Originaltitel: El Hombre del saco__Herstellungsland: Spanien, Uruguay__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Ángel Gómez Hernández__Darsteller: Javier Botet, Iván Renedo, Claudia Placer, Lorca Gutiérrez Prada, Lucas Blas, Carla Tous, Guillermo Novillo, Macarena Gómez, Manolo Solo, Carlos González Morollón u.a. |
Die Familie von Krankenschwester Claudia zieht aus der Großstadt in das kleine Städtchen Gador. Hier hat Claudia, die nach dem Tod ihres Mannes alleine für die Erziehung der drei gemeinsamen Kinder verantwortlich zeichnet, nach langer Suche endlich Arbeit gefunden. Was sie und ihre kleine Familie nicht ahnen können: Gador ist eine vom Schicksal schwer gebeutelte Gemeinde. Immer wieder verschwinden hier Kinder. Im aktuellen Jahr sind es bereits fünf.
Zwar finden Claudias Kinder schnell Anschluss bei der ortsansässigen Jugend, doch sie müssen zugleich früh miterleben, wie einer ihrer neuen Freunde verschwindet. Die anderen Kinder der Stadt vermuten den Schwarzen Mann hinter den Taten. Dieser lebe in einem Anwesen, das über der Stadt auf einem Berg thront. Nicht bereit, ihren Freund herzugeben, beschließen Claudias Kinder mit ihrer Clique in das Haus einzusteigen.
Doch hier finden sie nicht etwa den Schwarzen Mann vor. Vielmehr haust hier Quino, ein Mann, der in den 1960er-Jahren beinahe selbst zum Opfer des Schwarzen Mannes geworden wäre. Seitdem verfolgt er dessen Tun aufs Genaueste. Als eines der Kinder von Claudia spurlos verschwindet, setzen dessen Geschwister und Freunde mit Quinos Hilfe alles auf eine Karte.
Schaut in den Horrorfilm hinein
Spanien und Uruguay interpretieren das erste Kapitel von „ES“ neu
„El hombre del saco“, wie die spanisch-uruguayische Koproduktion im Original heißt, erzählt die Mär vom Schwarzen Mann aus spanischer Sicht. Das Ergebnis erinnert, von leichten Variationen abgesehen, an das höchst erfolgreiche erste Kapitel der Stephen-King-Verfilmung „ES“ von Andrés Muschietti. Und das auf angenehm positive Weise.
Hier wie dort geht es um ein unheimliches Wesen, das in regelmäßigen Zeitintervallen auftaucht und vornehmlich junge Menschlein terrorisiert. Im Gegensatz zum Horrorclown nährt sich der Scharze Mann in „The Boogeyman – Origins“ zwar nicht von der Angst, dafür aber von den nicht so weit entfernten Schuldgefühlen seiner Opfer. Und sowohl in „ES“ als auch in seinem spanischen Wiedergänger sind es Kinder, die sich der unheimlichen Bedrohung stellen und sie auch als einzige als solche begreifen.
Positiv hervorheben muss man die hübsche Mythologie um die Filmkreatur. Auch das mit zunehmender Laufzeit immer mehr beschworene Schuld-und-Sühne-Konstrukt gefällt. Und dass ein Monster, das seine Opfer in Säcken entführt, selbst aus Sackleinen zu bestehen scheint, ist ein schön stimmiges Detail. Generell ist das Kreaturen-Design angenehm creepy geraten. Und mit Javier Botet („ES: Kapitel 2“) erweckt ein echter Könner seines Fachs das Monster zum CGI-freien Leben. Allgemein gefällt, dass in „The Boogeyman – Origins“ auf digitale Hilfsmittel weitgehend verzichtet wird.
Ein weiterer großer Pluspunkt des Filmes sind seine Kinderdarsteller. Die entwerfen trotz wenig Hintergrundinformationen zu ihren Charakteren glaubhafte Figuren, mit denen man durchaus mitfiebert. Zu deren Gunsten treten dann auch die versierteren Darsteller wie Macarena Gomez („Shrew’s Nest“) oder Manolo Solo („Pans Labyrinth“) uneitel in die zweite Reihe zurück. Leisten aber dennoch sauberen Support.
In technischer Hinsicht gefallen die atmosphärisch stimmigen, im weiteren Filmverlauf immer düsterer werdenden Bilder und die Entscheidung, den Film in gewisser Weise zeitlos anzulegen. Zwar werden in Dialogen schon einmal Namen wie Greta Thunberg erwähnt und ist eines der Kinder auf der Jagd nach Likes und Co. und hantiert wie selbstverständlich mit seinem Handy. Davon abgesehen fällt es jedoch schwer, das Ganze zeitlich zu verorten.
Manche Outfits gemahnen sehr an die 80er, die Abenteuerlust der Kids erinnert an Kinderfilmgroßtaten dieser Zeit, etwa „Die Goonies“, und die allgemeine Abwesenheit von Handys und ähnlichen modernen Devices verwundert stark. Hier mutet „The Boogeyman – Origins“ angenehm altmodisch an.
Wo der Film leider nicht so gut funktioniert, ist sein Spannungsteil. Der Schwarze Mann schlägt tatsächlich äußerst selten zu. Geschieht das, setzt Regisseur Ángel Gómez Hernández bei seinem insgesamt zweiten Langfilm vornehmlich auf Jump Scares statt auf eine bleibende, dichte Atmosphäre der Bedrohung. Infolgedessen packt einen der Film punktuell, lässt danach aber immer wieder zu leichtfertig locker. Erst im Showdown funktioniert die Spannungsdramaturgie besser, lotet aber gefühlt ihre Möglichkeiten niemals komplett aus.
Und eine spannend gemeinte Szene um einen Jungen und seine Schlafdecke versagt leider auf ganzer Linie. Wer da spätestens nach dem zweiten Durchlauf nicht schreiend aus dem Schlafzimmer rennt, muss wohl lebensmüder als ein Lemming sein. Bedenkt man dann noch, dass genau dieser Charakter direkt zuvor wahnsinnige Angst vor dem Schwarzen Mann geäußert hat, ist seine „Arschruhe“ gleich gar nicht mehr nachvollziehbar.
„The Boogeyman – Origins“ bietet solide Unterhaltung
In seinen besten Momenten fühlt man sich von „The Boogeyman – Origins“ immer wieder wohlig an den Horrorhit „ES“ oder an die Serie „Stranger Things“ erinnert. Hier geht viel zusammen. Überzeugende Kinderdarsteller treffen auf ein fies designtes Monster, das samt netter Mythologie und knalliger Jump Scares für den einen oder anderen Schauerabgang sorgt. Die Produktionswerte stimmen, die Bilder gefallen und das Erzähltempo verliert nie an Zug. Problematisch ist allerdings, dass der spanische Butzemann nicht wirklich Terror bringen will. Seine wenigen Attacken bringen zu wenig Spannung, geraten in Sachen Gewalt total harmlos und muten selbst im dichteren Showdown viel zu passiv an.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 28. März 2023 von der Busch Media Group. Für die ungeschnittene Fassung wurde eine FSK 16 Freigabe beantragt.
In diesem Sinne:
freeman
Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Busch Media Group__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja |