Originaltitel: Expend4bles__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Scott Waugh__Drehbuch: Kurt Wimmer u.a.__Darsteller: Jason Statham, Sylvester Stallone, 50 Cent, Megan Fox, Dolph Lundgren, Tony Jaa, Iko Uwais, Randy Couture, Jacob Scipio, Levy Tran, Andy Garcia, Mike Möller u.a. |
Als „The Expendables“ 2010 in die Kinos kam, wurde der feuchte Traum zahlloser Actionfans (ja, damals waren wir noch viele) wahr. Die größten Heroen des Genres wurden für einen Film zusammengewürfelt und zeigten auf, warum Actionfans ihr Genre so lieben. Die Fortsetzung aus dem Jahr 2012 perfektionierte die Erfolgsformel und bot von allem mehr: Mehr Action, mehr Altstars, mehr Gewalt. Prinzipiell schien klar, wie es für das Franchise weitergehen sollte.
Doch 2014 gab es eine Zäsur. „The Expendables 3“ richtete sich plötzlich an eine viel jüngere Zielgruppe und fuhr dementsprechend nicht nur weniger Gewalt sondern auch mehr recht junge Gesichter auf. Aus finanzieller Sicht war dieser PG-13-Ansatz durchaus nachvollziehbar, er vergrätzte allerdings manchen Fan und legte aus verschiedenen Gründen einen mittleren Bauchklatscher an den Kassen hin. Geht man nach den aktuellen Einspielzahlen für „The Expendables 4“, hat sich das Franchise von diesem Schlenker nicht erholt. Dabei versprach Teil 4, der ultramodern auch als „Expend4bles“ zu haben ist, eine Rolle rückwärts.
Die Rolle rückwärts zu alten Tugenden mit erhöhtem Bodycount und saftigerer Action sowie weniger Jungspunden. Das wurde in gewisser Weise auch eingehalten. Leider reichte es nicht für eine Kursumkehr an den Kassen. Worum geht es im neuesten Abenteuer von Barney und Co.? Aus Gründen der Spoilerfreiheit will ich mal nur die gröbsten Handlungselemente umreißen.
Schaut in den Actionfilm hinein
Action mit Sylvester Stallone, Jason Statham, Dolph Lundgren, Iko Uwais und Tony Jaa
In Libyen geht ein Einsatz der Expendables furchtbar schief. Die Zünder von Atomsprengköpfen, die nicht in die falschen Hände geraten durften, geraten in die falschen Hände. Lump Rahmat will sie auf Atomraketen schrauben, um damit den dritten Weltkrieg auszulösen. Natürlich können das unsere Lieblingsactionoldies nicht zulassen. Erweitert um neue Gesichter starten sie die Jagd auf Rahmat und dessen sinisteren Hintermann Ozelot.
„The Expendables 4“ startet in seine Story, wie es sich gehört: Fette Feuerbälle steigen gen Himmel, namen- und gesichtslose Typen beißen ins Gras und das Blut spritzt. Doch es sind nicht Barney, Christmas und Co., die hier kurz vor Weihnachten die Lichter anmachen, es sind die Henchmen von Rahmat. Parallel montiert, erleben wir Szenen zwischen Christmas und Barney, die in good ol’ Amerika Sachen tun, die echte Kerle halt so tun. Also Typen vermöbeln, sich gegenseitig anfrotzeln und Männerrituale abfeiern.
Immer wieder wird zu dem anfänglichen Rambazamba in Libyen zurückgeschnitten. Dabei nähert sich die Parallelmontage der beiden „Storystränge“ zeitlich immer mehr an und wer zu Beginn noch traurig war, dass die Expendables in der ersten fetten Actionszene gar nicht mitmischen, der darf sich am Ende doch noch freuen. Denn NATÜRLICH stoßen die Experten rund um Barney noch zum Schauplatz des Geschehens und sorgen für nur noch mehr Action. Ein Fest!
Im Finale der ersten großen Actionszene zünden die Drehbuchautoren um Kurt Wimmer („Equilibrium“) ihren großen Coup, der leider von Regisseur Scott Waugh („Act of Valor“) zu unemotional und beiläufig abgeschossen wird, um wirklich zu verfangen. Auch der damit einhergehende Splitt der Expendables in Christmas auf der einen Seite und alle anderen auf der anderen Seite, haut nicht rein, wie er es müsste. Soll heißen: Man ist in der nachfolgenden Story nicht so involviert, wie es sein müsste.
