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Terrifier 2

Originaltitel: Terrifier 2__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Damien Leone__Darsteller: David Howard Thornton, Felissa Rose, Jenna Kanell, Lauren LaVera, Griffin Santopietro, Catherine Corcoran, Samantha Scaffidi, Chris Jericho, Tamara Glynn, Charlie McElveen, Elliott Fullam, Kailey Hyman u.a.

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Poster

Das Poster von “Terrifier 2”

Manch einer geht in die Beichte, um sich von alten Sünden reinzuwaschen. Art hingegen zieht es nach dem Sündigen ganz plakativ in den Waschsalon. Da wäscht er sein blutverschmiertes Kostüm wieder blütenweiß/pechschwarz. Gut, dass er immer eine Münze dabei hat; erst eine für den Ring im Kaugummiautomaten, nun für die Waschtrommel.

Damien Leone hätte kaum einen besseren Ort finden können als diesen gekachelten Raum voller rumpelnder Waschmaschinen, um der ewigen Rückkehr zum Status Quo aus unverwüstlichen Horrorfilmreihen wie „Freitag der 13.“ nachzueifern. In dem nächtlichen Stillleben, das ähnlich stimmungsvoll ausgeleuchtet ist wie die Pizzeria aus dem Vorgänger, wird der extrem in Mitleidenschaft gezogene Horrorclown aus „Terrifier“ Stück für Stück wiederhergestellt und für einen neuen Einsatz aufpoliert. Da noch ein Kunde in dem Laden schnarchend auf seine laufende Ladung wartet, bekommt Art sogar die Gelegenheit, das Auge zu ersetzen, das er sich selbst achtlos aus dem Schädel geschossen hatte. Einmal schnippeln hier, einmal rupfen dort, und schon sieht die Visage wieder aus wie frisch aus dem Ei gepellt. Tadaaa! Auf dass wir noch viele Fortsetzungen lang Freude haben werden mit Artie, dem unartigen Clown.

Es ist nicht nur diese symbolträchtige Überleitung ins nächste Kapitel, die „Terrifier 2“ zu einem vielversprechenden Start verhilft. Weil Leone unmittelbar an die finale Autopsie-Sequenz des ersten Teils anknüpft, bekommt man automatisch gewisse „Halloween II“-Vibes. Es ist fast so, als wäre diese eine Halloweennacht dazu bestimmt, niemals zu enden. Was keineswegs bedeutet, dass sich ihre Stimmung nicht verändert. Schon von der rein audiovisuellen Ebene kann man mühelos ablesen, dass sich Budget, handwerkliches Geschick und künstlerisches Gespür seit 2016 deutlich gesteigert haben. Die 80er-Ästhetik, die der Regisseur eigentlich schon im Vorgänger etablieren wollte, die zu rekonstruieren ihm aufgrund begrenzter Mittel jedoch nicht hundertprozentig gelang, kommt nun erstmals wirklich in der beabsichtigten Form durch. Das Sequel lebt auch von der herbstlich-pastellenen Optik der Schauplätze eines suburbanen Kleinstadt-Amerikas, das Michael Myers’ Heimatrevier wesentlich ähnlicher geworden ist, begleitet von einem käsigen Synthesizer-Soundtrack, der vor allem dazu gemacht scheint, mit dem Bleifuß durch die Nacht zu cruisen. Alleine über das fein abgestimmte Zusammenspiel von Bild und Ton wird bereits eine Fortsetzung in Aussicht gestellt, die sich klar von dem schmuddeligen, rauen Metro-Lagerhallen-Ambiente des Erstlings abzuheben versucht, der im Vergleich nun geradewegs skizzenhaft wirkt.

Terrifier 2

Hallooooo Kinder, ich bin wieder da!

Und Leone liefert passend zur schicken Oberfläche diesmal auch inhaltlich ab. Der rein an den situativen Aufbau gebundene erzählerische Ansatz von „Terrifier“ ist augenblicklich passé. Diesmal werden Handlungsstränge geflochten wie laaaange Zöpfe. Ein Löwenanteil der Arbeit am Drehbuch dürfte wohl nicht mehr länger in die Konzeption der Kills, sondern in den Aufbau der Charaktere geflossen sein. Tatsächlich zeigten die Figuren schon in „Terrifier“ ein gewisses Potenzial, mehr zu sein als bloß die Zielscheibe für die Triebe des Clowns. Sie wurden jedoch damals durch die kurzen, einfachen Handlungsbögen in ihrer Entwicklung gehemmt. Was Leone als Autor jedoch nun mit den Geschwistern Sienna (Lauren LaVera) und Jonathan (Elliot Fullam) abliefert, kann es durchaus mit den bekannteren Bruder-Schwester-Paarungen aufnehmen, die es im Horrorfilm mit dem Bösen zu tun bekamen… Trish und Darry aus „Jeepers Creepers“ vielleicht, oder jüngst Becca und Tyler aus „The Visit“. So viele Paarungen fallen einem hier nicht einmal ein; um so frischer wirkt der Fokus auf gleich zwei Hauptfiguren, die als Konstanten durch den Film begleiten.

