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Stirb Langsam – Jetzt erst recht

Originaltitel: Die Hard: With A Vengeance__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1995__Regie: John McTiernan__Darsteller: Bruce Willis, Jeremy Irons, Samuel L. Jackson, Graham Greene, Colleen Camp, Larry Bryggman, Anthony Peck, Nicholas Wyman, Sam Phillips, Kevin Chamberlin, Sharon Washington, Stephen Pearlman, Michael Alexander Jackson, Aldis Hodge, Mischa Hausserman u.a.
Stirb Langsam - Jetzt erst recht

Für “Stirb Langsam – Jetzt erst recht” kehrte John McTiernan als Regisseur zurück und schickte Bruce WIllis auf eine aufregende Schnitzeljagd.

Hot town, summer in the city
Back of my neck gettin’ dirt-‘n’-gritty

Oder auch “Back to the roots gettin’ dirty ‘n’ gritty”. John McTiernan ist zurück, um die von ihm eingeleitete Action-Reihe rund um John McClane (Bruce Willis) weiterzuführen. Renny Harlins erste Fortsetzung bewies viel Kraft und Stärke, Einfühlungsvermögen in die Substanz der Serie – und doch war es unumgänglich, dass sich mit einem dritten Teil unbedingt etwas ändern musste, um das Interesse aufrechtzuerhalten. Neue Ideen mussten her, das Grundkonzept musste endlich variiert werden. Und eigentlich bietet sich dafür stets der Seriengründer am besten an. Mit Wes Craven hat es in der Nightmare-Serie, in die Renny Harlin zwischenzeitlich auch involviert war, funktioniert; “Stirb Langsam 3″ beweist mit McTiernan, dass das auch im Action-Genre möglich ist.

Bend down, isn’t it a pity
Doesn’t seem to be a shadow in the city

Es ist überhaupt nicht schade, dass das Grundkonzept gebogen wurde. Der dritte Teil steht, obwohl er deutliche inhaltliche Anleihen an das Original macht, nicht in dessen Schatten oder in dem der kompletten Reihe. Der zweite Teil wird sogar komplett ausgeklammert; nicht, dass er absichtlich umgangen wird, es fehlte nur einfach die Notwendigkeit, ihn in den Plot einzubinden. Dadurch mag man sich als Fan schwer damit tun, „Stirb Langsam – Jetzt erst recht“ als Teil einer zusammenhängenden Trilogie zu akzeptieren, denn wenngleich ein Faden zum Vorgehen im Nakatomi-Plaza gezogen wird, sind die stilistischen Unterschiede zu groß, als dass die Trilogie wirklich eine zusammenhängende Einheit bilden könnte. Aber was war die Alternative? Ein weiteres Versteckspiel in einem Areal mit einer noch anderen Größenordnung? Nach Klaustrophobie und Agoraphobie nun eine Mittelgroße-Räume-Phobie? Nein, McTiernan und Drehbuchautor Jonathan Hensleigh haben da alles richtig gemacht. „Stirb Langsam 3“ ist eine adrenalingeschwängerte Hetzjagd mit viel Power geworden – und mit Eigenstil.

httpv://www.youtube.com/watch?v=FjoC0MlFlMs

Fast trotzig und ganz subtil sind dennoch die Bezüge zur Serie, was wieder mit dem einleitenden Titelsong beginnt. Erstmals heißt dieser nämlich nicht „Let it snow“, sondern Joe Cockers „Summer in the City“ ziert die Aufnahmen der kochenden Straßen New Yorks. Eine Änderung, und doch bleibt der Humor der gleiche, denn irgendwo verhöhnt Cocker die schwitzenden New Yorker mit seinem Song in zynischem Ton, während die ihrem Alltagstrott folgen – bis mitten hinein in diese Idylle eine Explosion die Normalität erschüttert. Damit ist die Richtung vorgegeben: „Stirb Langsam 3“ wird ein pyrotechnisches Spektakel mit reichlich Überraschungseiern werden. Und was die Einleitung verspricht, wird der Film halten.

