Originaltitel: Stay Tuned__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1992__Regie: Peter Hyams__Darsteller: John Ritter, Pam Dawber, Jeffrey Jones, David Tom, Heather McComb, Bob Dishy, Joyce Gordon, Eugene Levy, Erik King, Don Calfa, John Destry u.a. |
Der amerikanische Fernsehalltag in satirischer Form – das hatten „Kentucky Fried Movie“ und dessen Quasisequel „Amazonen auf dem Mond“ schon durchexerziert, doch Peter Hyams („2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“) versuchte sich anno 1992 mit „Stay Tuned“ an einem ähnlichen Konzept, hier jedoch mit durchgängiger Handlung.
Im Mittelpunkt steht das spießige Suburb-Ehepaar aus Roy (John Ritter) und Helen Knable (Pam Dawber). Er ist Verkäufer, sie Produktmanagerin, man hat ein Eigenheim und mit Sohnemann Darryl (David Tom) und Teenagertochter Diane (Heather McComb) zwei Kinder. Alles bieder und durchschnittlich also, nur dummerweise ist Roy ein TV-Junkie sondergleichen, der in jeder freien Minute vor der Glotze hängt und darüber nicht nur die ehelichen Pflichten vernachlässigt, sondern sogar einem Ehestreit nicht ganz folgen kann – immerhin spielt sein Lieblingsbasketballteam gerade in der zweiten Verlängerung. Eine Satire auf Fernsehkonsum und seine Folgen als Zivilisationskrankheit also, außerdem ein Portrait über den erschlafften Mittelklassemann, der im Job schlecht ist, von der Ehefrau überflügelt wird und als trauriger Couch Potato sein Dasein fristet.
Als Helen die Glotze in Rage mit einer Fechttrophäe Roys zerstört, ist der nur kurz am Boden zerstört. Denn schon bald bietet ihm der Vertreter Spike (Jeffrey Jones) ein High-Tech-Gerät zur Probe an – kostenlos. Der Zuschauer weiß zu diesem Zeitpunkt allerdings schon, dass Spike ein Abgesandter aus der Hölle ist, der schon Nachbarn der Knables mit einem solchen Gerät ausstattete. Deren genaues Schicksal ist (noch) unbekannt, aber sicher kein Gutes.
Natürlich führt das neue Home-Entertainment-System zum nächsten Ehestreit, der vor der gigantischen Satellitenschüssel des Gerätes im Garten ausgetragen wird. Die verschießt einen Strahl, der die Knables ins höllische Programm von Spike und Co. zieht. Sie müssen dort 24 Stunden überleben – andernfalls sind ihre Seelen des Teufels…
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Man merkt auch in „Stay Tuned“ den Action- und Thrillerregisseur in Hyams. Es gibt einige spektakuläre Set Pieces, es gibt den Wettlauf gegen die Zeit. Nur ist dieses eben kein Actionfilm und auch kein Thriller. Schauwerte wie ein Zugcrash inklusive Explosion sind nette Beigaben, aber spärlich gesät, der Überlebenskampf kaum nachvollziehbar, da nach fünf Minuten Screentime in einem Programm schon eine Stunde auf Spikes Uhr um sein soll. Auch das Eingreifen von Spike selbst so wie die Rolle seines verstoßenen Helferleins Crowley (Eugene Levy) tragen nicht wirklich zur Spannungssteigerung bei – der Film braucht halt einen greifbaren Antagonisten, also packt Spike irgendwann selbst an, als die zahlreichen TV-Programme es nicht bringen.
Diese sind höllische Varianten bekannter Serien, Filme und Shows, eine Werbung für den Maulkorb „Silencer of the Lambs“, eine Ankündigung einer Sitcom namens „Fresh Prince of Darkness“ oder ein Trailer für eine sehr wörtlich genommene Serie „Different Strokes“ – beide Protagonisten erleiden Schlaganfälle. Das Drehbuch von Tom S. Parker („Richie Rich“) und Jim Jennewein („Die Indianer von Cleveland 2“) hat großen Spaß mit Wortspielen mit Satanismusbezug, parodiert sich quer durch den (damals aktuellen) Gemüsegarten und glänzt mit kreativen Ideen, schwächelt aber bei deren Ausarbeitung. Mehrere längere Segmente, etwa ein Überlebenskampf gegen Wölfe in „Northern Overexposure“ oder das Finale in einem Salt-N-Pepa-Musikvideo, ziehen sich, da den Autoren kaum mehr als die Grundidee einfiel. Eine Ausnahme sind jene sechs Minuten, in denen Roy und Helen als Cartoonmäuse in einem Zeichentricksegment mit einer Robokatze kämpfen müssen. Diese von Looney-Tunes-Mastermind Chuck Jones verantwortete Szene ist eine der längsten, macht aber durchgängig Laune als Cartoon-Feuerwerk. Andere Highlights sind kürzere Episoden, etwa eine höllische Gameshow oder Roys Intermezzo in „Duane’s Underworld“ bei „Saturday Night Death“, in dem „Wayne’s World“ und SNL parodiert werden, wenn Duane (Michael Patrick Hogan) und Garf (Jimi Defilippis) Spaß an Wortspielen wie „Eye Warship Satin“ (= „I Worship Satan“ haben. Ursprünglich hatte man diese Rollen sogar Mike Myers und Dana Carvey angeboten, doch die drehten gerade – Ironie des Schicksals – die Spielfilmversion ihrer „Wayne’s World“-Sketche und waren daher unabkömmlich.
