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The Devil’s Backbone

Originaltitel: El Espinazo del Diablo__Herstellungsland: Argentinien / Frankreich / Mexiko / Spanien__Erscheinungsjahr: 2001__Regie: Benicio del Toro__Darsteller: Eduardo Noriega, Marisa Paredes, Federico Luppi, Íñigo Garcés, Fernando Tielve, Irene Visedo, Berta Ojea, Francisco Maestre, José Manuel Lorenzo, Junio Valverde u.a.

The Devil's Backbone

The Devil's Backbone

Mediabook Cover B

Meine Erstsichtung von „The Devil’s Backbone“ im Rahmen der alten Kinowelt-DVD liegt nun 14 Jahre zurück. Das Schwesterwerk „Pan’s Labyrinth“, das heute als mit Abstand wichtigste Errungenschaft Guillermo del Toros gilt, existierte damals noch nicht. Der internationale Ruf des Regisseurs fußte vor allem auf dem US-Debüt „Mimic“ und der ersten Fortsetzung der Comicverfilmung „Blade“, auf zwei tendenziell kommerziellen Arbeiten also, denen man die Faszination des mexikanischen Regisseurs für das Morbide zwar ansah, ebenso allerdings ihre Modifikation für den Mainstream.

Kommt man auf den spanisch-mexikanischen Geisterfilm zu sprechen, den del Toro zwischen diesen Filmen drehte, ist von höherer kreativer Unabhängigkeit auszugehen, leider damit verknüpft auch von einem geringeren Bekanntheitsgrad. Selbst heute noch dürfte „The Devil’s Backbone“ verglichen mit den US-Werken den weniger klangvollen Namen haben.

Auffällig ist es dabei, wie stark del Toro zu Beginn seiner Karriere zwischen den Märkten pendelte. Es ist ungewöhnlich, wenn ein Regisseur über einen Zeitraum von elf Jahren im Wechsel immer wieder Filme in der Heimat und in Hollywood dreht. Von „Cronos“ (1993) bis „Pan’s Labyrinth“ (2006) entstanden jeweils drei spanisch- und drei englischsprachige Filme. Ein Zeugnis davon, dass der als Träumer mit eigenem Kopf bekannte Filmemacher haderte mit den neuen Freiheiten und Einschränkungen, die sich ihm boten. Die Freiheit würde darin liegen, dass er seine lebhaften Visionen des Phantastischen, inspiriert von Universals Schwarzweiß-Horror-Ikonen und anderen Kreaturen aus klassischen Horrorfilmen, mit hohem Budget so bildgewaltig wie möglich umsetzen könnte. Die Einschränkung andererseits läge in der sehr denkbaren Möglichkeit verborgen, die Kontrolle über sein Schaffen zu verlieren, von der Hollywood-Systematik assimiliert zu werden und die Persönlichkeit als Filmemacher aufs Spiel zu setzen.

In Pedro Almodóvar, selbst ebenfalls Regisseur, war ein Produzent gefunden, der für den Wunsch nach kreativer Kontrolle Verständnis aufbringen konnte. Anders als der Regisseur Almodóvar war der Regisseur del Toro aber ohnehin nie allzu weit vom Mainstream entfernt, wie insbesondere spätere Arbeiten („Hellboy“, „Pacific Rim“) bewiesen. Bob Weinstein hätte also vielleicht nie direkten Einfluss auf die kreativen Entscheidungen am Set von „Mimic“ nehmen müssen, um trotzdem einen publikumstauglichen Film zu bekommen.