All around people lookin’ half dead
Walking on the side-walk, hotter than a match-head

Wenngleich man manchmal das Gefühl hat, der dritte Teil sei durch die inzwischen angewachsene Popularität etwas dem Mainstream angepasst worden, so fehlt doch nie die letzte Konsequenz, was Action und Brutalität betrifft. Es gibt Halbtote und Tote auf Seiten der Guten und der nicht ganz so Guten, Kollateralschäden und gezielte Ballereien, Schlitzereien, Auffahrunfälle und mehr. New York wird zu einem überdimensionalen Spielplatz, auf dem sich erwachsene Kinder bekriegen. Wenn das Cover also einen verdreckten McClane vor einem riesigen Feuerball zeigt, dann ist das keinesfalls überzogen.

Wer auf Krawall steht, dürfte sich heimisch fühlen. Während nämlich die Vorgänger ihre pyrotechnischen Elemente mit Bedacht in den Handlungsverlauf integrierten, besteht dieser Film fast nur aus ihnen; sie bilden zumindest die strukturellen Knotenpunkte, zwischen denen die Rennerei der Hauptcharaktere stattfindet. Dialoge erfolgen in der Regel während dieser Rennereien, dafür ist nämlich ansonsten kein Platz. Da die Sonne über NY gnadenlos strahlt, erlebt man den absoluten orange-roten Overkill, der keine Zeit zum Durchatmen lässt. Und doch gelingt es McTiernan, seine Explosions-Show nicht zu einer anstrengenden Sache zu machen, da die Höhepunkte perfekt und gleichmäßig über den Film verteilt sind.

But at night, it’s a different world

Wo wir eben vom verdreckten McClane sprachen… auch seine Person bedurfte einer Neudefinition. Seit dem letzten Auftritt war ein halbes Jahrzehnt vergangen, und die Zeit hatte an Willis’ Äußerem – besonders an seiner Haarpracht – gefressen. Tja, und wie das mit Helden so ist, wenn sie ihren Zenit überschreiten – sie geben sich dem Suff hin. Die Introduktion McClanes geht richtig geil ab: Das alte Unterhemd ist wieder da, ein Drei-Tage-Bart ziert das Gesicht, die Augenringe könnte man über den Eiffelturm stülpen. Was einstmals ein aus der Not geborenes ikonisches Bild für den Actionstar der ausgehenden Achtziger Jahre stand, wird nun in der Zeit danach gezeigt. Die Selbstironie ist wieder zu finden und sie funktioniert. Einschränkend ist zu sagen, dass es nicht neu war, Bruce Willis auf diese Art zu zeigen: In “Tödliche Nähe” war sein Charakter nach einem ähnlichen, beinahe identischen Muster gestrickt.

Das soll der Wirkung aber keinen Abbruch tun. Willis rockt mal wieder die Hütte, vor allem durch seinen eigenwilligen Humor, der ebenfalls leichte Seitenhiebe auf die Vorgängerfilme zulässt; etwa, als er die Terroristen, kurz bevor er sie ins Reich der Toten schickt, fragt: „Hey, sagt mal, ist hier jemand mit acht Rentieren vorbeigekommen? Soll so’n Dicker, Lustiger mit nem weißen Rauschebart gewesen sein.“ Anzumerken ist noch, dass Willis-Stammsprecher Manfred Lehmann aus Zeitgründen sein Engagement am Film absagen musste und so Thomas Danneberg (u.a. Arnold Schwarzenegger) zum Zuge kam, was für das deutsche Ohr eine eigentlich unvereinbare Situation ist. Empfohlen wird daher ausnahmsweise, sich Willis im Original anzuhören.

Ihm zur Seite, und das stellt einen gewagten Schritt dar, steht ein Partner, womit sich McTiernan in die Buddy-Gefilde wagte und damit in die Gefahr, belanglose Massenunterhaltung ohne den charakteristischen Die Hard-Flair zu produzieren. “Die Hard” stand ja immerhin auch für “Die Alone”, der Einzelkämpferstatus gehörte zu einem entscheidenden Charakteristikum der Filme, zumal der Kellermann im zweiten Teil als Unterstützung nicht so richtig funktioniert hatte und Reginald Veljohnson langsam, aber sicher von der Bildfläche verschwunden ist. Bei der Unterstützung handelt es sich jedoch um Samuel L. Jackson, und Jackson ist bekannt dafür, jedem noch so ausgeprägten Klischee noch eigene Facetten abzugewinnen. Die Buddy-Konstellation an sich ist ja schon ein Klischee, aber es ist erfreulich zu sehen, dass die widerwillige Verbindung zwischen McClane und Zeus (Ja, der „Mach mich nicht an, oder ich schleudere dir einen Blitz in den Arsch“-Zeus) hinhaut. Mit dem Schwarzen aus Harlem wird eine neue Facette hinzugewonnen, und es ist auch mal interessant, einen Schwarzen zu sehen, der von einem Weißen als Rassist abgestempelt wird.

