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Spur der Gewalt

Originaltitel: Busting__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1974__Regie: Peter Hyams__Darsteller: Elliott Gould, Robert Blake, Allen Garfield, Antonio Fargas, Michael Lerner, Sid Haig, Ivor Francis, William Sylvester, Logan Ramsey, Richard X. Slattery, Margo Winkler, Cornelia Sharpe u.a.
Spur der Gewalt

Peter Hyams dritter Spielfilm „Spur der Gewalt“ wirft einen desillusionierten Blick auf Polizeiarbeit

Mit „Busting“, hierzulande etwas ungeschickt als „Spur der Gewalt“ vermarktet, drehte Peter Hyams seinen ersten Polizeifilm, dem er später weitere Exemplare wie „Diese Zwei sind nicht zu fassen“ und „Presidio“ folgen ließ.

Was „Busting“ von diesen Nachfolgern, aber auch von manch anderem Polizeifilm (nicht nur) seine Ära unterscheidet, das ist ein resignativer Tonfall. Schon zu Beginn beschatten die Detectives Michael Keneely (Elliot Gould) und Patrick Farrel (Robert Blake) ein Callgirl, das einen Zahnarzt in dessen Praxis auf dem Behandlungsstuhl bedient. Um sich als Freier ausgeben zu können, zwingen sie den erst unwilligen Mann dazu für Keneely zu bürgen, indem sie drohen seiner Frau und seinen Kindern von den Doktorspielchen der etwas anderen Art zu erzählen. Wenn sie kurz darauf die Prostituierte hochnehmen, dann pressen sie den Aufbewahrungsort ihres Kundenbuchs dadurch heraus, dass sie bei der Durchsuchung absichtlich beginnen die Einrichtung zu zertrümmern. Doch keinem dieser Akte wohnt eine große Bosheit inne: Es sind kalkulierte Tiefschläge um Fahndungserfolge zu erzwingen, noch sie noch so unbedeutend und von noch so kurzer Dauer sein.

Denn schnell sind Prostituierte und Drogenhändler wieder auf der Straße, wenn sie die richtigen Freunde in den höheren Sphären der Gesellschaft haben. Nachdem Keneely und Farrel immer wieder auf den Gangsterboss Carl Rizzo (Allen Garfield) als Strippenzieher stoßen, beschließen sie diesen dingfest zu machen…

httpv://www.youtube.com/watch?v=nS0TVO_8JNw

Diese Prämisse mag nach einem klassischen Copkrimi klingen, jedoch erinnert „Busting“ eher an Filme wie „End of Watch“, die sich mit dem Polizeialltag und verschiedenen Fällen anstelle eines straight durchgezogenen Mainplots beschäftigen. Selbst die Jagd auf Rizzo wird weniger zum klassischen Ermittlungsplot; vielmehr zeugt sie vom Willen zweier eigentlich kompetenter Cops doch einmal etwas zu bewirken, wofür sie sich in einem Anfall von Größenwahn gleich einen ganz dicken Fisch ausgesucht haben (aber, wie der Film andeutet, immer noch nicht den dicksten). Und das tun sie wider besseres Wissen, denn es ist bald klar, dass selbst ein Fahndungserfolg der beiden vermutlich nicht von großer Dauer sein kann. Vorgesetze jammern bloß, dass ihnen die Hände gebunden sind und/oder kuschen vor ihren jeweiligen Vorgesetzten, haben nicht den Mut einen Richter nachts für einen Durchsuchungsbefehl herauszuklingen, wenn sie nicht ganz hieb- und stichfeste Beweise vorliegen haben und die Justiz arbeitet auch nicht gerade auf sonderlich vertrauenerweckende Weise.

Das ganze Dilemma wird schon in den ersten Minuten mit spöttischem Blick auf gesellschaftliche Verhältnisse durchgespielt: Schon kurz nach der Verhaftung des Callgirls, das auch in den oberen Kreisen Kunden hat, fragt der Vorgesetzte Keneely, ob er nicht vielleicht noch seine Aussage so ändern könne, dass der Fall unklar bleibe und man die Prostituierte freisprechen könne, was Keneely später widerwillig im Gerichtssaal tut und sich dafür noch vom Richter anmerken lassen muss. Im Gegensatz dazu wird die volle Härte des Gesetzes gegen eine Schwulenbar eingesetzt, in der Keneely und Farrel sich als erst als Gäste zwecks Überprüfung ausgeben und bei deren Razzia sie ordentlich Prügel einstecken müssen. Im Gerichtssaal werden die Angeklagten belehrt, vertröstet und abgebürstet, während der Richter dem Verteidiger des Callgirls den Gefallen einer vorgezogenen Anhörung macht.

