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The Forever Purge

„The Forever Purge“ entwirft ein Szenario, in dem die Fanatiker nach der Purge-Nacht nicht aufhören, sondern gegen staatlichen Widerstand weiter morden. Der fünfte Teil betrachtet das Geschehen im ländlichen Texas, wo Faschisten und Fremdenhasser vor allem Immigranten auslöschen wollen. Der Survival-Actionhorror schließt an aktuelle politische Diskurse an und wurde erneut von Michael Bay und Blumhouse produziert.

Originaltitel: The Forever Purge__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: Everardo Gout__Produktion: Michael Bay, Jason Blum, Brad Fuller u.a.__Darsteller: Ana de la Reguera, Tenoch Huerta, Josh Lucas, Will Patton, Cassidy Freeman, Leven Rambin, Alejandro Edda, Will Brittain, Sammi Rotibi, Gregory Zaragoza u.a.
The Forever Purge

Im fünften “Purge”-Film “The Forever Purge”, erneut von Jason Blum und Michael Bay produziert, hört das Schlachten nach der Purge-Nacht nicht auf

Ein häufiger Kritikpunkt von Menschen, die schon das Szenario der „The Purge“-Reihe als unglaubwürdig ablehnen, ist die Frage danach, warum eine Purge-Nacht nach zwölf Stunden vorbei sein sollte und die enthemmten Schlächter nicht einfach weitermachen. In „The Forever Purge“ nimmt sich Serienschöpfer James DeMonaco genau dieser Thematik an, in der Kapazität als Drehbuchautor und Produzent.

Das erneut von Blumhouse („Freaky“) und Michael Bay („Songbird“) mit seiner Produktionsfirma Platinum Dunes produzierte Sequel spielt einige Jahre nach „The Purge: Election Year“, an dessen Ende die neue gewählte Präsidentin das Treiben abgeschafft hatte. In „The Forever Purge“ ist die rechte Partei der New Founding Fathers of America (NFFA) erneut an die Macht gekommen und hat das Konzept wieder eingeführt. Einmal im Jahr sind für zwölf Stunden einer Nacht alle Verbrechen erlaubt. Die Problematik, welche die NFFA erneut an die Macht brachte: In den USA wird Stimmung gegen (illegale) Einwanderung gemacht, die trotz Grenzwall und Abschottung des Landes immer noch reichlich stattfindet. Damit verschiebt sich auch der Fokus: Ging es im Prequel „The First Purge“ vor allem um die Sicht der schwarzen Bevölkerung, ist nun die Latino-Perspektive mit entscheidend.

Verkörpert wird diese in erster Linie durch das Paar Adela (Ana de la Reguera) und Juan (Tenoch Huerta), die in der Auftaktszene über die Grenze kommen und zehn Monate später Arbeit gefunden haben: Adela in einem Lebensmittelhandel, Juan als Cowboy auf der Ranch von Caleb Tucker (Will Patton), wo er als Pferdeflüsterer deluxe den Neid von Calebs Sohn Dylan (Josh Lucas) und den Respekt des alten Mannes auf sich zieht. Die Purge-Nacht steht wieder kurz bevor und es zeigt sich bereits, dass Fremdenhasser und Faschisten vor allem Jagd auf jene machen wollen, die nicht ihrem Ideal des reinrassigen Amerikas entsprechen. Doch die Nacht, die in jedem anderen Purge-Film die Spielwiese für den Überlebenskampf war, wird hier vergleichsweise schnell abgehandelt, mit ein paar Erschrecker-Momenten und ein paar Einblicken in die Grausamkeit der Fanatiker gegenüber all jenen, die sich nicht wie Adela und Juan oder die Tucker-Familie sicher verbarrikadieren konnten.

Doch am nächsten Morgen machen die Mordbrenner einfach weiter, wie sowohl die Zivilbevölkerung als auch die Behörden erschreckt feststellen müssen. Während dies im ganzen Land bürgerkriegsähnliche Zustände annimmt, suchen die Adela, Juan und die Tuckers nach einem rettenden Hafen, um die ewige Purge, wie die Fanatiker ihren Kreuzzug nennen, zu überstehen…

httpv://www.youtube.com/watch?v=XJgmPNp2ehw

Nicht nur das Szenario der „ewigen“ Purge ist neu, auch sonst nimmt „The Forever Purge“ wieder ein paar Änderungen am Konzept vor: Nach den urbanen Vorgängern geht es ins ländliche Texas, inklusive Westernanleihen und Beleuchtung der Beziehungen zwischen weißen Amerikanern, Latinos, Mexikanern und Indianern im Grenzgebiet. Nun waren schon die Vorgänger als politische Statements nicht unbedingt subtil, „The Forever Purge“ ist es noch weniger: Es gibt frustrierte Weiße, die neben Ausländern vor allem „die da oben“ als Hassobjekte ansehen, „denen man es mal so richtig zeigen muss“, es gibt die rechtschaffenen Weißen, die längst erkannt haben, dass der Fehler im System liegt, es gibt die Immigranten, die einfach nur durchkommen wollen und schlecht bezahlte Jobs machen, und es gibt rassistische Fanatiker, die angesichts der aufgeheizten Stimmung Oberwasser bekommen und ihre Chancen nutzen. Auch der Gag, dass Kanada und Mexiko ihre Grenzen für US-Flüchtlinge aufmachen, wurde schon in Filmen wie „The Day After Tomorrow“ etwas subtiler untergebracht. Andrerseits muss man zugeben: „The Forever Purge“, der eigentlich schon 2020 (und damit vor der Präsidentenwahl und dem Sturm auf das Capitol) erscheinen sollte, fängt die Stimmung im Lande gut ein, treibt sie ins Extrem und funktioniert als Parabel darauf, was passiert, wenn politische Kräfte aus Opportunismus mit Fanatikern paktieren oder diesen nach dem Mund reden – sie erschaffen eine Bestie, die sie nachher nicht mehr einfangen können. Insofern ist „The Forever“ durchaus treffend, aber ziemlich offensichtlich und bisweilen etwas platt in seiner Message.

Vor allem aber zeichnet sich der Film mal wieder als jene Melange aus Action-, Horror- und Survivalelementen aus, die schon in den Vorgängern funktionierte. Die zeitliche und räumliche Verdichtung der vorigen Teile, die spannungssteigernd wirkte, fällt leider weg, auch wenn „The Forever Purge“ dies teilweise dadurch kompensieren kann, dass die Bedrohung weitreichender ist: Einfach nur zwölf Stunden zu überleben reicht nicht mehr aus. So finden sich Road-Movie- und dezente Endzeit-Elemente in dem Film, wenn sich das kleine Grüppchen durch die gesetzlosen Lande schlägt, in denen überall Feinde lauern könnten. Noch dazu spielt der Film mit Spannungen in der Gruppe, vor allem der Frage, ob Dylans Antipathien gegen Juan in Gewalt umschlagen oder sie sich zusammenraufen werden. Die Truppe ist auch recht markig gezeichnet und fast durchweg sympathisch, weshalb es immer ein Verlust ist, wenn einer davon aus dem Leben scheidet, auch wenn „The Forever Purge“ mit seinen Hauptcharakteren etwas schonender umgeht als mancher seiner Vorgänger.

Everardo Gout, der zuvor Episoden von TV-Serien wie „Banshee“, „Luke Cage“ und „Snowpiercer“ inszenierte, setzt in seinem ersten Kinofilm auf ein hohes Tempo, in dem die nächste Gefahr und das nächste Scharmützel nie zu weit entfernt ist. Schade nur, dass der Wahnsinn der Purge-Nacht weniger durchgedreht ist als in den Vorgängern: Ein Killerduo in Hasenkostümen, das mit Käfigfalle, Bolzenschussgerät und Schlachterbeil morden will, sticht heraus, sonst sind es Faschos in Miliz- und Cowboyoutfits, die hier die Bedrohung stellen. Zudem sind die Schurken etwas unkonkret, eine gesichtslose Masse, deren Hintergründe und Organisationsstruktur ganz kurz angedeutet, aber nie wirklich unter die Lupe genommen werden. Ein Fanatiker, der früh herausgehoben wird, geht relativ zügig drauf, spät im Film wird ein Milizchef als Schurke installiert. Zu spät, denn der Redneck, der seine ebenso fanatische Partnerin nur mit „Mutter“ anspricht, ist mitsamt seinen Gefolgsleuten eigentlich nur noch als Bedrohung für den Showdown da.

Dafür ist die Action kompetent inszeniert und profitiert von der starken Kameraarbeit von Luis David Sansans („Das Belko Experiment“): Bei einer Attacke mit Buggys und Motorrädern auf ein Lager beispielsweise platziert er die Kamera für einige Shots hinter dem Rad eines angreifenden Fahrzeugs und erzeugt damit ungewohnte, aber sehr dynamische und packende Perspektiven. Geboten wird das „The Purge“-typische Gehaue, Gehacke, Gesteche und Geschieße, bei dem die Unterlegenen meist auf garstige Weise den Löffel abgeben müssen, recht dynamisch in Szene gesetzt und ganz zackig choreographiert durch Stunt Coordinator Dave Phillips („A Quiet Place 2“) und Fight Coordinator David Wald („Fast & Furious 9“), auch wenn die Set-Pieces den einen oder anderen besonders einprägsamen Moment (wie etwa die Quad-Attacke aus „The Purge: Anarchy“) vermissen lassen. Effekttechnisch liegt das Ganze im Mittelklassebereich, weshalb man manchen Explosionen und Bränden die Herkunft aus dem Rechenknecht schon noch ansieht, der CGI-Krawall aber immer noch überzeugender ausschaut als beispielsweise entsprechende Szenen bei Filmen aus dem Hause Millennium Films.

Wie schon seine Vorgänger setzt „The Forever Purge“ weniger auf Stars und mehr auf bekannte Gesichter aus der zweiten Reihe und engagierte Newcomer. In erstere Kategorie passen ein gut aufgelegter Will Patton („The November Man“) in der Rolle des gütigen Patriarchen und Josh Lucas („She Dies Tomorrow“), dessen ambivalent angelegter Rancher-Sohn die sicherlich die komplexeste Figur dieses insgesamt doch eher geradlinigen Survivalabenteuers ist. An der Newcomer-Front mischen Leven Rambin („The Big Ugly“) als Southern Belle, Cassidy Freeman („Fender Bender“) als schwangere Ehefrau Dylans sowie Tenoch Huerta („69 Tage Hoffnung“) und Alejandro Edda („The Long Way“) als zupackende Ranch-Hilfskräfte recht überzeugend mit. Den wohl stärksten Auftritt hat Ana de la Reguera („Army of the Dead“) als wehrhafte Mexikanerin, auch wenn man der Figur drehbuchseitig etwas mehr Background wünschen würde – gerade über ihre nur kurz angesprochene Vergangenheit bei den Autodefensas würde man gern ein bisschen mehr erfahren.

Das ergibt unterm Strich gewohnt solides „Purge“-Entertainment, das im mittlerweile fünften Anlauf nicht mehr ganz so frisch daherkommt, auch wenn „The Forever Purge“ dem Stoff durch die Verschiebung ins rurale Amerika und die nicht endende Purge-Nacht neue Aspekte abgewinnt. Die Action ist gelungen, das Tempo recht hoch und die politischen Bezüge aktuell, wenn auch wenig subtil eingebaut. Da über einen weiteren Teil nachgedacht wird, hat das eingespielte Team rund um Serienschöpfer James DeMonaco eine weitere Chance endlich das Optimum aus der Purge-Prämisse herauszukitzeln.

Knappe:

Universal bringt „The Forever Purge“ am 12. August 2021 in die deutschen Kinos, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Universal__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 12.8.2021 in den deutschen Kinos

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Categorised in: Psychohorror, Reviews

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