Wir zelebrieren Actionfilme, die rocken!

The Bat Woman

Originaltitel: La Mujer murciélago__Herstellungsland: Mexiko__Erscheinungsjahr: 1968__Regie: René Cardona__Darsteller: Maura Monti, Roberto Canedo, Hector Godoy, David Silva, Crox Alvarado, Manuel Garay, Armando Silvestre, Jorge Mondragon, Carlos Suarez, Manuel Capetillo, Ofelia Chavez u.a.

Banner

Cover

Das Cover der Indicator-Blu-ray von „The Bat Woman“.

Die Tourismusbranche in Acapulco hat ein Problem mit Umweltverschmutzung. Zwar ist der Blick auf die Bucht ein wahrer Traum. Wie einladend doch das Wasser leuchtet, wie die Einwohner beim Angeln und Baden das Leben in vollen Zügen genießen! Eine Kulisse wie von einer Urlaubspostkarte. Wären da bloß nicht die Überreste der maskierten Wrestler, die immer mal wieder an die Wasseroberfläche geschwemmt werden. Aber was will man machen. Jeder entsorgt seine benutzten Muskelprotze einfach in der freien Natur, und die Stadt weiß nicht mehr, wohin mit ihnen.

When there is no more room in the wrestling ring, the luchadores will walk the movies.

Allesfilmer René Cardona bettete sich 1968 beileibe nicht zum ersten Mal in die reichhaltige Welt des schillernden Lucha-Films, für den der Ring in der Halle letztlich ebenso wenig eine Grenze war wie die Regeln einer jeden noch so abstrusen Filmgattung. Die Allgegenwärtigkeit des mexikanischen Volkssports, dessen Protagonisten seit jeher zu Helden und Schurken stilisiert wurden, erstreckte sich weit über das Live-Event hinaus ins mexikanische Fernsehen, um schließlich, nachdem TV-Übertragungen der Showkämpfe aus Jugendschutzgründen untersagt worden waren, im Kino zu boomen. „Huracán Ramirez“ (1952) eröffnete den Reigen und allerspätestens, nachdem Mexikos größter maskierter Volksheld El Santo im Jahr 1961 auf Kuba im Guerilla-Stil seine beiden Debütfilme „Santo vs. The Evil Brain“ und „Santo vs. Infernal Men“ abgedreht hatte, war die große Schwemme losgetreten.

The Bat Woman

Würden Sie der Dame links zutrauen, dem Herrn rechts das Handwerk zu legen?

Dieses Überangebot scheint Cardona 15 Jahre nach dem Start der Lawine durchaus zu reflektieren, wenn er in „The Bat Woman“ tote Wrestler wie Seebojen im Wasser treiben lässt. Nicht länger sind die Luchadores die Ausnahmeerscheinungen, die den Tag retten, sondern Teil des Alltagsbildes. Für den Typ „wahnsinniger Wissenschaftler“ (Roberto Cañedo), der es diesmal auf die Schöpfung von Fischwesen und die Unterjochung des Ozeans abgesehen hat, erweisen sich die tumben Fleischberge sogar als eine hilfreiche Proteinquelle, um die eigenen Pläne in die Tat umzusetzen.

Dass es sich bei der Titelfigur, die dem üblen Treiben ein Ende bereiten will, nicht um einen hünenhaften Rächer der Enterbten handelt, sondern um eine grazile Schönheit im Fledermauskostüm, ist gleich in mehrerlei Hinsicht ein bemerkenswerter Umstand, der dieser Krimi-Farce etwas wunderbar Unbefangenes verleiht. Frauen-Wrestling war immerhin eher eine Nische, wenngleich sich Cardona persönlich zuvor schon mehrfach mit der weiblichen Seite des Lucha Libre befasst hatte („The Panther Women“, 1967; „She-Wolves of the Ring“, 1965; „The Wrestling Women vs. The Aztec Mummy“, 1964). Ihn mag dabei vor allem der Exploitation-Faktor gereizt haben; ein Eindruck, der sich angesichts der äußerst knappen Dienstkleidung von Maura Monti auch hier wieder aufdrängt. Die Selbstverständlichkeit, mit sie da im Bikini knallhart Köpfchen und Fäustchen einsetzt, um ihren Fall zu lösen, trägt auf sehr spezielle Art dazu bei, den Boden für die kommende Generation der starken weiblichen 70er-Filmcharaktere zu bereiten.

