Originaltitel: Summer of 84__Herstellungsland: Kanada, USA__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: François Simard, Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell__Darsteller: Graham Verchere, Judah Lewis, Caleb Emery, Cory Gruter-Andrew, Tiera Skovbye, Rich Sommer, Jason Gray-Stanford, Shauna Johannesen, Mark Brandon u.a. |
Davey ist ein Verschwörungstheoretiker durch und durch. Seine Zimmerwände zieren Zeitungsberichte von Bigfoot, Aliens und fiesen Regierungskomplotten. Mit seinen immer neuen Theorien zu Verbrechern in der Nachbarschaft geht er auch seinen drei besten Freunden immer wieder gehörig auf den Zünder. Doch die akzeptieren die Macke ihres Freundes. Und sie genießen ihr Leben. Das oszilliert beständig zwischen „Fangen-Spielen“, BMX-Touren, Besuchen in der Bowlingbahn und – NATÜRLICH – Frauen. Mehr als mit Bullys und verkrachten Elternhäusern kämpfen die vier Jungs nämlich mit ihren Hormonen.
Bis Davey eine neue Theorie entwickelt. Denn rund ums Heimatstädtchen der Jungs verschwinden seit einiger Zeit immer wieder Jugendliche. Und ausgerechnet Daveys Nachbar verhält sich seit einiger Zeit immer wieder höchst merkwürdig. Blöderweise glaubt Daveys Theorien niemand, denn sein Nachbar ist zugleich Sheriff des kleinen Örtchens.
Während für Davey klar ist, dass es gar keine bessere Tarnung für einen Serienmörder geben könnte, raten ihm alle anderen, die Füße still zu halten. Bis es Davey dann doch gelingt, zumindest seine Freunde von seinen Theorien zu überzeugen. Gemeinsam legt man sich auf die Lauer und spioniert Sheriff Wayne Mackey aus, der sich tatsächlich mit jedem Tag immer noch verdächtiger aufführt. Was die Jungs nicht ahnen: Aus dem „Spiel“ wird ganz allmählich blutiger Ernst…
Auch Serienkiller sind die Nachbarn von jemandem…
Schaut in “Summer of 84” der “Turbo Kid”-Macher hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=-kPC40devbs
Die Macher des großartigen Retro-Splatter-Spaßes „Turbo Kid“ sind zurück und wissen erneut zu verzücken. Ihr „Summer of 84“ ist eine absolut großartige Hommage an das Coming-of-Age-Kino der 80er. Inhaltlich bedient man sich zwar vornehmlich bei „Das Fenster zum Hof“ und seinem Quasi-Remake „Disturbia“, aber in Sachen Erzähltempo, Atmosphäre und optischer Umsetzung standen hier Klassiker wie „Stand by Me“ oder „Die Goonies“ unübersehbar Pate.
Alleine mit welcher Detailfreude die Macher das kleine Örtchen Cape May in Szene setzten und in die 80er bombten, ringt einfach nur absoluten Respekt ab. Die Independent-Produktion wirkt, als sei sie mitten in dem Jahr entstanden, das sie bebildert. Es gibt keine Misstöne, weder in der Ausstattung, noch im Setdesign oder in der optischen Umsetzung. Vielleicht hätten die Jungs selber noch ein paar wildere Frisuren vertragen können, aber die Mimikry von „Summer of 84“ in Sachen Eighties-Zeitgeist ist absolut perfekt und zieht unmittelbar in den Film hinein.
Ein weiterer großer Pluspunkt ist die grandiose Chemie der Jungs untereinander. Nicht alle bekommen von dem Drehbuch einen echten Background verpasst. Bei manchen müssen gar kleine und kleinste Andeutungen reichen, um sich ein Bild von ihnen zu machen, ABER im Zusammenspiel sind die vier Jungs so natürlich, dass man sie von Minute eins an in ihren Rollen akzeptiert und liebt. Der Dicke, der Nerd, der Draufgänger und der vermeintlich Normalste, auch die Klischees stimmen und müffeln großartig nach 80s-Drehbuchseiten.
Über die Maßen toll gerät auch die Darreichung der Geschichte. Ganz langsam entfaltet sie sich vor den Augen des Zuschauers, zieht diesen immer mehr in ihre Welt hinein. Verschärft irgendwann das Tempo, pumpt Spannung, streut falsche Fährten und mündet dann in einen Showdown, der teilweise beinahe kaltschnäuzig liebgewonnene Figuren über die Klinge springen lässt.
Allgemein ist das Finale von „Summer of 84“ äußerst interessant geraten. Zum einen befriedigt es den Zuschauer nicht vollends. Denn es ist alles andere als konsequent. Gleichzeitig ist es ein fieser Dampfhammerschlag, der den ehedem zu diesem Zeitpunkt deutlich düsterer gewordenen Streifen einen noch fataleren Anstrich gibt. Der das Ende der Unschuld besingt. Der Freundschaften zeigt, die enden. Ehemals verwobene Lebenswege präsentiert, die sich trennen. Und einen Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt verdeutlicht. Der, die Ereignisse der letzten Tage lassen es gar nicht anders zu, bei weitem nicht mehr so unbeschwert sein wird, wie die letzten Jahre. Coming of Age in seiner pursten Form, allerdings eben mit finsterem Unterton – plus Gänsehautgarantie.
Die technische Umsetzung steht hier in keinster Weise irgendwo zurück. Die Bilder von „Summer of 84“ sind perfekt. Lassen den Film wie aus der Zeit gefallen wirken. Selbst in der eher niedrigen Schnittfrequenz gelingt die Anpassung perfekt. Ein absolutes Meisterwerk ist der konsequent düstere Synthie-Soundtrack unter den Bildern. Aber Vorsicht: Wer sich von den „Turbo Kid“-Machern ein neuerliches Blutbad erwartete, sollte seine Ansprüche deutlich zurückschrauben. Bis auf eine Goreszene und einen blutigen Kehlenschnitt halten sie sich diesmal komplett mit Gekröse zurück.
„Summer of 84“ bietet perfekte Filmnostalgie für 80s-Fans
Was am Ende bleibt, ist ein atmosphärisch extrem stimmiger, zunehmend spannender werdender Coming-of-Age-Film ganz in der Tradition entsprechender Meisterwerk aus den 80ern, deren Look und Feel er beinahe perfekt imitiert und gewinnbringend für sich zu nutzen versteht. Die überragenden Darsteller der Jugendlichen ziehen mit ihren Performances perfekt in den Film hinein und laden den Zuschauer ein, mit ihnen zu lachen, zu hoffen zu bangen und vor Angst zu schwitzen. Die perfekte technische Umsetzung und vor allem der grenzgeniale Soundtrack machen das kleine Wunderwerk der „Turbo Kid“-Macher perfekt.
Würde man denen Kritik zu „Summer of 84“ kredenzen wollen, würde man ihnen einen anderen Darsteller für den verdächtigen Sheriff nahelegen, da dessen Darsteller Rich Sommer nicht immer glücklich agiert. Zudem hätte man sich einen finalen, großen Twist rund um die Identität des Serienmörders gewünscht. Hier ist „Summer of 84“ leider zu vorhersehbar beziehungsweise zu wenig bereit, vom „Das Fenster zum Hof“/“Disturbia“-Schema abzuweichen.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 26.10.2018 von Pandastorm Pictures und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Ein Audiokommentar der Macher, ein Grußwort und Outtakes bilden die Extras der Scheiben.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Pandastorm Pictures__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__ Blu-ray/DVD: Ja/Ja |