Originaltitel: The Stranger__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1995__Regie: Fritz Kiersch__Darsteller: Kathy Long, Andrew Divoff, Eric Pierpoint, Robin Lynn Heath, Ash Adams, Ginger Lynn, David Anthony Marshall, Nils Allen Stewart, Danny Trejo, Faith Minton, Jeff Cadiente, Randy Vasquez u.a. |
Mit „Stranger“ inszenierte Fritsch Kiersch („Into the Sun“) einen unterhaltsamen Mix aus B-Action und Italowestern der Marke „Für eine Handvoll Dollar“ oder „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Lakeview ist eine beschauliche Kleinstadt irgendwo in der Wüste, doch recht einsam. Ihr inoffizieller Herrscher ist der Gangster Angel (Andrew Divoff) mit seiner kriminellen Rockerbande. Der Sheriff Gordon Cole (Eric Pierpoint) und der Bürgermeister dulden ihn, da sie zu schwach sind sich gegen ihn zu erheben und lassen ihn seine krummen Dinger drehen. Das Szenario ist zwar recht bekannt und sowohl im B-Action- als auch im Westerngenre oft aufgegriffen worden, aber hier ziemlich atmosphärisch umgesetzt worden, nicht zuletzt durch die sektenartigen Antagonisten, die sich gegenseitig als Brüder ansprechen.
Doch dann kommt eine Fremde (Kathy Long) auf einem Motorrad angefahren und bekommt schon an einer Tankstelle kurz vor Lakeview Stress mit zwei Rockern von Angels Bande, welche sie anmachen. Es kommt zur Streit und die Fremde serviert die Schmierlappen ohne viel Federlesen ruckzuck ab. Diese erste kleine Actionszene ist zwar ziemlich kurz, aber nett inszeniert – was man über fast alle Actionszenen des Films sagen kann.
Die Fremde fährt weiter nach Lakeview und legt sich auch dort mit den Rockern an, denn sie scheint noch eine Rechnung mit Angel offen zu haben, der momentan außerhalb der Stadt ist. Während einige Einwohner daraufhin neue Hoffnung schöpfen, sind einige gar nicht davon begeistert, dass die Fremde den Zorn Angels erregen will, zumal dieser durch seine kriminellen Geschäfte Geld in die Kassen bringt…
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Die Story von „Stranger“ ist zwar recht simpel und schon oft verfilmt worden, gerade im Westernbereich – vor allem Clint Eastwoods vom Italowestern inspirierter „Ein Fremder ohne Namen“ kommt einem dabei in den Sinn. Doch Regisseur Fritz Kiersch setzt die Geschichte recht unterhaltsam und ohne großen Längen in Szene, wodurch die Spannung ein durchaus solides Niveau erreicht, auch wenn das Tempo des Films eher im Mittelfeld anzusiedeln ist und sich die Ereignisse nicht gerade überschlagen. Die Wendungen der Geschichte kann man zwar mit etwas Genrekenntnis vorausahnen, aber dies stört nur minimal. Interessant ist die Tatsache, dass die wahre Identität der Fremden nie wirklich geklärt wird und auch nicht, warum sie sich mit Angel anlegt, obwohl der Film sehr oft eine bestimmte Möglichkeit vorschlägt, diese aber weder eindeutig bejaht noch verneint. Dabei werden auch übersinnliche Motive nicht ganz ausgeschlossen.
Große Pluspunkte kann die Atmosphäre des Films sammeln. So sieht die Wüstenstadt herrlich staubig aus, weshalb teilweise ein Flair aufkommt, das an die Filme von Sergio Leone und ähnlichen Regisseuren erinnert. Für einen B-Film wirklich klasse ist die Musik, die auch an besagte Western erinnert – die Klangkulisse eines Ennio Morricone dürfte den hier verantwortlichen Kevin Kiner („Savate“) klar inspiriert haben. Während meist der Italo- und der US-Spätwestern Pate standen, so wird kurz vor dem Finale noch einmal an „High Noon“ und artverwandte klassische Western erinnert, wenn die feige Zivilbevölkerung in Anbetracht der drohenden Konfrontation Reißaus nimmt. Die Subplots um verschiedene Einwohner der Stadt sind recht ordentlich gemacht und die Charaktere ganz gut erdacht, auch wenn sie bei weitem nicht die Tiefe von so manch sorgfältig gescripteten Konkurrenten der A-Klasse erreichen und sich das Drehbuch von Gregory Poirier („Das Vermächtnis des geheimen Buches“) auf einige Stereotypen verlässt.
Der einzige wirklich wunde Punkt, der „Stranger“ den Aufstieg zum Genrehighlight verwehrt, ist die Action. Leider sind die Actionszenen zwar von der Anzahl ganz OK, aber immer sehr kurz, so dass die Menge insgesamt doch etwas knapp ausfällt. Dafür sind die kleinen Fights und Shoot-Outs halbwegs spektakulär geraten und zudem recht schick anzusehen. Vor allem der Showdown (der sogar etwas länger ist), der Kampf in der Bar und die Konfrontation mit den beiden Rockern in dem Laden sind wirklich sehr flott gemacht und können den Genrefan ansprechen, nicht zuletzt da Kathy Long als Kickboxchampion ihr Handwerk beherrscht, auch wenn ein erfahrener Actionregisseur sicher noch etwas mehr aus den Keilereien herausgeholt hätte als Fritz Kiersch, der in Sachen Schnitt und Rauminszenierung hin und wieder Dynamik missen lässt.
Kathy Long („Cyborg Warriors“) macht ihre Sache ganz nett, auch wenn es bessere B-Darsteller gibt. Nur das Outfit, welches sie bis kurz vor dem Showdown trägt, ist eher lächerlich als sexy. Andrew Divoff („Extreme Justice“) und Danny Trejo („Machete“) als Fieslinge sind dafür verlässlich gute Schurken der B-Klasse. Vor allem Divoff als sadistischer Bandenchef ist ein Highlight, aber eigentlich können alle Rocker-Darsteller überzeugen. Die restlichen Schauspieler machen ihre Sachen brauchbar, aber nicht so überzeugend wie die Bösewichte.
Ein stimmiges Crossover aus B-Action und Western mit dichter Atmosphäre und klasse Soundtrack, bei dem aber die geringe Actionmenge den Aufstieg zum Genrehighlight verhindert. Versteht man „Stranger“ aber eher als Westernmodernisierung denn als Actionreißer, so offenbart Kierschs Genremix seine Stärken.
Nachdem die deutsche VHS von Columbia Tristar ab 18 und lediglich um eine kurze Sexszene geschnitten war, vermutlich wegen des zugrundeliegenden Masters und nicht wegen Zensurgründen, hat X-Cess den indizierten Film inzwischen ungeprüft und ungekürzt auf DVD veröffentlicht. An Bonusmaterial gibt es nur einige Trailer, aber zum Glück enthält die DVD die englische Tonspur, da die grauenhafte deutsche Synchro nicht nur lieblos gemacht ist, sondern bei den Onelinern auch vor Stilblüten wie „Hey Stinksocke!“ nicht zurückschreckt.
© Nils Bothmann (McClane)
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