Originaltitel: The Art of the Steal__Herstellungsland: Kanada/USA__Erscheinungsjahr: 2013__Regie: Jonathan Sobol__Darsteller: Kurt Russell, Matt Dillon, Jay Baruchel, Kenneth Welsh, Chris Diamantopoulos, Katheryn Winnick, Jason Jones, Terence Stamp, Devon Bostick, Stephen McHattie, A.C. Peterson, Dax Ravina, Joe Pingue, Camilla Scott u.a. |
1987 erschien das Buch „The Art of the Deal“, 26 Jahre später drehte Jonathan Sobol „The Art of the Steal“, eine Gaunerkomödie, für die er nach seinem gut gelittenen Langfilm-Erstling „A Beginner’s Guide to Endings“ eine prominente Besetzung aus Hollywoods zweiter Reihe zusammentrommeln konnte.
Protagonist ist Dennis ‘Crunch‘ Calhoun (Kurt Russell), seines Zeichens Fluchtwagenfahrer. Beziehungsweise: Ex-Fluchtwagenfahrer, denn nach seinem letzten Coup wanderte er hinter schwedische (oder in diesem Fall: polnische) Gardinen. Dem Publikum wird der Heist präsentiert, bei dem man Crunchs Crew kennenlernt: Seinen Halbbruder Nicky (Matt Dillon), den Kopf der Truppe, den Fälscher Guy de Cornet (Chris Diamantopoulos) und ’Uncle‘ Paddy MacCarthy (Kenneth Welsh), der all die nötigen Kontakte fürs Heist-Geschäft besitzt. Der Coup, bei dem man einem Gangster ein Gemälde abnimmt und durch eine Fälschung ersetzt, läuft eigentlich glatt, doch dann löst Nicky in seiner Überheblichkeit erst einen Alarm aus, wird dann auf der Flucht geschnappt und verpfeift schließlich Crunch, um nicht in den Knast zu müssen. Dabei gibt es auch eine kleine Verfolgungsjagd und ein paar hübsche Motorradstunts, zum Actionfilm wird „The Art of the Steal“ trotz seines in dieser Hinsicht beschlagenen Hauptdarstellers nicht.
Nach fünfeinhalb Jahren kommt Crunch wieder heraus und verdingt sich nun als Stunt-Biker für Live-Shows, bei denen er für ein paar Extra-Kröten auch mal bewusst einen Crash baut. Mit dabei sind seine wesentlich jüngere Frau Lola (Katheryn Winnick) und der junge Francie Tobin (Jay Baruchel), den Crunch unter seine Fittiche genommen hat. Wenn dieser dann noch als Zauberlehrling bezeichnet wird, dann ist dies eine Anspielung auf Baruchels Rolle in „The Sorcerer’s Apprentice“. Bei Crunchs neuer Tätigkeit mag man an Russells Rolle als Stuntman Mike in „Death Proof“ denken – tatsächlich liegen zwischen dem Tarantino-Film und „The Art of the Steal“ ungefähr jene fünfeinhalb Jahre, die Crunch im Knast verbrachte und in dessen Russell fast nichts drehte, eigentlich nur den völlig untergegangenen „Touchback“.
Doch dann kommt Nicky mit einem verlockenden Angebot auf den notorischen Pleitegeier Crunch zu: Einen seltenen Gutenberg-Druck stehlen und durch eine Fälschung ersetzen. Der lukrative Job, für den neben Guy und Paddy auch Francie engagiert wird, soll eine Wiedergutmachung für vergangenes Unrecht sein. Allerdings hat Nicky gerade Interpol an den Hacken…
Schaut euch den Trailer zu „The Art of the Steal“ an
Die Vorbilder von „The Art of the Steal“ sind unschwer zu erkennen. Da ist zum einen Guy Ritchie, mit der Jeder-könnte-jeden-übers-Ohr-hauen-Handlung, vor allem aber den Standbildern inklusive Namens- und Funktionseinblendung. Zum anderen die „Ocean’s“-Reihe von Steven Soderbergh, die vor allem in ihrem Erstling lässige Heist-Coolness für das neue Jahrtausend definierte. Sobol gibt sein Vorbild sogar versteckt zu, wenn sich Crunch und Nicky vor einem Wachsfigurenkabinett unterhalten, dessen Reklame verschiedene Promi-Figuren anpreist – darunter George Clooney, Brad Pitt und Julia Roberts aus besagter Filmreihe. Allerdings treten in diesem Direktvergleich auch schon einige der Schwächen von „The Art of the Steal“ zutage. Den glamourösen Casinos, prächtigen Museen und ähnlichen Locations der Soderbergh-Filme kann er nur Parkplätze, Büroräume oder die Halle eines Flughafens entgegensetzen, was sicherlich auch am geringeren Budget liegt, aber noch dadurch verstärkt wird, dass sich Sobol für ein tristes, meist von Grautönen geprägtes Colorgrading entscheidet. Am ehesten Flair haben noch einige Establishing Shots, etwa eine Panoramaaufnahme von Quebec.
