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The Boogey Man

Originaltitel: The Boogeyman__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1980__Regie: Ulli Lommel__Darsteller: Suzanna Love, Ron James, John Carradine, Nicolas Love, Raymond Boyden, Felicite Morgan, Bill Rayburn u.a.
The Boogey Man

Mit “The Boogey Man” drehte Uli Lommel einen Mix aus übernatürlichem Horror und Slasher

Nach bewegten Karriereanfängen in Deutschland, wo er unter anderem Rollen für Rainer Werner Fassbinder spielte („Liebe ist kälter als der Tod“, „Satansbraten“) und mit „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ einen kleinen Skandalfilm als Regisseur verantwortete, siedelte Ulli Lommel in die USA über. „The Boogey Man“, eine seiner ersten Regiearbeiten dort, mauserte sich zum Erfolg, weshalb Lommel seinen Lebensmittelpunkt dort beibehielt.

Sein Horrorhit erschien zum Höhepunkt der von „Halloween“ losgetretenen Slasherwelle und bedient sich in der Eingangssequenz überdeutlich bei dem Carpenter-Hit, mit einem mordenden Kind und der Beobachtung sexueller Handlungen. In diesem Fall will die Mutter von Willy und Lacey sich gerade einem Schäferstündchen hingeben, als die Brut gaffend vor dem Fenster steht. Das finden weder Mutti noch ihr Freund gut, weshalb der Lover Willy am Bett festbindet. Lacey holt jedoch ein Messer aus der Küche und schneidet Willy los, der selbiges darauf in den Lover steckt, als Revanche für unsachgemäße Kindesbehandlung. Lacey beobachtet das Ganze im Spiegel, dann erfolgt ein Zeitsprung von 20 Jahren, quasi wie bei „Halloween“.

Im Gegensatz zu Michael Myers sitzt Willy (Nicholas Love) aber nicht in der Klapse, sondern lebt mit Lacey (Suzanna Love), deren Mann Jake (Ron James) und deren Sohn gemeinsam bei Onkel Ernest (Bill Rayburn) und Tante Helen (Felicite Morgan). Nur das Sprechen hat er drangegeben, weshalb „The Boogey Man“ das Publikum dann vergeblich auf die falsche Fährte locken will, dass Willy immer noch mörderische Impulse hat. Deshalb sieht man ihn durchs dunkle Haus schleichen, während Lacey Alpträume hat, außerdem würgt er eine Dorfschabracke, die ihn in der Scheune mit eindeutiger Absicht am Schniepi ziehen will, denn seit der Nacht aus der Auftaktszene ist er halt psychosexuell gestört. Aber als Boogeyman geht er dann doch nicht durch, auch wenn ein Brief von Muttern, die sich mit den Kinderchen nach 20 Jahren versöhnen will, kurzzeitig für Aufregung bringt.

Da Jake ein ganz Verständnisvoller ist, ist er von den Alpträumen seiner Frau genervt und schlägt eine Konfrontationstherapie vor. Anstelle von Mama besucht Lacey dafür aber lieber das Heim der Kindheit, wo sie den Spiegel aus der Auftaktszene erblickt und panisch zerschlägt. Dummerweise lässt sie damit den mörderischen Geist des toten Lovers los…

Schaut euch den Trailer zu „The Boogey Man“ an

Bis das allerdings passiert, ist bereits die Hälfte des gerade mal rund 80 Minuten langen Films um. Warum der tote Lover nun als Boogeyman (oder auch Boogey Man) unterwegs ist, erklärt der Film ebenso wenig wie seine Fähigkeiten. Mal kann er Dinge telekinetisch bewegen, mal kann er Besitz von Menschen ergreifen, so wie es für Drehbuch, Regie und Effektabteilung halt am besten passt, wenn gerade mal wieder wer durch den Wolf gedreht werden muss. Manchmal müssen die Menschen von der Reflektion der Spiegelscherbe getroffen werden (weshalb Laceys Filius irgendwann so ein Ding in der Schuhsohle stecken hat, um noch für ein paar Tote bei einem Angelausflug zu sorgen), mal reicht die räumliche Nähe zum Spiegel ohne Sichtkontakt. Warum die Spiegelscherben beim Kontakt mit Wasser in Flammen aufgehen ist dabei so unklar wie das Verhalten der Figuren. Da will der Psychiater, den Lacey besucht, Jake noch eine wichtige Information geben, aber der stürmt sofort los, um einen Priester aufzusuchen. Was der Psycho-Doc noch sagen wollte, das erfahren weder Jake noch das Publikum.