Schaut in den HD-Trailer zu “The Devil’s Backbone” hinein

httpv://www.youtube.com/watch?v=dKPHr5bEgeg

Auch „The Devil’s Backbone“, obgleich der wohl intimste Film aus del Toros Filmografie, fällt trotz der sperrig wirkenden Synopsis um ein abgelegenes Waisenhaus während des spanischen Bürgerkriegs der 30er Jahre im Grunde relativ zugänglich aus. Die Story könnte man beinahe als konventionell bezeichnen; darüber hinaus passte der gewählte Stoff in einen Trend, der zu jener Zeit um sich griff, denn Geisterfilme waren angesagt. „The Sixth Sense“ versetzte das Publikum Ende der 90er Jahre in Aufruhr und alles, was sich in den folgenden fünf bis zehn Jahren auch nur annähernd um Geister drehte, musste sich an Shyamalans Sensationsdebüt messen lassen. Hinzu kam ausgerechnet ein gewaltiges Nachbeben durch die spanisch-amerikanische Co-Produktion „The Others“ (2001) von Alejandro Amenábar. Auch ich kam in meiner damaligen ofdb-Kritik um Vergleiche dieser Art nicht herum und sprach del Toros Geisterdrama damit indirekt die Fähigkeit ab, auf eigenen Füßen zu stehen – ein Irrtum, bewies doch spätestens „Pan’s Labyrinth“, dass schon hier der Grundstein gelegt wurde für einen ganz eigenen Pfad.

Zu rehabilitieren ist an dieser Stelle vor allem der durchaus gelungene metaphorische Umgang mit dem Kriegsthema. Es ist nicht nur der Geist eines ermordeten Kindes, der durch die Gemäuer weht, sondern vor allem der Geist des Grauens, das sich am Horizont ereignet. Die Passivität, mit welcher sich die politische Situation des Landes auf den abgeschirmten Ort der Handlung niederlegt, repräsentiert von einer Bombe, die als Blindgänger wie ein Mahnmal im Boden des Außenhofs steckt und dabei die instabile Haltung eines Damoklesschwertes annimmt, das erinnert fast schon an die Filme Ingmar Bergmans, in denen vage Phantome des Krieges sich in der Stille schwedischer Landschaft niederließen und die Ruhe beinahe ebenso sehr an den Nerven zerrte wie die Hölle auf dem Schlachtfeld. Konsequent aus kindlicher Perspektive erzählt, sind es nur aus dem gesellschaftspolitischen Kontext gerissene Eindrücke, die sich jedoch mit Prägnanz ins Gehirn brennen – jene Art von Sinneseindrücken, von denen Zeitzeugen stets berichten, wenn sie sich an ihre Jugend erinnern. Während die Waisen auf dem Hof Waren austauschen, das Überleben in der Gruppe lernen und die Welt ohne elterlichen Schutz meistern müssen, registrieren sie möglicherweise unterbewusst die Gründe für ihre Lage. Man zeigt ihnen Embryos in Gläsern, sie hören Schüsse in der Nacht oder beginnen langsam, das Verhalten ihres Aufsehers zu interpretieren. Die einzigen Autoritäten, die sie kennen, sind einzelne Repräsentanten der Liberalen, Rebellen und Putschisten, die nicht allzu weit weg von ihnen ihren Kampf austragen. Die Ödnis vor den Toren der Einrichtung, die del Toro in den Tagszenen so kahl wirken lässt wie die Schauplätze eines Spaghettiwesterns und so fiebrig wie die Wüste aus der Perspektive eines Verdurstenden, tragen das Echo verschwommen in die abgelegene Bastion. Auch das ist der Geist des Films.

Auf Suspense-Ebene hingegen bleiben die meisten Kritikpunkte von damals bestehen. Die in einer Mischung aus praktischen Effekten, Make-Up und digitaler Unterstützung zusammengesetzten Spezialeffekte rund um den Geist können sich auch 17 Jahre nach ihrer Entstehung noch sehen lassen und verleihen der aufgedunsenen Entität mit schwarzer Iris, blutendem Loch im Kopf und einer Aura aus Wasserpartikeln eine unheimliche Außenerscheinung – allerdings wird diese nur allzu selten wirklich effektiv eingesetzt. Dass der Heimsuchende nur auf sein Leiden aufmerksam machen will und der Hauptfigur eigentlich freundlich gesonnen ist, war auch vor „The Sixth Sense“ schon ein Klischee, dem „The Devil’s Backbone“ keinerlei Variation geben kann. Selbst bevor man die Absichten des Besuchers kennt, stellt sich nur selten Gänsehaut ein. Die sanfte und bisweilen auch introvertierte Erzählweise kommt dem Film in diesen Passagen nicht unbedingt zugute, so dass insgesamt der Eindruck eines trägen Erzählstils besteht, der mehr Dynamik hätte vertragen können, ohne deswegen gleich ins Effekthascherische zu gleiten.