Weil gut ausgearbeitete Charaktere Raum zum Atmen benötigen, sind natürlich auch Auswirkungen auf die Laufzeit unvermeidlich. Trotzdem wird man wohl erst mal aus den Socken gehauen, wenn man auf den Timecode blickt… 139 Minuten werden da angezeigt. 139! Eine für den gemeinen Slasher-Film schier unglaubliche Zeitspanne. Normalerweise bekommt man in der Spielzeit gleich zwei Schnitzelplatten serviert. Um so mehr wird man wohl als argwöhnischer Genre-Fan mit Argusaugen auf den Schnitt achten. Man ist automatisch darauf geeicht, hier am ehesten Probleme zu identifizieren, denn ein Film über einen mordenden Verrückten hat gefälligst nicht die 90-Minuten-Marke zu überschreiten, erst recht keine vollen zwei Stunden. Vielleicht wird hier und da tatsächlich mal eine Situation zu weit ausgeführt, vielleicht hätte man sich auch den ein oder anderen Subplot einfach sparen können. Löst man sich aber von dem Gedanken, ein Film dieser Sorte müsse gewissen Regeln folgen, dann stellt man voller Erstaunen fest: So richtig verschwendet ist hier im Grunde keine einzige Minute. Die Zeit verfliegt fast schon unverschämt schnell. Längen bleiben aus. Der dramaturgische Bogen geht trotz der Überlänge vollständig auf.

Terrifier 2

Um gegen den fiesen Clown im Kampf zu bestehen, braucht es die entsprechende Rüstung.

Womöglich diente neben den alten Bekannten Freddy, Michael und Jason diesmal auch „ES“ als Inspiration, Stephen Kings Opus Magnum um den größten aller Horrorclowns (sorry, Art!), das jeweils als Zweiteiler 1990 drei Stunden und 2017/2019 gar fünf Stunden verschlang. Diesem Vorbild folgend, führt Leone verschiedene Charaktere über ihre eigenen Handlungsstränge ein und nimmt jeweils ihre Perspektive an, bis schließlich alles zusammenfließt. Diesmal muss zwar kein kompletter Club der Verlierer zusammenfinden und auch mit verschiedenen Zeitebenen hat Art nichts am Hut. Das Epische geht „Terrifier 2“ in Bezug auf seine Handlung also vollständig ab. Im Umkehrschluss wird Halloween aber zu einer äußerst lebendigen, fast dreidimensionalen Kulisse ausgestaltet, die vom Schul- über den Geschäftsalltag bis zur Kostümparty sämtliche Phasen und Perspektiven einfängt und in allen Schattierungen ausleuchtet. In diesem Zuge gewinnen Lauren LaVera und Elliot Fullam in den Hauptrollen mit jeder Szene an Profil… und was Art angeht, wird dieser nebenbei ganz neu erfunden, und zwar nicht zu knapp.

Schaut in den Trailer von “Terrifier 2”