Andererseits bekommt man auf diesem Wege eine astreine Jason-Statham-Man-on-a-Mission-Soloshow, die wiederum genug Spaß macht, um hinzunehmen, dass das Drehbuch nicht hunderprozentig funktioniert. Zudem wird so die vielfach im Internet kolportierte Staffelstab-Übergabe von Sylvester Stallone („Rambo“) an Jason Statham („Operation Fortune“) angeschoben. Und wer Jason Statham und seine Filme mag, der wird fortan topp bedient.
Denn während die verbliebenen Männer unter Führung von Neuzugang Andy Garcia („Cash Truck“) aufbrechen, um Rahmat in die Suppe zu spucken, sucht sich Christmas seinen eigenen Weg zu dem Lump. Dabei liest er nebenbei Tony Jaa („Triple Threat“) auf. Nahezu zeitgleich landen beide auf dem Schauplatz der zweiten großen Actionszene. Diese wird nun in zahllosen kleineren Actionsetpieces gereicht und stellt zugleich den insgesamt ellenlangen Showdown dar.
Fortan metzeln sich Jaa und Statham durch einen gewaltig dimensionierten Flugzeugträger und kicken und ballern jeden um, der irgendwie feindlich gesinnt wirkt. Das Blut spritzt, die Messer werden herzhaft durch menschliche Leiber gezogen und allenthalben alle paar Minuten explodieren große Sachen auf dem gewaltigen Schiff. Parallel dürfen auch die verbliebenen Expendables amtlich auf dem Flugzeugträger aufräumen und für nur noch mehr Augenfutter sorgen.
Irgendwann findet dann sogar eine Motorradverfolgungsjagd in und auf dem Flugzeugträger statt. Wer das schonmal gesehen hat, der hebe bitte jetzt die Hand. Und während bei der ersten großen Actionszene in Libyen hier und da der Computereinsatz deutlich zu bemerken war und vor allem ein paar Rückprojektionen so gar nicht funktionierten, wird der Showdown weitgehend als klassisch handgemachte Action gereicht. Selbst die Motorradverfolgungsjagd wirkt rundweg echt.
Leider ballen sich dann in den letzten Minuten ein paar CGI-Effekte zu viel. Diese sehen bei Weitem nicht so übel aus, wie im Internet aktuell herumgeheult wird. Vor allem im Vergleich zu den Tricks aktueller Großproduktionen wie den gruseligen „The Flash“ ist das hier Gebotene nahezu preisverdächtig. Gerade der finale Big Bang ist wundervoll infernalisch – wenngleich auch nicht sonderlich logisch. Wer die letzten Millennium-Produktionen im Actionumfeld gesehen hat, der weiß, was ihn hier qualitativ erwartet. Perfektion geht anders. Richtig schlecht aber auch.
Regisseur Scott Waugh und sein Regisseur der Second Unit Brian Smrz („24 Hours to Live“) haben die Action von „The Expendables 4“ weitgehend im Griff. Echte Ausreißer gibt es leider rund um die Martial Artists im Film. Iko Uwais („The Raid“), Tony Jaa und der deutsche Kampffloh Mike Möller („Atomic Eden“) werden vom Film leider reichlich verschenkt. Mike Möller hat tatsächlich nur eine Sprechrolle!!! abbekommen und muss für einen derb zynischen Witz herhalten.
Iko Uwais ist als Bösewicht leider null bedrohlich und aufgrund der bloßen verbalen Erwähnung des Hintermannes Ozelot vollkommen kastriert in seinem Oberfieswichttum. Man nimmt ihn sehr schnell nur als Zwischengegner wahr und zu mehr reicht es dann auch nicht. Ein einziger Fight gegen Jason Statham rockt, kommt Uwais in seiner Inszenierung als Mischmasch aus lauter zu nahen Halbtotalen mit vielen Schnitten aber so gar nicht entgegen.
Die vollkommene Ausrichtung der Action auf Statham bekommt auch Tony Jaa hart zu spüren. Seine Rolle des Fighters, der aus Gründen nicht mehr fighten will, ist das pure Klischee und für die Story schneller egal, als man Tony Jaa sagen kann. Jaa darf dafür zwar immer mal wieder metzeln und kicken, seine Trademark-Moves bleiben aber weitgehend außen vor und seinen großen Finalfight muss er sich auch noch mit der total luschigen Levy Tran („The First Purge“) teilen, die mit ihm gegen einen Henchman Uwais kämpft. Zumindest der wird so zum Tier elevated, das er aber gar nicht ist. Und auch hier findet Waugh keinen rechten Zugriff auf wirklich geile Momente.
Apropos Levy Tran: Wie ihr geht es den meisten neuen Gesichtern im Film. Sie tauchen einfach irgendwann auf, irgendwer sagt in einem Nebensatz irgendetwas über ihre fantastischen Fähigkeiten und das wars. Man erfährt tatsächlich nichts über Levy Trans Nash, 50 Cents („Escape Plan 2: Hades“) Easy oder Megan Fox’ („Rogue Hunter“) Gina. Fox’ Figur hat zudem ein paar sehr nervige Momente abbekommen, die wohl eine taffe Frauenfigur zur Folge haben sollen, aber arg bemüht und eben nervig wirken. Andy Garcias Marsh ist irgendwie mit der CIA verbandelt und Jacob Scipio („Bad Boys for Life“) soll als Galan der Sohn von Antonio Banderas’ Figur aus dem Vorgänger sein.
Klar, „The Expendables 4“ bleibt so unerhört flott getaktet und hat mit 103 Minuten keinerlei Sekunde zu viel auf der Uhr, aber so richtig ernst gemeint kann das Figureninterieur doch eigentlich nicht sein.
Die alten Recken ziehen derweil ihren Stiefel durch. Dolph Lundgren („Aquaman“) hält für die offensivsten und besten In-Team-Gags das üppig blond bewachsene Haupt hin. Seine Scharfschützenschwäche ist ein riesiger Knaller. Randy Couture („The Hard Way“) ist wie in den Vorgängerfilmen eben auch da. Und Sylvester Stallone und Jason Statham haben auch trotz geringer gemeinsamer Screentime einfach eine irre Chemie. Und dass ein Jason Statham einen Actioner mühelos tragen kann, dafür brauchte es nun wahrlich keine Beweise.
In optischer Hinsicht sieht „The Expendables 4“ sehr ordentlich aus. Das Setting in Libyen sorgt für viele sonnengeflutete Bilder. Die gewaltige Industrieanlage, die hier bespielt wird, fetzt und wird in Teilen ordentlich zerstört. Und auch das zweite Hauptsetting macht viel Laune. Ab sofort wirkt der Film natürlich ein wenig räudig, aber zum einen wird der Flugzeugträger als abgerissenes Wrack eingeführt und zum anderen macht es auch keinen Sinn, Terroristen mit neuem Flugzeugträger zu präsentieren. Wo sollen die den denn her haben? Und abgesehen von „Project Wolf Hunting“ und „Alarmstufe Rot“ fallen mir keine Filme ein, in denen ein Schiffssetting so ausführlich und umfangreich in einem Actionfilm bespielt UND zerstört wurde. Da gibt es nichts zu meckern. Zudem wusste mir der angenehm wuchtige und sich sehr frisch anfühlende Score von Guillaume Roussel sehr zu gefallen.
„The Expendables 4“ macht Laune
In den Weiten des Internets zieht „The Expendables 4“ von zahllosen Filmexperten viel Ungemach auf sich. Und ich kann euch nur eines raten: Schaut/Lest euch einige dieser Kritiken durch und geht hernach ins Kino. Ihr werdet immer wieder bemerken, wie ihr bei euch denkt: So schlecht ist das doch gar nicht? Was haben die nur? Haben die schon die Vorgänger nicht verstanden? Hat denen einer der zahllosen bekannten Gesichter mal ein Eis geklaut? Also zumindest bei mir hat diese Taktik hervorragend funktioniert und ich fühlte mich im Kino und auch im Nachgang vom neuesten Abenteuer von Sylvester Stallone und Co. sehr gut unterhalten.
Dabei bin ich mir der Problemherde durchaus bewusst. Natürlich hätte man die neuen Figuren besser einführen können und müssen. Der Coup des Filmes hätte gerne besser inszeniert werden dürfen. Allgemein hätte etwas weniger Vorhersehbarkeit dem Actioner und seinen beabsichtigten überraschenden Entwicklungen nicht geschadet. Sylvester Stallone fehlt und ein paar Milliönchen mehr für Effekte über dem Millennium-Standard hätte ich auch gut gefunden. Und natürlich muss ich nicht Iko Uwais und Tony Jaa für einen Film verpflichten, wenn ich letztlich nicht zeigen will oder kann, was die auf dem Kasten haben.
Doch trotz allem macht „The Expendables 4“ Laune. Die Gags funktionieren, die Action kracht, die Schlagzahl ist hoch, der Bodycount ebenso und last but not least wird all das brutal kurzweilig gereicht. Kurzum: „The Expendables 4“ ist witziges Auf-die-Fresse-Kino, das auch niemals vorgibt, mehr als das sein zu wollen. Und das schmeckt euch eben, oder eben nicht.
Der Film ist seit dem 21. September 2023 in den deutschen Kinos zu sehen. Den Verleih hat LEONINE übernommen und die FSK hat dem Film eine Freigabe ab 18 erteilt.
In diesem Sinne:
freeman
Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: LEONINE__Freigabe: FSK 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, seit 21.09.2023 im Kino |