Noch viel schwerer wiegt allerdings die Tatsache, dass „The Art of the Steal“ das Herzstück eines jeden Heist Movies vernachlässigt: Den Heist. Zwar gibt es eine aufwändigere Aktion in der Mitte des Films, in der man gleichzeitig Interpol ablenkt und den Gutenberg-Druck austauscht, doch im Vergleich zu den Glanzstücken des Genres wird dies recht stiefmütterlich behandelt. Die Vorbereitung ist nicht allzu aufwändig, die Umsetzung läuft relativ fehlerlos, von einer kleinen Unbill mal abgesehen. So ist das beste Kabinettstückchen ein anderes, nämlich wenn Guy von einem legendären Mona-Lisa-Fake aus dem Jahr 1911 erzählt. Dies wird als schwarz-weißer Stummfilm zu seinem Voice-Over erzählt, in dem die Darsteller des Hauptfilms wiederum die historischen Figuren spielen. Eine schöne Idee, die aus dem Restfilm herausragt.
Ansonsten ist „The Art of the Steal“ nämlich wieder eine jener betont doppelbödigen Krimikomödien, in der das Publikum bereits darauf gepolt ist, bloß nichts für bare Münze zu nehmen. Jeder Plottwist wird mit Vorsicht genossen, da man bereits ahnt, dass in wenigen Minuten die nächste Wendung kommt, welche die vorige in den Schatten stellt. Das geraubte Gemälde, für welches Interpol Nicky in die Finger bekommen möchte – muss später noch wichtig werden. Die geheimen Gespräche zwischen Nicky und Lola – haben bestimmt noch etwas zu bedeuten. Zu selten kann Sobol seinem Publikum vorgaukeln, dass es weiß wie der Hase läuft, um es dann wirklich zu überraschen. So ist der finale Clou ganz nett, aber irgendwo auch erwartbar, da er die Moral diverser anderer Gaunerstücke bedient. Immerhin ist es ganz putzig, wenn man mache Szenen aus dem Film nochmal aus anderer Perspektive erlebt, was ihnen mit Blick auf die Auflösung einen Mehrwert verleiht.
Zudem ist „The Art of the Steal“ eine teilweise recht launige Angelegenheit mit netten Gags. Gerade der Plotsstrang um den verhafteten Kunstdieb Samuel Winter (Terence Stamp), der zur Strafreduktion mit Interpol zusammenarbeitet und seinen Aufpasser Bick (Jason Jones) bei jeder Gelegenheit runterputzt, ist für einige Lacher gut, ebenso die Einlage, in der Francie mit einem fürchterlich falsch aussehenden Amish-Bart eine Grenzkontrolle passieren soll und sich um Kopf und Kragen redet. Die Gauner werfen sich untereinander ein paar flotte Sprüche an den Kopf, ein paar Marotten wie Guys Perfektionismus sorgen für Amüsement. So ist „The Art of the Steal“ öfters zum Schmunzeln, manchmal zum Lachen, auch wenn er in Sachen Witz und Kultfaktor nicht an die großen Vorbilder heranreicht.
Ein Gewinn ist Kurt Russell („Crypto – Angst ist die härteste Währung“), dessen Rolle als alternder Profi mit Maläsen das eigene Image als Actionstar in späteren Jahren spiegelt, der diesen mit allen Wassern gewaschenen Profi in dieser Karrierephase aber sehr charismatisch zu verkörpern weiß. Matt Dillon („Rumble Fish“) macht Spaß in seiner Tricksterrolle, Jay Baruchel („RoboCop“) spult seinen Part als unsicherer Newbie routiniert und (in diesem Film) tätowiert hinunter. Kenneth Welsh („Twin Peaks“) und Chris Diamantopoulos („High Heat“) setzten Akzente als kriminelle Profis, während Terence Stamp („Last Night in Soho“) in seinen Szenen den Film zu klauen. Pech hat nur Katheryn Winnick („The Marksman“), deren Ehefrauen-Part wohl bewusst undurchsichtig gehalten werden sollte, was aber zur Folge hat, dass sie über weite Strecken kaum mehr als dekoratives Beiwerk bleibt.
„The Art of the Steal“ ist ein okayer Zweitling von Sobol, der mit meist starker Besetzung, nettem Witz und manch gutem Einfall wie der Stummfilm-Einlage daherkommt, aber leider etwas trist aussieht und doch in erster Linie bekannte Genremuster bedient. Für ein Feuerwerk der Marke Guy Ritchie sind die Figuren aber nicht markant genug, für ein starkes Heist Movie kommt der Heist zu kurz. Schon ganz nett, aber irgendwie auch Crime-Comedy-Einerlei.
Sony hat „The Art of the Steal“ in Deutschland auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren. Als Bonusmaterial gibt es einen Audiokommentar und drei Making ofs. Streamen kann man den Streifen auch.
© Nils Bothmann (McClane)
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