Originaltitel: Eliza Graves__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Brad Anderson__Produktion: Mel Gibson__Darsteller: Kate Beckinsale, Jim Sturgess, Ben Kingsley, Michael Caine, Brendan Gleeson, Sophie Kennedy Clark, David Thewlis, Jason Flemyng, Sinéad Cusack, Christopher Fulford u.a. |
„Stonehearst Asylum“ basiert auf der Geschichte „The System of Doctor Tarr and Professor Fether“ von Edgar Allen Poe. Diese inspirierte Regisseur Brad Anderson („The Machinist“) zu einer wendungsreichen, stark besetzten Mystery-Geschichte im gotischen Grusellook. Als ein Geldgeber für diesen gefühlt mainstreamigsten Streifen des Regisseurs fungierte unter anderem Mel Gibson („Blood Father“), der hier ein gutes Näschen bewies…
Kurz vor dem Weihnachtsfest des Jahres 1899 tritt der junge Arzt Edward Newgate seinen Dienst in der entlegenen Irrenanstalt „Stonehearst“ an. Zu seiner Überraschung arbeitet der hier vorstehende Arzt Dr. Lamb mit vollkommen untypischen Methoden. Sein Motto: „Wenn man Menschen wie Tiere einsperrt, verhalten sie sich auch so.“ Dementsprechend lässt er seine Patienten frei in dem weitläufigen Gemäuer herum flanieren und sinnvollen Tätigkeiten nachgehen.
Zu Newgates Verwunderung und entgegen der landläufigen Schulmeinung scheint dieses Vorgehen die Patienten förmlich aufblühen zu lassen. Obendrein verguckt sich der junge Arzt in die wunderschöne Patientin Eliza Graves. Alles könnte so schön sein…
Doch als Newgate eines Abends seltsamen Klopfgeräuschen nachgeht, entdeckt er ein Kellergewölbe voller hier eingeschlossener Menschen. Die behaupten dem Arzt gegenüber gar Ungeheuerliches: Sie seien eigentlich die Ärzte und Krankenschwestern dieser Anstalt!
Der Trailer zu “Stonehearst Asylum” verströmt bereits nettes Mystery-Flair
httpv://www.youtube.com/watch?v=KUUa62WGYuw
Spätestens ab diesem Moment hat einen „Stonehearst Asylum“ vollkommen in seinen Bann gezogen. Hatte man bis zu diesem Zeitpunkt noch geglaubt, die anfänglich abwehrende Haltung aller Anstaltsbewohner (einschließlich der Ärzte) gegen Newgate sei auf zwischenmenschliche Startschwierigkeiten zurückzuführen, bekommt der Zuschauer nun einen konkreten Grund, um an dem bisher gebotenen „Heile Welt“-Szenario in „Stonehearst“ zu zweifeln. Doch Brad Anderson wird niemals zu eindeutig. Behält die Situation immer unter Kontrolle und sorgt für einige Ungewissheit: Kann man den Eingekerkerten wirklich vertrauen?
Erst mit zunehmender Laufzeit werden Regisseur Anderson und sein Drehbuchautor Joe Gangemi konkreter. Um die Spannung dennoch aufrecht zu erhalten, fokussieren sie nun stärker auf die Motivation der Figuren und verschärfen die zunehmend dysfunktionale Dynamik aller Charaktere untereinander. Spielend hält „Stonehearst Asylum“ so die Spannung oben. Lässt Fluchtversuche von Figuren scheitern, verkompliziert die Beziehung zwischen Newgate und Eliza immer mehr und lässt alles in ein beinahe groteskes Silvesterszenario münden, bei dem alle Fronten geklärt werden.
Zumindest sollte man das meinen. Doch Anderson hat noch ein Ass im Ärmel. Und auch dieses sticht punktgenau. Schlägt einen erzählerisch gelungenen Bogen zum etwas in der Luft hängenden Prolog und macht die stark entwickelte Geschichte rund.
Die entpuppt sich obendrein als idealer Spielplatz für eine edle Superbesetzung. Michael Caine („Batman Begins“), David Thewlis („R.E.D. 2“), Jason Flemyng („Mirrors“) und Brendan Gleeson („Edge of Tomorrow“) brillieren in tollen Nebenrollen. Jim Sturgess („Cloud Atlas“) findet als Newgate genau die richtige Balance zwischen zurückhaltendem Neuling und forschem Arztlehrling und Ben Kingsley („Collide“) lässt sich seit gefühlten Ewigkeiten mal wieder beim richtigen Spielen erwischen! Und wie! „Stonehearst Asylum“ ist definitiv seine Show. Kate Beckinsale („Whiteout“) sorgt als aparte Eliza für kleinere optische Highlights, enttäuscht schauspielerisch aber mit der immer gleichen Trauermiene. Zumindest bleibt kein Zweifel, warum Newgate diese Dame will.
Der von Mel Gibson produzierte Film verströmt betörend stimmiges Gotik-Flair
Ein absoluter Hochgenuss ist die alles bestimmende Düsteroptik, die nur für wenige, dann sehr erdig angehauchte, lichte Momente durchbrochen wird. Schon bei den ersten ungewissen Bildern des in Nebel getauchten Gemäuers verströmt „Stonehearts Asylum“ mit jeder filmischen Ader gotisches Gruselfeeling vom Feinsten. „Stonehearst Asylum“ gibt sich trotzdem nie als Horrorfilm, wurde aber in ein Ambiente versetzt, bei dem man in jeder Sekunde mit einem Jump Scare oder ähnlichen Horrormomenten rechnet. Anderson verzichtet glücklicherweise auf derart billige Spannungsbringer und verwöhnt den Zuschauer stattdessen mit knarzenden Türen, fliegenden Vorhängen, karger Beleuchtung und ewig langen Gängen, in denen man sich mühelos verlaufen könnte.
Was man dem Mystery-Film ankreiden muss, ist, dass er im Mittelteil ein wenig an Zug verliert und mit der Konzentration auf Eliza und Newgate ein wenig Potential verschenkt. Hier hätte man lieber den minimal zu langen Film laufzeittechnisch ein wenig anpassen sollen. Davon abgesehen ist „Stonehearst Asylum“ ein wundervoll düsteres, brillant in Szene gesetztes Stück Erzählkino, das mit einer dichten Atmosphäre, starken Darstellern und diversen feinen Wendungen zu überzeugen vermag und ganz nebenbei aufzeigt, dass der Mensch sich wie gewohnt selbst der größte Feind ist. Das wundervoll menschliche Ende gibt dem Film dann einen beinahe märchenhaften Touch und entlässt sein Publikum großartig unterhalten in die Realität.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erschien von Universum Film und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
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