Go out and find a girl

McClane und die Frauen – eine heikle Sache. Für seine eigene hatte er eigentlich in der gesamten Trilogie nie Zeit. Seine Mädchen waren immer seine Gegner. Die Widersacher waren nach Alan Rickman in der Reihe immer ein kleines Problem. In “Stirb Langsam 2″ einigte man sich einfach darauf, den Fokus gar nicht erst auf die Präsenz des Oberwichtes (William Sadler, sehnig aber lasch) zu legen; im dritten Teil verpflichtete man aber mit Jeremy Irons wieder einen anerkannten Charakterdarsteller. Irons reißt das Geschehen dann auch wirklich an sich, wenn Rickmans Gruber auch unerreicht bleibt. Die Vorgehensweise seiner Präsentation erinnert an „18 Stunden bis zur Ewigkeit“, wo der Bad Guy auch zunächst einmal nur durch seine Stimme über Telefon in Erscheinung tritt, bis er dann nach langer Zeit auch persönlich die Bildfläche aufsucht. Wie schon in dem Thriller aus den Siebzigern funktioniert dies auch hier, weil die Stimme sowohl im Deutschen als auch im Original sehr interessant und voller Andeutungen steckt.

Come on, come on and dance all night
Just bide the heat, it’ll be alright

Das hat natürlich auch mit dem Plot zu tun, denn der besagt, dass „Simon“, wie er sich zunächst nennt, stets in Rätseln spricht und ein persönliches Interesse an McClane hat. Der größte Clou ist dementsprechend auch McClanes und Zeus’ Tanz auf dem heißen Blechdach New Yorks. Simon hetzt seine persönlichen Marionetten mit unsinnigen Aufgaben durch ganz New York, mit dem Ass in der Hand, eine “binäre Flüssigkeit” als Trumpf zu besitzen, die, wenn sich ihre Bestandteile vermischen, hochexplosiv wird.

Hochinteressant und dynamisch sind dabei die Aufgaben, die der scheinbar wahnsinnige Befehlshaber dem Ex-Cop und dem zufällig in die Situation geratenen Zivilisten zuspielt. Man muss McTiernan anerkennen, dass er sich in diesem Hauptteil keine Blöße gibt. Denn die Hetzjagd durch NY ist gleich dreierlei. Erstens: Ein unvorhersehbarer und abwechslungsreicher Storypart, in dessen Verlauf es reichlich Möglichkeiten gibt, Sachen in die Luft zu sprengen. Zweitens: Eine genial gewählte Alternative zu den Alleingängen des McClane aus den ersten beiden Teilen. Denn wo McClane dort abseits der Handlungskapazität der Terroristen aus eigenem Antrieb agieren konnte, wird er hier gesteuert – womit sich die Handlungsoptionen nun als Hindernis herausstellen anstatt als Möglichkeit. Kurzum: Die Terroristen bieten ihren Gegnern Handlungsoptionen, anstatt ihnen welche zu nehmen. Und drittens: Der Grund dafür ist die Verschleierung wahrer Zwecke. Das Thema nahm ein paar Jahre später mit Zitierung von Houdini „Passwort: Swordfish“ wieder auf, doch es wird schon hier angewandt, da die Aufgaben für McClane und die Polizisten sich als Fassade herausstellen und dahinter die wahren Absichten zum Vorschein kommen. Diese Situation macht die Schnitzeljagd durch NY mehr denn je zum Spiel und verleiht dem Plot von „Stirb Langsam 3“ ein gewisses Maß an Vielschichtigkeit.