Es ist kaum verwunderlich, dass „Busting“ auf keiner sonderlich versöhnlichen Note endet, sondern seinen Tonfall konsequent durchzieht. Dabei hilft es seltsamerweise, dass Keneely und Farrel zwei Durchschnittstypen sind, über deren Hintergründe man wenig erfährt, denn vor allem das natürliche, entspannte Spiel von Elliot Gould („Der Tod kennt keine Wiederkehr“) und Robert Blake („Money Train“) sorgt dafür, dass die Hauptfiguren eine Persönlichkeit gewinnen, die das Drehbuch nicht erzeugt. Allen Garfield („Beverly Hills Cop 2“) ist ein herrlich arroganter Gangsterboss, der allerdings das Dilemma der Cops ausspricht: Was sollen sie als Sittenwächter denn schon tun, wenn die Kunden aus allen Schichten der Gesellschaft nach den Diensten eines Mannes wie Rizzo verlangen? Seinen Bodyguard spielt übrigens ein junger Sid Haig („Bone Tomahawk“).

Dementsprechend entlädt sich der Frust Keneelys und Farrels dann auch in den wenigen Actionszenen des Films, in denen sie einem bewaffneten, aber flüchtenden Verbrecher auch schon mal in den Rücken schießen. Herausragend ist die Verfolgung dreier Dealer, die in einer Schießerei und gegenseitigem Belauern in einem voll besetzten Supermarkt mündet. Vor allem die langen, eher ruhigen Kamerafahrten von Earl Rath tragen sehr zum Gelingen dieses schweißtreibenden Set Pieces bei, das im Gegensatz zu vielen eher unruhigen, meist mit Handkamera gefilmten Passagen steht, welche die Unruhe und das Chaos der Arbeit der beiden Cops vermitteln. Etwas enttäuschend ist das Finale, das für einen echten Actionshowdown etwas zu kurz, für den sonst so realistischen Stil des Films allerdings etwas zu reißerisch ist.

Sowieso zerfasert der Film im letzten Drittel etwas zwischen dem vorigen Arbeitsalltagskonzept und dem Ermittlungsplot, womit „Busting“ weder das eine noch das andere zufriedenstellend bedienen kann. Konsequent durchgehalten wird dagegen der resignative Tonfall, der zusammen mit den Cops absurden Humor aus ihrer Lage zieht: Wenn die Cops zur Strafe für eine heroische, aber nicht ganz legale Aktion dazu verdonnert werden auf öffentlichen Toiletten nach Perversen zu fahnden und Gespräche zwischen abgerockten Waschbecken und Klos führen, wenn sie eine Rotlichtbar Rizzos damit leerkriegen, in dem sie mit dem Türsteher quatschen und mehrfach erwähnen, dass sie von der Sitte sind oder wenn sie Rizzo einen destruktiven, aber eigentlich sinnlosen Geburtstagsgruß überbringen, dann ist das auf bittere Weise lustig. Denn Keneely und Farrel sind dermaßen abgestumpft, das sie nur noch durch Dreistigkeit, das Drangsalieren irgendwelcher armer Würste und Sachbeschädigung ein paar Erfolge feiern können.

So mag Peter Hyams‘ Film im letzten Drittel nicht ganz rund laufen, mit seinem resignativem Tonfall, seinen Durchschnittsbullen am Rande der Kündigung und der Offenlegung gesellschaftlicher Missstände ist „Busting“ aber schon ein sehenswerter Vertreter des Polizeifilms und noch dazu toll gefilmt. Ein Gegenentwurf zu den ebenfalls resignierten, aber heroischeren Cops, die es in jener Ära zu Kinoerfolgen brachten.

In Deutschland gibt es den Film nur auf VHS von Warner, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. 2015 feierte „Busting“ seine DVD- und Blu-Ray-Premiere, beide in den USA beim Label Kino Lorber erschienen.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Warner__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein

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