War der von David Howard Thornton gespielte Clown im Vorgänger noch ein schattenhafter Buhmann, der sich stumm im Szenenbild versteckte und im Spektrum zwischen himmelhohem Jauchzen und tödlichem Trübsal sein Mordwerkzeug für sich sprechen ließ, bekommt er gleich zu Anfang in der Waschsalon-Sequenz einen Kommunikationspartner zugewiesen. Da sitzt plötzlich ein kleines Mädchen (Amelie McLain) und nimmt Kontakt zu Art auf, ungefähr so, wie Art im ersten Film Kontakt zu seinen ersten Opfern aufnahm. Das Mädchen ist ebenfalls als Gruselclown verkleidet und tritt offenbar als Manifestation von Arts Geisteszustand in Erscheinung, kann allerdings auch von anderen Personen gesehen werden, ungefähr so, wie das fliegende Plüscheinhorn in der TV-Serie „Happy!“ als imaginärer Freund eines kleinen Mädchens auch von der Hauptfigur gesehen werden konnte… nur dass man es hier eben nicht mit einer niedlichen CGI-Kreatur zu tun hat, sondern mit einem kleinen Monster, das mit seinen wirren Haarzöpfen, den Kontaktlinsen und dem falschen Gebiss beinahe noch furchterregender aussieht als Art selbst, der sich auch schon nicht gerade als Typ Schwiegermutterliebling qualifiziert. Mit dem Mädchen im Schlepptau ergibt sich auf einmal eine völlig andere Dynamik in den Horrorsequenzen, da sie sogar Inspiration von etlichen Shapeshifter-Entitäten bezieht… von „It Follows“ über „Terminator II“ bis zurück zu „ES“ und „Nightmare on Elm Street“ natürlich, die sich wie ein Schirm über den Film spannen – auch weil die Setbauten das Spiel mitspielen. Da findet man sich auf einmal in einem Gruselkabinett gefüllt mit überdimensionalen hydraulischen Geisterbahnpuppen wieder, man stolpert über einen verlassenen Jahrmarkt wie in Tobe Hoopers „Kabinett des Schreckens“, man steht in einer mit Puppen ausstaffierten Kapelle wie in „Er kam nur nachts“ oder „House of Wax“. Im Fernsehen läuft ferner ein Ausschnitt aus William Castles „House on Haunted Hill“. Gerade der übernatürliche Horrorfilm hat nun deutlich seine Spuren hinterlassen und verwischt nahezu sämtliche Einflüsse der Torture-Porn-Filme der frühen 00er Jahre, die als Schatten über dem ersten Teil schwebten.

Terrifier 2

Art hat eine neue kleine Freundin gefunden.

Das bedeutet allerdings längst nicht, dass Art auch nur einen Deut zahmer geworden ist in seinen mörderischen Aktivitäten. Schon in „Terrifier“ kam zur Mitte hin aus Splatter- und Gore-Sicht der verdorbene Höhepunkt, der einen bitteren Nachgeschmack auf dem Gaumen hinterließ. Auch jetzt wird in der Metzgerhalle zur Mittagspause wieder auf Hochtouren gearbeitet, nur dass die Schlachtbank diesmal in das unschuldiges Ambiente eines mädchenhaft eingerichteten Schlafzimmers verlegt wurde. Für diesen einen Abschnitt wird auf einmal die French-Extremity-Welle beziehungsweise das Home-Invasion-Thema aus der Trickkiste geholt, um anschließend ein beispielloses Massaker an einer einzelnen Person zu veranstalten, das vor allem aufgrund seines gnadenlosen Ablaufs ziemlich verstörend ausfällt, wenngleich die Sequenz gegen Ende ins Comichafte kippt und dadurch wiederum abgemildert wird. Wohnt solchen Szenen in den üblichen Serienkillerfilmen normalerweise immer etwas Ritualisiertes inne, worin man zur Not etwas Tröstliches finden kann, behandelt der Clown sein Opfer im Grunde so achtlos wie der Action Painter seine Leinwand. Die verursachten Wunden haben kaum Zeit, auf die Eindrücke von Opfer und Zeuge einzuwirken, schon kommt die nächste Wunde hinterher und eine höllische Qual verdrängt die vorherige, bis nur noch Hysterie übrig ist.

Abgesehen vom unheimlichen Make-Up, das aus der Ferne als weiße Fläche mit drei großen schwarzen Löchern auch die aus der Form gelaufene Maske des Ghostface-Killers aus „Scream“ sein könnte, bezieht Leones Kreation ihre bizarre Faszination eben gerade auch dadurch, dass ihr Vorgehen völlig unberechenbar ist. Anstelle eingangs beschriebener Special-Effects-Orgien kommen manchmal auch banale Schüsse aus der Schrotflinte (mit gewissen Cronenberg-Schwingungen im Endresultat) oder aus der Maschinenpistole (in James-Cagney-Gangsterfilm-Manier) zum Einsatz, dann aber auch wieder kreatives Zeug, eine Art Flagrum zum Beispiel, bestehend aus Bindfaden und Scheren, welches ohne Rücksicht auf Verluste auf die Unglückseligen in Arts Radius niedergeht. Manchmal scheint der Clown in Slasher-Tropes transzendieren zu wollen, wenn er etwa den potenten Macker entmannt, kurz bevor es im Auto rundgeht, oder die stets perfekt gestylte Partymaus mit Säure begießt. Dann aber wieder agiert er so sehr abseits gängiger Konzepte in seiner eigenen isolierten Welt, dass man von seinem Verhalten ähnlich irritiert ist wie die Figuren im Film (etwa in einer Szene im Kostümladen, in der er diverse Sonnenbrillen anprobiert).

Terrifier 2

Fast wie der Terminator. Nur seine Hand kann noch nicht sprechen.