Allerdings zeigt dies durchaus eine Schwäche von „Stay Tuned“ auf. Denn während einerseits auf die Übersättigung mit Fernsehcontent draufgehauen wird und Roys Läuterung am Ende ist Kitschige übersteigert wird, so vertraut „Stay Tuned“ bei seinen zahlreichen Referenzen und Parodien andrerseits doch sehr darauf, dass Publikum mit all den angesprochenen Inhalten zumindest ansatzweise vertraut ist. Zumal die Erkenntnisse, dass im Fernsehen auch Schrott gezeigt wird und zu viel TV-Konsum bei Vernachlässigung wichtiger Dinge nicht gut ist, jetzt auch nicht gerade revolutionär sind. Ähnlich schlapp entwickelt ist auch der Ehekonflikt der Knables: Wird in der Gameshow-Szene zu Beginn kurz angedeutet, dass Helen angesichts von Roys Desinteresse ihn nicht nur verlassen will, sondern sogar eine Affäre angefangen hat, so geht das Ganze schnell unter zugunsten von Überlebenskampf und immer neuen Ideen.
Wenn man nicht gerade den Geschicken der Kinder folgt, die irgendwann merken, dass ihre Eltern in den 666 Kanälen des Höllen-TVs gefangen sind und ihnen von außen helfen, dann legt „Stay Tuned“ immerhin ein hohes Tempo an Tag. Ständig ist was los, wenn man von einer Rateshow zum Wrestling, vom Leone-Style-Western zum Mantel-und-Degen-Film springt. Auch amüsant sind die Szenen in der höllischen Schaltzentrale, deren Meetings, Intrigen und Eifersüchteleien auch in den Etagen jedes anderen Konzerns stattfinden könnten. Vielleicht hätte Tim Burton, dem man den Film zuerst anbot, noch mehr von dem Potential für Satire und schwarzen Humor aus dem Stoff herausgekratzt, unter der Regie von Hyams ist das Ganze vor allem eine kunterbunte Achterbahnfahrt.
John Ritter („Tripfall – Das Todestrio“) passt für die Rolle des biederen Mittelklasse-Losers wie die Faust aufs Auge, wenn er als Quasi-Protagonist mit den Schattenseiten seines Lebens und seines TV-Konsums konfrontiert wird. Besonders gut aufgelegt sind Jeffrey Jones („Ferris macht blau“), Eugene Levy („Zwei unter Volldampf“) und Erik King („Das Vermächtnis der Tempelritter“) als Executives aus der Hölle, die den Film regelmäßig an sich reißen. Dagegen wirkt Pam Dawber („Gipfel des Terrors“) in der weiblichen Hauptrolle eher blasse, während Heather McComb („Kickboxer 2“) und vor allem David Tom („Pleasantville“) als Kinder Nervpotential entwickeln.
So ist „Stay Tuned“ dann unterm Strich nur eine Fingerübung, wenn auch eine tempo- wie ideenreiche. Als Satire eher zahnlos, als Studie eines erschlafften Mittelklasselebens etwas unterentwickelt und nicht ohne Längen, aber mit reichlich Parodien, Wortspielen und visuellem Einfallsreichtum ist Peter Hyams‘ Film dann doch gesegnet.
„Stay Tuned“ war in Deutschland immer ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben, aber lange Zeit nur auf VHS erhältlich, während es im Ausland bereits DVDs und Blu-Rays gab. Ab 27. November 2020 schafft NSM Records Abhilfe und veröffentlicht den Film als Mediabook (Blu-Ray und DVD) mit vier verschiedenen Covervarianten. Das Bonusmaterial umfasst ein Making Of und Trailer.
© Nils Bothmann (McClane)
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