And babe, don’t you know it’s a pity
The days can’t be like the nights
In the summer, in the city, in the summer, in the city

Durch diese vollkommen andere Ausgangslage sind natürlich auch einige Zugeständnisse zu machen. „Stirb langsam 3“ verliert nach gewisser Zeit ein wenig an Reiz, denn die eigenwillige Atmosphäre der ersten beiden Teile hat sich doch ein wenig verflüchtigt. Bei allen Innovationen kann das Neue nun mal nicht so wirken wie das Alte, auch wenn versucht wird, die wichtigsten Elemente – das Spiel mit der Jahreszeit, McClanes Zynismus, konsequente Action – beizubehalten. Haut dieser Film beim ersten Mal, vielleicht auch beim zweiten und dritten Mal, noch völlig aus den Socken, ergeben sich irgendwann doch ein paar Hänger, während die Rätsel mit der Zeit ebenfalls an Attraktivität verlieren. Das ist kein Vorwurf an den Regisseur, sondern das sind einfach Elemente, die sich bei einer Neuorientierung nun mal ergeben.

Cool town, evening in the city
Dressed so fine and looking so pretty

Der Filmlook präsentiert sich zwar teilweise auf Hochglanz poliert, lässt aber glücklicherweise noch jeglichen Gestank von Künstlichkeit vermissen, der heutige Produktionen umweht. Die Explosionen sehen noch nach richtiger Handarbeit aus, die Kamera wackelt auch mal und ist direkt am Geschehen, die Schnitte lassen sich durchaus auch mal Zeit für längere Sequenzen. Gewöhnungsbedürftig sind vereinzelte Schnittmontagen wie die, als sich Simon und seine Frau (oder Geliebte oder wer auch immer das ist) auf dem Boot treffen und sie anfängt, mit ihrer Kanone zu ballern, während die Kamera ihre Augen und die ihres “Gatten” in Nahaufnahme zeigt.

Cool cat, looking for a kitty
Gonna look in every corner of the city

Was Bonnie Bedelia betrifft, stellt sich ihre Nicht-Präsenz im Film am Ende als gelungener Gag heraus, mit dem McClane noch weiter charakterisiert wird. Es ist scheinbar sein durch Sequels aufgezwungenes Schicksal, wieder und wieder böse Buben zu verdreschen, so dass es sich am Ende kaum noch lohnt, mal die eigene Frau überhaupt noch aufzusuchen; obwohl zumindest ein Telefonanruf nichts als eine Fingerübung wäre. Die Schienen für den vierten Teil sind gestellt. Vielleicht auch, um den etwas enttäuschenden Showdown wettzumachen. Hatte ausgerechnet Renny Harlins Vorgänger in der letzten Szene – und die ist nun mal die wichtigste, wie jeder Filmanalytiker bestätigen wird – richtig fett die Sau rausgelassen, zeigt sich McTiernan mehr als einfallslos, und das bei einem Film, der den Zusatz „Jetzt erst recht!“ trägt. Das trübt den insgesamt für den Abschluss einer Trilogie hervorragenden Eindruck doch deutlich. Better luck next time!

Til I’m wheezing like a bus stop
Runnin’ upstairs, gonna meet you on the rooftop.

Fazit: John McTiernan hat’s geschafft, der „Stirb Langsam“-Reihe eine neue Facette abzugewinnen. In einem Zeitrennen, das dem Zuschauer kaum Luft zum Atmen lässt, haut McTiernan mit voller Kraft auf den roten Knopf mit der Aufschrift „Don’t push“ und lässt ein Gewitter aus Sonne, Staub und Feuerbällen los. Bruce Willis und Samuel L. Jackson lassen sich wie die Bekloppten von Jeremy Irons durch halb New York jagen und haben dabei sogar noch Muße, Witze zu reißen. Lediglich Showdown und Langhaltswert fallen gegenüber den Prequels stark ab. Die gleiche Note wie für den zweiten – wenn auch knapper – gibt es für die schwierige Aufgabe, den dritten Teil einer Serie mit Innovationen zu versetzen.

Die DVD und Blu Ray des dritten Teils kommt nicht aus dem Hause Fox, sondern von Touchstone – ist aber mindestens genauso gelungen wie die Fox SEs. Der Film selbst erscheint in guter Bild- und Tonqualität sowie mit einem Audiokommentar des Regisseurs, und auf einer zweiten Scheibe befinden sich viele interessante Specials, unter anderem ein alternatives Ende, das mir persönlich besser gefallen hätte als das Original-Ende. Kaufempfehlung.

© Sascha Ganser aka Vince

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Copyright aller Filmbilder/Label: Touchstone Home Entertainment__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten:Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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