So schleppt sich der kreuzerbärmlich geplottete Film dann durch die Gegend, steckt voller Szenen und Andeutungen, die alle nirgendwohin führen. Inszenatorisch ist das Ganze kaum besser: Gelegentlich kommt zwar ein Ansatz von düster-unheimlicher Stimmung auf, viel öfter fallen allerdings die handwerklichen Unzulänglichkeiten ins Auge. Bei der Szene am See sieht man an den Lichtverhältnissen überdeutlich, dass verschiedene Passagen zu verschiedenen Tageszeiten gedreht wurden, weshalb die Anschlüsse nicht passen. Das schauspielerische Niveau passt sich da nur an: Suzanna Love („Diamant des Grauens“), die damalige Ehefrau von Ulli Lommel, durfte nicht nur am Drehbuch mitschreiben, sondern auch die Hauptrolle bekleiden, was sie sehr mäßig macht. Ihr realer Bruder Nicholas Love („Jennifer 8“) spielt ihren Filmbruder dann mit der Qualität eines gesichtstoten Dorftrottels, der Rest chargiert wie eine Laienschauspieltruppe. Allenfalls John Carradine („Überfall im Wandschrank“) als Psychiater bringt da noch ein Minimum an Qualität hinein, dürfte mit Blick auf seine begrenzte Screentime aber auch denkbar wenige Drehtage gehabt haben.

So ist dann in erster Linie immer dann was los, wenn der Boogeyman wen umbringt. Sonderlich zielgerichtet geht er dabei nicht vor, ausgerechnet Willy, der den Lover ja auf dem Gewissen hat, gerät mit am wenigsten in Gefahr. Stattdessen killt der Mörder aus dem Jenseits einfach auf mal irgendwelche Teenager, wobei das kussartige arrangierte Leichenpärchen im Auto immerhin das Resultat eines kreativen Kills ist. Unfreiwillig komisch dagegen der Tod der drei Kinder der neuen Hausbesitzer: Tochter Nummer eins wird vom Bösen besessen und sticht sich eine Schere in den Hals, der Sohnemann guckt durchs Fenster und brüllt „Here comes the boogeyman“, worauf das Fenster ihm das Genick bricht, Tochter Nummer zwei kriegt eine Schranktür vor die Futterluke und ist danach wohl hinüber. Die Effekte sind dabei recht kostengünstig und durchschaubar gemacht, da gaben sich sogar manche Amateurfilmer mehr Mühe.

Im Finale fiel Lommel und Co. dann offensichtlich ein, dass man nicht nur „Halloween“, sondern auch „Der Exorzist“ beklauen könnte, weshalb der übernatürliche Slasher nach ein paar (immerhin kreativ arrangierten) Leichenfunden in der Scheune zum Besessenheitshorror wird. Das kommt zwar wie Kai aus der Kiste, macht den zu diesem Zeitpunkt eh schon an die Wand gefahrenen Film auch nicht mehr besser oder schlechter. Nach dem Showdown, den nicht alle überleben (wer die einschlägigen Vorbilder kennt, der kann sich ausrechnen, wen es trifft), gibt es dann das kurze Happy End inklusive der obligatorischen Andeutung, dass das Böse doch nicht ganz erledigt ist. Folgerichtig sollten dann in mehrjährigen Abständen auch noch drei Sequels folgen.

Ob die Fortsetzungen allerdings nötig waren, wenn man schon niemand den ersten Film brauchte, ist allerdings eine berechtigte Frage. „The Boogey Man“ verzichtet vollends auf innere Logik, schleppt sich ohne Tempo und Gespür für Dramaturgie daher, das Schauspiel ist laienhaft, die Inszenierung oft mäßig. Ein paar kreative Morde und ein Minimum an düsterer Atmosphäre sind die wenigen dürftigen Qualitäten, die „The Boogey Man“ aufzubieten hat, aber das war während des Slasher-Booms der 1980er echt nichts Besonderes.

Auf VHS war „The Boogey Man“ noch ab 18, mittlerweile ist die ungekürzte Fassung ab 16 Jahren freigegeben. So erschien er beispielsweise als Mediabook mit Blu-Ray und DVD von DigiDreams Studios, mit einem Audiokommentar von Ulli Lommel, ein Interview mit Ulli Lommel, Trailer und eine Bildergalerie als Bonusmaterial. Blu-ray und DVD sind auch einzeln zu haben. Streamen kann man den Film auch.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: DigiDreams Studios__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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