, denen auch eine Atombombe nichts ausmacht, mit denen und deren Abfangjägern man sich aber prima Luftschlachten liefern kann. Das Einsammeln der Menschen und die mit Tentakeln ausgestatteten Such-Viecher könnten auch bei „Krieg der Welten“ vorkommen, auch wenn hier nicht Blut der Treibstoff ist, sondern die Opfer fröhlich zerrupft werden, auf dass ihr Gehirn als Steuerungseinheit für die nächsten Alien-Maschine diene. Vor allem hat man eine gehörige Portion „Cloverfield“ verwendet, denn hüben wie drüben erlebt man den Kampf gegen eine Alien-Invasion aus der Froschperspektive einer Kleingruppe von Normalos – nur dass man „Cloverfield“ all das wesentlich besser rüberbringen konnte, mit seinen Flucht- und Massenszenen ein Gefühl für die Größe des Geschehens vermittelte. Wenn die Figuren in „Skyline“ als Zaungäste vom Dach aus oder durch das Fenster den Krieg draußen beobachten, dann wirkt das seltsam distanziert.
Noch dazu ist der ganze Überlebenskampf nicht die Bohne spannend. Die Figuren sagen ellenlange Floskeldialoge ohne erkennbaren Inhalt auf, die sich im Endeffekt nur um die Frage drehen, ob man sich weiter in der Wohnung versteckt oder doch lieber zum Yachthafen flieht, wo Terrys Schaluppe liegt. Über dem Wasser seien auch keine Alien-Schiffe zu sehen, stellt der Yacht-Besitzer fest, aber ob das stimmt oder warum das so sein könnte, darauf geht der Film nicht ein. Ansonsten spielt man mehrere Runden Haschmich mit den Tentakel-Aliens, die zwar mit ihren Gliedmaßen ganze Wohnungen absuchen und komplizierte Scans machen, sich aber manchmal einfach durch Vorhänge austricksen lassen. Und wenn man sich hinter der Anrichte in der Küche versteckt, ist man grundsätzlich sicher, denn die Tentakel tasten zwar jeden anderen Winkel ab, aber dahin dringen sie dann nicht mehr vor, die faulen Säcke. Dass die Aliens mehr oder weniger unzerstörbar sind, macht das Ganze auch nicht spannender, zumal jedes vermeintlich besiegte Wesen am Boden liegt, um in genau jenem Moment wieder anzugreifen, wenn die Menschen ihm den Rücken zudrehen. Und weil keine der Figuren in diesem Film auch nur ansatzweise lernfähig ist, passiert das auch gleich mehrfach. Wenn es dann in „Skyline“ wenigstens mal zu einem interessanten Gedanken kommt, dann ist das ausgerechnet in der Endszene, die dafür gleich weitere Probleme mit sich bringt: Warum das passiert, was gerade passiert, wird natürlich mal wieder nicht erklärt, außerdem fungiert das Ganze als Cliffhanger für weitere Sequels, die dann auch als Direct-to-Video-Produktionen kamen.
So sieht auch schon der erste Teil wie ein B-Picture aus, das sich nur versehentlich ins Kino verirrt hatte, denn auf Leinwandniveau sind allenfalls die Effekte, denen man das Herzblut der Macher ansieht. Leider haben sie alles andere elanfrei dahingeschludert, inklusive lückenhaftem, unlogischem Script, austauschbaren wie egalen Charakteren, Holzhammerdialogen und Darstellern im Halbschlafmodus. Und das ist besonders erbärmlich im Vergleich zum ein Jahr zuvor gestarteten „District 9“, der zeigte, wie man einen Low-Budget-Alienfilm mit einem stimmigen Konzept und einer engagierten Umsetzung drehen kann.
„Skyline“ wurde in Deutschland ursprünglich von Universal, im Kino, auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht und ist ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. Zum Release des Sequels „Beyond Skyline“ hat Splendid Film die beiden Filme auch als Double Feature. Das Bonusmaterial ist bei allen Veröffentlichungen identisch: Es gibt zwei Audiokommentare (Colin und Greg Strause; Joshua Cordes und Liam O’Donnell), entfallene und alternative Szenen, Pre-Visualisierung, Interviews mit Cast und Crew sowie Trailer.
© Nils Bothmann (McClane)
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