Die Eigenarten der mexikanischen Filmindustrie, die sich bekanntlich seit den Universal-Horrorfilmen der 30er stark vom amerikanischen Genrekino beeinflussen ließ, zeigt diesmal ihre Prägung besonders im schwimmenden Labor voller Phiolen und Gerätschaften, nicht zuletzt aber in dem von Cañedo gespielten Fieswicht, dessen Visage im späteren Verlauf auch noch unschön durch Säure entstellt wird – was ihn jedoch nicht daran hindert, hallende Evil-Laughter-Echos zu produzieren, die sich gewaschen haben. Irgendwo zwischen den Mad Scientists der von Donner und Blitz erhellten Schwarzweiß-Horrorfilme und den Villains aus den neuesten James-Bond-Abenteuern (Sean Connery war gerade zum fünften Mal in die Haut des Doppelnull-Agenten geschlüpft) baut Cañedo seine Zelte auf, während der Regisseur über der ankernden „Boot des Bösen“-Zentrale sein ganz eigenes Mischuniversum errichtet, das sich um Konsistenz, beziehungsweise die Reinheit einer Formel, nicht das Geringste schert.

The Bat Woman

Links das Heimtrikot, rechts das Auswärtstrikot.

Noch evidenter sogar als die Kinoeinflüsse wirken sich diejenigen aus dem Fernsehen aus, ist doch „The Bat Woman“ in der Anlage nichts Geringeres als die weibliche Ausgabe von Adam Wests „Batman“ (1966-1968), der in den vergangenen zwei Jahren ganze 120 Mal in grauen Strumpfhosen im Einsatz war.

Für graue Strumpfhosen jedoch ist „The Bat Woman“ eigentlich zu sexy. Die sieht man diesmal nur in den Ringszenen, welche obligatorisch alle zwanzig Minuten in die Handlung gestreut werden, weil sie es sind, die das Publikum in einem Lucha-Film als Standard erwartet. Nicht nur die professionell wirkende Körperbeherrschung der Akteurin im Ring im Vergleich zu dem unbeholfenen Gehampel außerhalb verrät, dass da offenbar kurz mal eine Stunt-Komparsin übernimmt. Auch die kräftig-untersetzt wirkende Statur unter dem Strampler ist verräterisch, insbesondere wenn kurz darauf wieder Montis Modelmaße im Straßeneinsatz zu sehen sind, wie sie eher umständlich als gekonnt Roundhouse Kicks und Backpfeifen gratis verteilt. Der sportlichen Defizite zum Trotz ist Monti jedoch das eigentliche Verkaufsargument dieses ansonsten recht spröden Filmbaukastens, verfügt sie doch im Wesentlichen über die Aura eines idealisierten Hollywoodstars, macht sich dann aber wiederum in knappen Höschen mit alberner Maske zur Fledermaus, was sie wiederum ungewöhnlich nahbar wirken lässt – eine attraktive Mischung, die sich durchaus ein Stück weit auch über unfreiwillige Komik definiert. Wenn sie halbnackt mit Maske am Tatort steht und grübelnden Blickes die Beweise inspiziert, während ihre angezogenen männlichen Kollegen mit Spannung ihre Schlussfolgerung erwarten, wie könnte man da anders, als sich fortan Adam West im Bikini vorzustellen?

Anders als man ob des Titels und des markanten Kostüms der Heldin vermuten könnte, ist die „Batman“-Serie jedoch nicht alleiniger Dreh- und Angelpunkt des Films, der sich offenbar ganz bewusst dazu entschieden hat, weniger eine direkte Parodie als vielmehr ein popkulturelles Amalgam zu werden, das diese und weitere Einflüsse wahllos miteinander vermischt. Alleine die Tatsache, dass die im DC-Universum durchaus bereits existierende „Batwoman“ (erster Auftritt 1956) weniger als Vorlage diente als Wests TV-Batman, deutet darauf hin, wie sehr es Cardona um den medialen Kontext ging und wie wenig um einen etwaigen Figurenkult. Zugleich werden die „Wham“- und „Ka-Pow“-Sprechblasen in der Schublade gelassen, es gibt weder eine weibliche Robin noch einen Butler namens Alfredo in der Kommandozentrale. Der schwarze Ford Thunderbird, mit dem Monti in einer Szene davon düst, hätte mit ein paar Applikationen sogar ein erstklassiges „Batwomobile“ abgegeben, und auch der zwischen poppigem Jazz und Twist angelegte Soundtrack hätte getaugt, um einen flotten Batusi hinzulegen. Doch abseits der offensichtlich von „Batman“ kopierten Aspekte bleibt es bei Andeutungen, beziehungsweise bei Anleihen.

The Bat Woman

Der freundliche Fischmensch sucht eine Mitfahrgelegenheit nach Hause. Das wäre dann der Ozean auf der anderen Seite der Erdkugel.

Den Faden nehmen dann etliche Stealth-Passagen aus dem Agenten-Genre auf, wobei Cardona besonders exzessiv seine Unterwasseraufnahmen zelebriert, die wohl nicht von ungefähr an das Bond-Abenteuer „Feuerball“ (1965) erinnern. Wie beim großen Vorbild sind diese Szenen durchaus hübsch gefilmt (zumal wir es hier immer noch mit einer mexikanischen Low-Budget-Produktion zu tun haben), können aber nach heutigen Maßstäben ein wenig träge wirken, zumal sie das ohnehin bereits langsame Tempo noch weiter entschleunigen. Herrlich schrullig hingegen ist der Kiemenmensch geraten, eine offensichtliche Verbeugung vor Jack Arnolds „Der Schrecken vom Amazonas“ (1954), qualitativ aber noch weit unter B-Heulern der Marke „Geschöpf des Schreckens“ (1958) und „The Monster of Piedas Blancas“ (1959) anzusiedeln und eher mit Schöpfungen aus obskuren Billigproduktionen ungekannter Niederungen zu vergleichen. Schön aber, dass sich der mexikanische Fischmensch dank Guillermo del Toro („Hellboy“, 2004; „The Shape of Water“, 2017) über die Jahrzehnte hinweg eine gewisse Tradition aufbauen konnte.

Gerade im Kontext vergleichbarer Produktionen, viele davon entstanden unter dem gleichen Regisseur, wird natürlich offensichtlich, dass „The Bat Woman“ ein beliebig austauschbarer Groschenroman in Filmform ist, zusammengesetzt nach dem Modularsystem. Probleme entstehen dadurch vor allem in Sachen Drehbuch, Spannungskurve und Kontinuität. Das schier unignorierbare Kostüm in allen Ehren, inklusive der darin steckenden Maura Monti,dem albernen Fischmann und einem größenwahnsinnigen Aquarium-Psychopathen im weißen Kittel… zu den wahrhaft großartigen B-Movies lässt sich mit einer solchen Produktion von der Stange eben nicht aufschließen. Und doch hat diese schludrige Sorglosigkeit bei der Zusammensetzung der austauschbaren Bauteile etwas begehrenswert Zwangloses an sich.

4 von 10

Schaut euch einen Ausschnitt aus der „The Bat Woman“ Blu-ray von Indicator an

Über Jahrzehnte hinweg gehörte „The Bat Woman“ zu den vielen längst vergessenen Low-Budget-Raritäten, von deren Existenz kaum jemand etwas wusste, und wenn doch, waren sie zumindest für das Heimkino nicht aufzutreiben. Vor kurzem widmete sich dann die „Permanencia Voluntaria and Cinema Preservation Alliance“ einer umfassenden 4k-Restauration von den Original-Kameranegativen. Schon 2021 erschien in den USA eine Blu-ray und eine DVD im Double Feature mit „The Panther Women“, die allerdings keinen spanischen Originalton, sondern lediglich eine englische Synchronisation an Bord hatte. Im März diesen Jahres veröffentlichte das britische Label Powerhouse dann eine limitierte Edition des Films als Digipak im Hartkartonschuber mit 80-seitigem Booklet. Mit an Bord natürlich die 4K-Restauration, die für eine wahrlich spektakuläre Bildqualität sorgt, die man bei einem solchen Film eher nicht erwarten würde. Anstatt einer Synchronisation ist hier der Originalton mit optionalen englischen Untertiteln an Bord. Weiterhin enthalten: Ein neuer Audiokommentar von Filmhistoriker David Wilt, drei Featurettes, der Trailer und eine Bildergalerie.

Sascha Ganser (Vince)

Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Powerhouse/Indicator__USK Freigabe: PG__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja (USA / UK) / Ja (nur USA)

Tagged as: , , , , , , , , , , ,

Wie Viele Actionnerds gibt es?

  • Keine Sorge, du bist mit deiner Vorliebe nicht allein! Uns besuchten bereits 18087911 andere Actionnerds