Originaltitel: Dangerously Close__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1986__Regie: Albert Pyun__Darsteller: John Stockwell, J. Eddie Peck, Carey Lowell, Bradford Bancroft, Don Michael Paul, Thom Mathews, Gerard Christopher, Madison Mason, Anthony De Longis, Carmen Argenziano, Miguel A. Núñez Jr., Dedee Pfeiffer u.a. |
Der deutsche Verleihtitel „Teuflische Klasse“ macht schon klar auf welchen Zug Albert Pyun („Cyborg Warriors“) mit „Dangerously Close“ aufspringen wollte, nämlich jener Welle reißerischer Filme um Gewalt an Schulen, die von Mark L. Lesters „Class of 1984“ angefacht wurde.
Wobei es eine wichtige Akzentverschiebung gibt: War der Haupttäter in „Class of 1984“ zwar aus gutem Hause, doch seine Gang terrorisierte brave Schüler und Lehrer zur Ausweitung krimineller Machenschaften, so ist es in „Dangerously Close“ eine quasifaschistische Gruppierung reicher Schüler, genannt die Sentinels, die hier für die Reinheit ihrer Bildungsanstalt sorgen wollen. Das umfasst neben offiziell wahrgenommenen Aufgaben wie Graffiti-Beseitigung auch nächtliche Menschenjagden auf echte und vermeintliche Störenfriede, wie man in der stilvollen Auftaktsequenz sieht – auch wenn dem Opfer nur eine Todesangst eingejagt wird. Als der Betroffene jedoch den Wagen eines der davoneilenden Sentinels attackiert, wird er von dem (für den Zuschauer nicht erkenntlichen) Täter weggemessert.
In ihrer offiziellen Aufgabe wurden die Sentinels als Reaktion auf das sogenannte Magnet-Projekt gegründet; eine Initiative, die es Schülern aus ärmerem Hause erlaubt die Nobelschule zu besuchen, was mit einem vermeintlichen Anstieg von Kriminalität und Vandalismus einherging. Da die Sentinels auch abseits ihrer nächtlichen Aktivitäten ein hartes Regime führen, hat sich Danny Lennox (J. Eddie Peck) in einem Editorial der von ihm als Chefredakteur betreuten Schülerzeitung gegen sie ausgesprochen – denn Eddie ist auch wegen des Magnet-Projekts an der Schule, lebt mit seinem demotivierten Poolreiniger-Papa zusammen und verdient sich mit ebenjener Aufgabe ein paar Kröten nebenher. Sein bester Kumpel ist der schrille, aber gutherzige Punk Krooger Raines (Bradford Bancroft), womit die Sympathien im Klassenkampf klar abgesteckt sind. Schließlich sind die Sentinels nicht nur elitäre Schnösel, einer der ihren heißt auch noch Ripper (Don Michael Paul) und verhält sich seinem Spitznamen entsprechend großmäulig.
Da Randy McDevitt (John Stockwell), der Anführer der Sentinels, das Gefahrenpotential in Danny sieht, freundet sich mit ihm an, ködert ihn mit Reichtum und versucht ihm das Gedankengut der Sentinels näherzubringen. Doch die Eskalation zwischen Arm und Reich an der Schule wird weiter vorangetrieben…
httpv://www.youtube.com/watch?v=3eTeblxXUOQ
Zusammen mit dem im gleichen Jahr erschienenen „Night Hunter“ ist „Dangerously Close“ einer jener beinahe linksliberalen Filme im Portfolio der sonst für krachige Action konservativen bis manchmal reaktionären Zuschnitts bekannten Firma Cannon. Damit hebt sich Pyuns Film auch von vielen Selbstjustizreißern seiner Zeit ab: Die Sentinels sind keine tapferen Bürger, die den Abschaum von der Straße fegen, sondern faschistoide Elite-Wächter, die nach eigenem Gutdünken ihre Rechtsvorstellungen durchsetzen und bei denen der Verdacht über den Beweis geht, wie man in einer Szene sieht, in der ein vermeintlich schuldiger Schüler für eine Tat angegangen wird, die eigentlich ein anderer begangen hat. Dieser kruden Law-and-Order-Ideologie setzt das Drehbuch dann Danny entgegen, der den Weg über die Institutionen wie die Presse geht, der kein Actionheld oder Gewalttäter ist, der recherchiert und argumentiert.
Dementsprechend ist der Film, für Cannon- und für Pyun-Verhältnisse durchaus überraschend, wenig auf Action ausgelegt und kommt mit sehr wenigen Toten aus. Die Menschenjagden der Sentinels und ein Showdown, in dem zuerst Linie Fäuste und Paintballknarren sprechen, ehe das Ganze am Ende doch größtenteils im Dialog geklärt wird, sind auf der Schauwerteliste zu verbuchen; alles mit begrenztem Budget und ohne große Stunts, aber teilweise sehr stark inszeniert; etwa in jener Einstellung in der Auftaktsequenz, in die Jäger als schattenhafte Gestalten in Lichtkegeln aus dem Wald treten und dadurch unheimlich bedrohlich wirken. Tatsächlich schaffen Pyun und sein Kameramann Walt Lloyd („The Air I Breathe“) hier einige starke Bilder, etwa wenn eine verkantete Einstellung das gestörte Verhältnis zwischen Randy und seiner Freundin Julie (Carey Lowell) symbolisiert oder sich zwei Personen in der Abendsonne am Strand küssen, wobei ihrer Körper als schattenspielartige Silhouetten vor dem Hintergrund erscheinen.