Im Finale fließen die zahlreichen Einflüsse schließlich in einem Mythen- bzw. Märchenkonsens zusammen, was in Hinblick auf das zentrale Geschwisterpaar hervorragend passt, das nun zu einer modernen Variation von Hänsel und Gretel mutiert, äquivalent zu Sophia Lillis und Sammy Leakey im Arthaus-Horrorfilm „Gretel & Hänsel“. Nicht umsonst gerät Art im Zuge dessen sogar kurz zur knabbernden Knusperhäuschenhexe. Die Wendung Richtung Märchenlogik kommt im Übrigen nicht aus dem Nichts, sondern wird vom Drehbuch sorgsam schon in den ersten Szenen vorbereitet, so dass der Abschluss nicht weniger rund erscheint als der Auftakt.

Wo der erste „Terrifier“ mit dem faszinierenden Clown einen dicken Barsch in den See warf, um die Angler anzulocken, da sorgt die Fortsetzung nun dafür, dass das Gelände um den See herum ansehnlich wird… und dass sich nun Legenden um den Barsch stricken, die es mit dem Monster von Loch Ness aufnehmen können. „Terrifier 2“ ist in allen Belangen ein Triumph über den auch bereits nicht uninteressanten Vorgänger. Er klingt besser, er sieht besser aus und hat wesentlich filigraner ausgearbeitete Figuren zu bieten, die sich über die gesamte Laufzeit ganz beachtlich entwickeln. Er ist von vorne bis hinten durchzogen mit abwechslungsreichen Auftritten des schwarzweißen Monsters und seiner neuen kleinen Begleiterin, die das Handlungskonstrukt als geisterhafte Entität nicht nur inhaltlich bereichert, sondern so manche Gruselsequenz verbuchen kann, die sogar Art wie einen Erfüllungsgehilfen wirken lässt. Vor allem den Anhängern phantastisch angehauchter Horror-Stoffe dürfte die Neuausrichtung wie Öl runtergehen. Damien Leone macht aber nicht den Fehler, sich völlig auf seine zahlreichen Einflüsse zu verlassen, sondern zimmert aus den Vorlagen eine eigene packende Geschichte, die vielleicht ein wenig lange braucht, um zum Punkt zu kommen, die aber nie den Fehler begeht, den so mancher Regisseur auch in unter 80 Minuten bereits begangen hat: Den Zuschauer zu langweilen. Was ein möglicher dritter Teil nun aus der Konstellation macht, die nach der Hidden Scene wie ein großes Fragezeichen im Raum steht, scheint ganz und gar der Fantasie überlassen zu sein.

08 von 10

Informationen zur Veröffentlichung von “Terrifier 2”

“Terrifier 2” wird derzeit in Position gebracht für eine Veröffentlichung auf deutschem Boden. Dabei scheint er einen ähnlichen Weg einzuschlagen wie sein kontroverser Vorgänger: Für die 18er-Freigabe wurde eine um drei Minuten gekürzte Fassung bei der FSK eingereicht. Das mag bei einer Gesamtlaufzeit von 139 Minuten nicht nach viel klingen, die harten Spitzen liegen allerdings im Frame-Bereich und dürften somit über die komplette Laufzeit hinweg entschärft worden sein, wobei es der Schlafzimmer-Sequenz zur Mitte hin wohl am meisten ans Leder gegangen sein dürfte. Wer auf eine ungeschnittene Fassung aus ist, muss auf die zu erwartende Mediabook-Welle von Nameless Media warten, die den Film wohl in allen denkbaren Covervarianten auswerten werden, teilweise auch als Double Feature zusammen mit Teil 1. Wer nicht auf die deutsche Fassung warten will, kann auch bereits im Ausland zugreifen, wurde “Terrifier 2” beim britischen Label Signature Entertainment doch bereits im Oktober auf den Markt gebracht, sowohl einzeln als auch im Paket als “The Bloody Duo”. Zu beachten ist dabei, dass es auf der britischen Ausgabe weder eine deutsche Tonspur gibt noch Untertitel (auch keine englischen).

Wer das Kino-Erlebnis sucht, hat ab 8. Dezember 2022 an ausgewählten Spielorten die Gelegenheit dazu, “Terrifier 2” auf der großen Leinwand anzuschauen – ungeschnitten!!!

Sascha Ganser (Vince)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Tiberius Film / Nameless Media__Freigabe: FSK16 / FSK18 (geschnitten) / ungeprüft (ungeschnitten)__Geschnitten: Ja (FSK16/18) (ab 2023)__Blu Ray/DVD: Ja/Ja (ab 2023)

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