Am Schauspiel liegt das nicht. Hervorhebenswert ist ohne Frage die Regie speziell im Umgang mit den Kinderdarstellern, die den Film ungemein mit spontan wirkenden, authentischen Reaktionen bereichern, wenn es um die Art und Weise geht, welche Wege beschritten oder welche Dinge gesagt werden. Carlos-Darsteller Fernando Tielve, der inzwischen eine echte Filmkarriere eingeschlagen hat, kämpft allenfalls mit den allzu emotionalen Momenten, versprüht sonst aber viel Natürlichkeit, gerade wenn er mit Íñigo Garcés interagiert, der als typischer Kinderanführer beginnt, durch den gutmütigen Charakter des „Neuen“ allerdings eine Wendung erfährt. Sehr stark ist weiterhin Eduardo Noriega („Tesis“), dessen jungenhaftes Äußeres im idealen Kontrast stehen zu den unterdrückten faschistischen Charakterzügen seiner Figur, die in abrupten Gewaltentladungen ihr Ventil finden.

Man kann die Zurückhaltung in Sachen Genre-Kino nun konsequent finden, weil die Schwerpunkte damit auf die leisen Zwischentöne eines Melodrams gelegt werden. Man kann aber auch der Meinung sein, ein offensiverer Einsatz von Horror-Elementen hätte die Intensität erhöhen und die metaphorischen Subtexte unterstreichen können.

6 von 10

Informationen zur Veröffentlichung von “The Devil’s Backbone”

Was Wicked-Vision mit der Nummer 15 ihrer „Limited Collector’s Edition“-Reihe abliefern, ist in einem Atemzug mit „Die Brut“ zu nennen, der Referenz-Veröffentlichung ihres Katalogs.

The Devil's Backbone

Unser Serviervorschlag (cooles Streberoutfit nicht im Lieferumfang enthalten)

Die Ähnlichkeiten beginnen schon bei der Umverpackung. Zwei je auf 777 Stück limitierte Mediabook-Varianten stehen zur Auswahl, beide mit vorzüglichen Artworks. Cover A wurde lizensiert und stammt von Simon Sherry, das zur Besprechung vorliegende Cover B wurde von Sarah Deck exklusiv für diese Veröffentlichung angefertigt. Wie üblich liegt ein Deckblatt mit FSK-Logo, Banderole etc. lose auf, so dass das eigentliche Artwork auf dem Mediabook voll zur Geltung kommen kann. Das komplett fleischfarbene Cover B mag ein wenig wie Spongebobs gruseliger Zwillingsbruder anmuten (“SpongeBob Scarepants”?), sieht in Natura aber mit seinem diesmal matten Druck verdammt gut aus. Es trifft die Stimmung des Films, der gerade bei den Geistererscheinungen gerne mit Wechseln von der Totalen in den Close-Up spielt, ebenso sehr wie das dezentere schwarze Artwork mit der Bombe im Hintergrund. Wie bei „Die Brut“ gibt es diesmal sogar noch ein Hochglanzfinish mit UV-Lack, der dezent für den Schriftzug (Front, Spine), das Wicked-Logo (Spine), die Credits und Screenshots (Backcover) eingesetzt wurde. Cover A soll dem Hörensagen nach sogar noch eine besondere Behandlung bei der Lackierung der Rückseite erfahren haben.

The Devil's Backbone

Guillermo del Toro über die Enstehung seiner dritten Regiearbeit “The Devil’s Backbone”

Innen wartet ein Booklet mit 24-seitigem Umfang, dessen Deckblatt ungefähr dem Cover der alten Kinowelt-Erstauflage entspricht (hier mit spanischem Originaltitel). Tobias Hohmann liefert einen Einblick in die bisweilen sehr wechselhaft verlaufende, von beruflichen wie persönlichen Schicksalsschlägen erschwerte frühe Karriere, um schließlich in einer Analyse auf einige der Qualitäten des Hauptfilms einzugehen. Eingebunden wurden auch zwei Artworks anderer Arbeiten des Regisseurs („Cronos“, „Mimic“). So etwas sieht man oft, wenn Booklet-Seiten wegen Textmangel notdürftig gefüllt werden müssen, hier unterstützt es allerdings die jeweiligen Textabschnitte, die sich in diesem Moment auf die besagten Filme beziehen.

Der Hauptfilm ist auf Blu-ray in 1:85:1 (1080p) mit DTS-HD Master Audio 5.1 (Deutsch, Spanisch) bzw. 2.0 (Spanisch) enthalten; außerdem auf DVD in 1,85:1 anamorph und DD 5.1 bzw. 2.0. Bild- und Tonqualität sind oberste Klasse. Gerade farblich macht die Scheibe eine verdammt gute Figur. Die Kontraste zwischen den grellen Farben der Wüste bei Tag und dem nächtlichen Hauptakt kommen hervorragend zur Geltung. Dazu gesellt sich eine satte Schärfe. Verschmutzungen oder Artefakte sind praktisch nicht auszumachen.
Der Fünfkanalton spielt seine Stärken vor allem in der Bereitstellung einer stimmungsvollen Umgebungsatmosphäre aus. Wenn Wind und Regen aus den Rear Speakern ertönen, steht man selbst schutzlos in der Mitte des Hofes und hält Ausschau nach Geistern, was das Eintauchen in die Geschichte optimal unterstützt.

The Devil's Backbone

Die Extras geben einen Einblick in die verschiedenen Produktionsstadien des Films

Auch Bonusmaterial-Fans kommen voll auf ihre Kosten. Auf der Blu-ray sind sämtliche Extras enthalten, die schon Kinowelt an Bord hatte, plus diverse weitere, die offenbar zum Teil von der US-Criterion-Collection aus dem Jahr 2015 übernommen wurden. Insgesamt kommt man auf eine Gesamtlaufzeit von 135 Minuten – abzüglich der beiden Audiokommentare von Guillermo del Toro bzw. Kai Naumann und Marcus Stiglegger, die noch oben drauf kommen. Alle Extras sind auch auf DVD verfügbar, wegen der schieren Masse musste man diese aber auf eine zweite DVD auslagern, so dass es nun wie schon bei „Die Brut“ insgesamt drei Discs ins Innere des Mediabooks geschafft haben. Einige der Making-Ofs und Interviews sind reines Werbematerial, vor allem aber bei den in Deutschland bisher unveröffentlichten Extras finden sich spannende Einsichten aus der Retrospektive bezüglich der Drehumstände. Zusätzlich erfährt man viel über den Bau der Kulissen und vor allem die Realisierung der Spezialeffekte, die in einem eigenen Special Frame für Frame nachvollziehbar gemacht werden. Ebenfalls kommen die Storyboards in zwei Slideshows zur Geltung. Auch Deleted Scenes sind mit an Bord, auf Wunsch mit Kommentar des Regisseurs. Zur Abrundung gibt’s dann noch Bildergalerien und Trailer.

Der Hauptfilm und die spanisch-sprachigen Extras sind komplett mit deutschen und englischen Untertiteln abrufbar. Für englische Extras wurden deutsche Untertitel angefertigt.

Macht unter dem Strich ein Produkt, das dem Film von der Verpackung über die Präsentation bis in die Extras hinein alle Ehre macht. Kann man sich getrost in die Ahnenreihe direkt neben „Pan’s Labyrinth“ stellen.

Sascha Ganser (Vince)

Bildergalerie von “The Devil’s Backbone”

The Devil's Backbone

No Turning Back: Die Location bezieht einen großen Teil ihrer Atmosphäre aus dem Nichts, von dem sie umgeben ist.

The Devil's Backbone

Ein wichtiger Teil von del Toros Arbeit am Set war der einfühlsame Umgang mit den Kinderdarstellern, die den Hauptanteil im Cast ausmachen.

The Devil's Backbone

Eduardo Noriega als junger Gigolo.

The Devil's Backbone

Der Geist bringt Neuzugang Carlos (Fernando Tielve) erstmals auf seine Fährte.

The Devil's Backbone

Del Toros Faszination für das Morbide schlägt sich einmal mehr in der Ausstattung nieder.

The Devil's Backbone

Die Blindgänger-Bombe im Hof als Metapher für die Omnipräsenz des Krieges.

The Devil's Backbone

Das Madrider Umland zeigt sich von einer Seite, die jedem Western gut stünde.

The Devil's Backbone

Schlüssellöcher sollten in jedem Horrorfilm bekanntermaßen gemieden werden.

The Devil's Backbone

Jawoll, liebe Actionfreunde, gegen Ende macht’s in dem ansonsten betont ruhigen Film einmal sogar Krawumms.

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Final Round… Get Ready… Fight!

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