Und trotz dieser inszenatorischen Stärken und der überraschend kritischen Herangehensweise kann „Dangerously Close“ nicht so ganz punkten. Das liegt zum einen daran, dass der interessante Aspekt der anfänglichen Verführung Dannys durch Randy irgendwann fallengelassen wird: Auf der einen Seite der Junge, der alles hat, vom Reichtum seiner Eltern angeödet ist, dem seine Freundin gleich zu sein scheint und der andere als minderwertig empfindet, auf der anderen Seite der aufstrebende Kerl, der von den Lebensumständen des anderen fasziniert ist. Leider ist schnell Schicht im Schacht mit der Annäherung, da sich die Sentinels durch zu grobschlächtig verhalten und ihr Treiben zu schlecht verbergen, weshalb Danny in Hälfte zwei dann das herausfindet, was der Zuschauer schon seit der Eingangsszene weiß. Dass Julie dann irgendwann in den eh viel netteren Danny verguckt, ist quasi schon Genrestandard. Manches wird auch sehr grob vereinfacht, etwa wenn Danny von Krooger angefeindet wird er habe sich verändert, nur weil er sich ausnahmsweise mal von Randy mit zur Schule nehmen lässt und zuvor ein einziges Mal mit den Sentinels saufen war.
Dabei hat der Film durchaus seine Meriten, etwa wenn die Sentinels nicht als homogene Gruppe gezeichnet werden. Einer hat Gewissensbisse, eine andere Figur, die vorher als skrupellos erschien, entpuppt sich im Finale als jemand, der die eigene Unsicherheit mit Gewalt kompensiert und vernünftiger als manch anderer ist. Auch in Sachen Mörderidentität kann der Film tatsächlich ein wenig überraschen, da „Dangerously Close“ jene bis zum Schluss geheim hält und trotz ein, zwei deutlicher Hinweise noch ein paar Twists in der Richtung parat hat. Auch der Soundtrack, auf dem sogar Depeche Mode mit zwei Songs vertreten sind, ist – gerade gemessen an den Budgetverhältnissen des Films – ebenso edel wie schmissig und hätte einen etwas spannenderen, fetzigeren und temporeicheren Film verdient.
Auch schauspielerisch wechseln sich Licht und Schatten ab. Der spätere Regisseur (z.B. „In the Blood“ und „Kickboxer: Vengeance“) und damalige Schauspieler John Stockwell, den Pyun schon in „Radioactive Dreams“ besetzte, kann als Verführer ohne Wertschätzung seines Umfelds punkten. Und wenngleich Filme immer gute Bösewichte brauchen, so wird es problematisch, wenn der Held dann so ein Leichtgewicht wie J. Eddie Peck („The Curse II: The Bite“) ist, der von diversen seiner Mitstreiter an die Wand gespielt wird. Da kann Bradford Bancroft („Universal Soldier“) in seiner launigen Rolle als Punk schon mehr punkten, ebenso wie der spätere Pyun-Spezi Tom Mathews („Nemesis“), der hier erstmals für Albert spielt. Carey Lowell („Hetzjagd in St. Lucas“) schlägt sich wacker in einer vom Drehbuch etwas vernachlässigten Rolle und mit Don Michael Paul als Ripper ist noch jemand an Bord, der später wie Stockwell auf den Regiestuhl wechselte (z.B. „Company of Heroes“ und „Sniper: Ghost Shooter“).
So hinterlässt „Dangerously Close“ gemischte Gefühle mit seiner gelungenen Inszenierung und dem in Sachen Figurenzeichnung und Selbstjustiz überraschend ausgewogenen Drehbuch, die einem etwas spannungsarmen Plot und wenigen Schauwerten gegenüberstehen. Entweder mehr krachiges Rambazamba oder eine stärkere Konzentration auf die interessanten Thrilleraspekte der Konstellation hätten da sicher Wunder gewirkt, egal in welche beiden Richtungen sich der Film dann konsequenter entwickelt hätte.
Knappe:
Hierzulande ist der Film bei VMP auf VHS erschienen und ungekürzt ab 18 Jahren freigegeben. Als wären die Freigabe und die Indizierung des Films nicht schon seltsam genug, wurde „Teuflische Klasse“ 2013 sogar folgeindiziert, obwohl der Film eigentlich recht harmlos ist und sich gegen Selbstjustiz ausspricht, was im Angesicht mancher anderer Freigabe- und De-Indizierungsentscheidung besonders seltsam erscheint. Wer den Film auf Blu-Ray oder DVD haben möchte, der bekommt beides in den USA von Olive Films, ohne Bonusmaterial, aber selbstverständlich in deutlich besserer Bild- und Tonqualität als auf VHS.
© Nils Bothmann (McClane)
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