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Tashunga – Gnadenlose Verfolgung

Nils Gaup drehte den Schneewestern „Tashunga“ für das US-Studio Warner in Europa. Dieser ist im Alaska des Jahres 1899 angesiedelt. Halbblut Christopher Lambert legt sich mit dem fiesen Minen-Tycoon James Caan an, der es auf die besten Claims abgesehen hat. Als der aufrechte Westerner die Gespielin des Schurken als Geisel nimmt, um diesem zu entkommen, jagen der Bösewichte und seine Handlanger ihn durch die Wildnis.

Originaltitel: North Star__Herstellungsland: Norwegen/Großbritannien/Italien/Frankreich__Erscheinungsjahr: 1996__Regie: Nils Gaup__Darsteller: Christopher Lambert, James Caan, Catherine McCormack, Burt Young, Morten Faldaas, Nicholas Hope, Jacques François, Mary M. Walker, Frank Salsedo, Reidar Sørensen, Hilde Grythe, John Cassady, Sverre Anker Ousdal u.a.
Tashunga

In Nils Gaups Schneewestern “Tashunga” wird Christopher Lambert von James Caan und seinen Schergen gejagt

Der norwegische Regisseur Nils Gaup erfuhr Aufmerksamkeit in Hollywood, schließlich erfuhren seine Hits „Pathfinder“ und „Ferien mit einer Leiche“ dort Remakes, doch so ganz machte er nie in den Schritt in die USA. Auch „Tashunga“ drehte er zwar für das Warner-Studio mit US-Stars, jedoch in Europa.

„Tashunga“ ist Teil jener Welle von Indianer-Western, die nach „Der mit Wolf tanzt“ hoch im Kurs standen und die Ungerechtigkeiten gegenüber den amerikanischen Ureinwohnern aufarbeiteten oder als Basis für Unterhaltungsfilme nutzten. Dieser Schneewestern nach dem (im Original gleichnamigen) Roman „North Star“ ist im Alaska des Jahres 1899 angesiedelt. Goldschürfer dürfen Claims anmelden, darunter auch Hudson Santeek (Christopher Lambert). Der halbindianische Westerner hat sich Territorium gesichert, auf dem auch eine heilige Höhle seines Stammes liegt, um das Gebiet vor Ausbeutung zu schützen, was einigen Goldschürfern nicht gefällt, die ihm dafür ans Leder wollen und ihn vermeintlich umnieten.

Dahinter steckt freilich System. Der fiese Geschäftsmann Sean McLennon (James Caan) leitet die Goldgräbergewerkschaft im nahegelegenen Norme und sichert sich gern die besten Claims – notfalls lässt er die Besitzer durch seine Handlanger beseitigen. Hinzu kommen politische Schachzüge wie die Entscheidung Nicht-Amerikanern ihre Claims abzuerkennen. Exemplarisch steht dafür der Skandinavier Bjorn Svenson (Reidar Sørensen), der zu den Betroffenen gehört. Gerade für Gaup wohl eine Identifikationsfigur, die nach ihrem ersten Auftritt aber zu einer dramaturgisch unwichtigen Randerscheinung wird.

Der totgeglaubte Santeek taucht in Norme auf und will McLennon warnen sich an Indianerland zu vergreifen, wird aber von dessen Schergen attackiert. Santeek flieht mit McLennons Gespielin Sarah (Catherine McCormack) als Geisel und wird von McLennon und seinen Handlangern in die Wildnis verfolgt…

Schaut euch den Trailer zu „Tashunga“ an

In den 1990ern war Warner dafür bekannt seine Genrefilme gern mal auf kürzere Laufzeiten für mehr Tempo zu trimmen – „Showdown in Little Tokyo“ und „Glimmer Man“ gehören zu den bekannteren Fällen. Zu „Tashunga“ gibt es keine Infos, doch schaut man sich den 85-minütigen Schneewestern an, so scheint dies durchaus eine Möglichkeit zu sein. Denn wo die erstgenannten Actionreißer wenig bis gar nicht unter der studiobedingten Verschlankung litten, so fühlt sich „Tashunga“ wie ein Film an, der eigentlich mal eine viel größere Geschichte erzählen wollte. Dementsprechend steckt das Endprodukt voller angerissener und wieder fallengelassener Ansätze wie dem erwähnten Bjorn-Svenson-Subplot. So geht es in einer Tour: Der Konflikt zwischen McLennon und der US-Obrigkeit, die sein Regime nicht mehr duldet, beeinflusst die Handlung nur am Rande. Im letzten Drittel gibt es noch eine Enthüllung zum Oberschurken, die danach nie wieder von Belang ist. Santeeks Aufwachsen bei den Indianern und Sarahs Beziehung zu McLennon werden mit ein paar Halbsätzen abgehandelt, ohne dass diese Elemente Profil gewinnen würden.

Nun könnte sich der Film ja auf seine Grundprämisse vom aufrechten Gehetzten, der gegen seine Verfolger zurückschlägt, konzentrieren und einen effektiven Abenteuerthriller daraus machen, aber so ganz will der Film den storyseitigen Ballast nicht abwerfen. So gibt es immer wieder Zwischenspiele und Füllszenen, die den Film nicht vertiefen oder sonstwie weiterbringen, sondern nur aufhalten. Noch dazu ist alles sehr formelhaft: Sarah will erst vor ihrem Entführer fliehen, versteht ihn später jedoch und entwickelt vielleicht sogar Gefühle für ihn, da ist der Film nicht so ganz klar. Währenddessen geht der sonst so souveräne McLennon immer mehr aus dem Leim, bis er beinahe zum Nervenbündel wird. Alles bekannte Handlungsmuster, die jedoch darunter leiden, dass die Charakterzeichnung immer so unzureichend ist, dass sie sich nicht aus den Figuren ergeben, sondern halt einfach passieren, weil es halt in solchen Filmen immer so passiert.

Auch in Sachen Action hält sich „Tashunga“ zurück. Über weite Strecken verfolgt man sich via Hundeschlitten durch die Walachei und das sieht so genauso unspektakulär aus wie es sich liest. Die wenigen Shoot-Outs und Nahkämpfe sind eher grobmotorisch choreographiert und inszeniert, ebenso jene Szene, in der sich Santeek auf der Flucht vor seinen Verfolgern abseilt. Schade um einige gute Stunts (meist Stürze), eine spannende Passage, in der Santeek in einem Fluss unter einer Eisdecke gefangen ist, und die starken Tiertricks mit dressierten Huskies. Die raue Dog-Eat-Dog-Atmosphäre des skrupellosen Goldgräber-Business kommt in den Konfrontationen und deren kleinen Härten auch zum Tragen, doch spektakuläre Action sieht nun mal leider anders aus.

So sind die Versäumnisse von „Tashunga“ schon ziemlich schade, denn im Kern hat das Ganze reichlich Potential. Die Landschaften sehen imposant aus, zumal das Genre des Schneewesterns nur hin und wieder mal Vertreter wie „Leichen pflastern seinen Weg“, „The Revenant“ oder „The Hateful 8“ hervorbringt. Ausstattung und Kulissen erzeugen Atmosphäre und auch die Figuren sind in der Anlage nicht schlecht, gerade auf der Schurkenseite. Neben McLennon, der sich für unantastbar hält, gewinnen auch seine Handlanger an Profil, darunter seine skrupellose rechte Hand Reno (Burt Young), das Großmaul Smiley (Morten Faldaas) und der Fährtensucher Tonga (Norman Charles). Dass sich letzterer gegen seine eigenen Leute und in den Dienst McLennons stellt, ist freilich wieder einer jener Ansatzpunkte, die vom Film komplett ungenutzt bleiben. Gut möglich, dass der Roman von Heck Allen oder auch erste Entwürfe des Drehbuchs mehr hergeben, welches Italo-Veteran Sergio Donati („Spiel mir das Lied vom Tod“) mit seinem Sohn Lorenzo und „Highlander III“-Autor Paul Ohl zusammen schrieb.

Christopher Lambert („Ressurection“), der auch noch als Executive Producer an „Tashunga“ beteiligt war, vollbringt in der Hauptrolle keine Wundertaten: Er knurrt seine Dialogzeilen durch geschlossene Zähne, verzieht kaum eine Miene und leistet nicht mehr als 08/15-Arbeit. James Caan („Eraser“), der den fertigen Film gehasst haben soll, dreht dagegen auf der Overacting-Schiene ordentlich frei und sorgt damit für launige Momente, während Burt Young („Beckman – Im Namen der Rache“) als Nr. 2 der Schurkenriege, Morten Faldaas („Into the White“) als quengelnde Fiesmöpp und Nicholas Hope („Ash vs. Evil Dead“) als Sheriff, der nicht mehr Diener zweier Herren sein will, weitere Akzente setzen. Catherine McCormack („A Sound of Thunder“) als reichlich ausdruckslose Frauenfigur fällt dagegen blass aus.

Wie man es auch dreht und wendet: Trotz guter Besetzung und atmosphärischer Locations ist „Tashunga“ ein Film des verschenkten Potentials. Für einen epischen Western über Korruption und Machtspiele reichen die 85 Minuten vorne und hinten nicht, was man an zahlreichen verkümmerten Subplots merkt, für eine spannende Hatz durch den Schnee konzentriert sich Gaups Western zu wenig auf das Wesentliche. Dass dessen Regieleistung erschreckend grobmotorisch ausfällt, gehört zur Mängelliste eines im Grunde interessanten Films, der zwischen einigen starken Passagen in erster Linie Langeweile verströmt. Dass man ständig geneigt ist, Vergleiche zu ähnlich gelagerten, aber merklich besseren Werken wie „Yukon“ zu ziehen, ist auch nicht gerade hilfreich.

Warner hat „Tashunga“ in Deutschland auf DVD veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Auf der DVD, die inzwischen OOP ist, gibt es den Trailer zum Film als Bonusmaterial.

© Nils Bothmann (McClane)

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