Originaltitel: The Glorious Seven__Herstellungsland: Deutschland__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Harald Franklin__Darsteller: Jerry Kwarteng, Fernando Carrera, Maurice Nash, Fernando Corral, Ilker Kurt, Ender Atac, Usman Maqpool, Julia Mulligan, Sara Sálamo, Santos Adrián, Sergio Campos Alfaro, Marina Kinski u.a. |
Der deutsche Filmemacher Harald Franklin wird auf der Homepage der Avalon International Film & Medien GmbH als Regisseur vorgestellt, der mit kleinem Budget großes Kino auf die Leinwand bringen könne. Wie zum Beleg schaffte es unlängst sein „Heroes and Cowards“ in Russland und anderen osteuropäischen Ländern in die Kinos und wurde dort ordentlich aufgenommen. Eine deutsche Veröffentlichung steht noch aus.
Franklins nächster Film, der deutsche Actionstreifen „The Glorious Seven Reloaded“, erschien im Dezember 2019 hierzulande auf DVD und Blu-ray. Wer rund um den Film ein wenig recherchiert, wird schnell feststellen, dass Franklin und Co. aktuell noch eine Menge Lehrgeld zu zahlen scheinen. Vor allem auf der Seite der neu ins Leben gerufenen Arena Filmverwertung deutet unter anderem ein „Grundlegendes“-Abschnitt an, dass die Auswertung von „The Glorious Seven Reloaded“ noch zu stottern scheint und so manch investierter Taler noch nicht zurückgeflossen ist. Ob das an der Qualität des Filmes liegt?
“Die gefürchteten Vier” ääh “Glorreichen Sieben”
„The Glorious Seven Reloaded“ steigt direkt mit einer Actionszene ein. Wir sind dabei, wie eine Handvoll Banditen ihren inhaftierten Anführer Javier Mendoza aus dem Vollzug befreit. Der denkt jedoch gar nicht daran, sich nach der gelungenen Flucht die Sonne auf die Plauze scheinen zu lassen und das Leben in Freiheit zu genießen. Stattdessen greift er mit seinen Leuten das Anwesen des schwerreichen Anthony Levin an. Dessen Reichtum ist Javier jedoch vollkommen egal, er will vielmehr Levins Frau – Valentina.
Der Coup gelingt. Am Ende haben Javier und Co. die halbe Mannschaft von Levin plattgemacht und Valentina entführt. Das kann der Millionär freilich nicht auf sich sitzen lassen. Zudem will er natürlich seine Frau zurück. Also wendet er sich an den Ex-Militär David Guerra und bittet ihn, ein Team zusammenzustellen und Valentina aus den Händen Javiers zu befreien. Doch Guerra zögert. Immerhin kennt er Javier und die Schlagkraft von dessen Guerillatruppen.
Ein gewaltiger Sold stimmt ihn dann doch um. Er sammelt alte Vertraute um sich und marschiert in Javiers Heimat Nicaragua ein. Hier muss er bald bemerken, dass nicht alles so ist, wie es zu sein scheint…
Schaut in den Actioner von Harald Franklin hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=Z2h7Q12W3vU
Stilisierte Standbilder von „Die glorreichen Sieben“ (Original), „Die sieben Samurai“ und „Die glorreichen Sieben“ (Remake) scheinen direkt bei den Opening Credits klarmachen zu wollen, an welchen Filmen Franklin sich für seinen „The Glorious Seven Reloaded“ orientieren möchte. Erstaunlicherweise entlehnt er die eigentliche Handlung seines Filmes aber einem ganz anderen Streifen: „Die gefürchteten Vier“. Dessen Story wird nur leicht variiert dargeboten, etwa indem aus den „gefürchteten Vier“ eben die „glorreichen Sieben“ werden. Das Problem: Weder dem kolportierten Vorbild noch dem eigentlichen Vorbild kann „The Glorious Seven Reloaded“ aus dramaturgischer Sicht das Wasser reichen.
Zwar startet der Film flott durch und türmt zwei Actionszenen aufeinander. Da in diesen aber so gut wie kein Wort gesprochen wird und man ergo keinen Plan hat, wem man hier eigentlich beim Ballern zuschaut, lässt einen das Treiben reichlich kalt. Konsequenterweise verschwinden die hier agierenden Figuren dann auch mal eben bis zum Showdown aus dem Film und „The Glorious Seven Reloaded“ installiert einen ganzen Haufen neuer Figuren. Nicht nur deshalb bricht der Film im Mittelteil beinahe komplett auseinander.
Denn als Zuschauer verliert man in den nun folgenden, behäbigen, knapp 40 Minuten vollkommen den Überblick darüber, wer von den ganzen angeblich verstorbenen, verschwundenen und eigentlich keine Lust habenden Leuten warum an der Seite von Guerra kämpft. Ganz zu schweigen davon, wer von den finalen sechs Mitstreitern eigentlich was besonders toll kann. Bis auf Guerra bleiben einem wirklich alle Figuren vollkommen fremd. Und selbst von Guerra erfährt man kaum mehr, als dass er ein Sixpack hat. Derweil haben auch alle Nichtkenner von „Die gefürchteten Vier“ den sich anbahnenden Twist um Valentina viel zu schnell durchschaut. Und wenn dann Guerra und Co. irgendwann gefühlt zehn Minuten auf Pferden an der Kamera vorbeizuckeln, ist jedwede Form von Spannung dahin.
Der Regisseur von “The Glorious Seven Reloaded” kann keine Action
Problematisch ist auch, dass Franklin in dem Mittelteil keinerlei Action lanciert. Diese hebt er sich – von einer wirkungslos verpuffenden kleinen Ballerei – vollkommen für den Showdown auf. Und der wird mal eben vom Marketing zum Film amtlichst torpediert. Denn wenn es auf dem Cover der deutschen DVD heißt: „Sie sind sieben und sie kämpfen gegen 700“, frohlockt man natürlich als Actionfan. Wenn dann aber einer der Helden wortwörtlich meint, der Feind rücke mit 20-30 Mann an, wird das Gesicht auf einmal ganz lang. Haben sich die restlichen 670 Mann verlaufen? Was soll das? Davon abgesehen, schläft einem im Verlauf des Showdowns noch einige Male das Gesicht ein.
Vor allem, weil die im Finale gebotene Action wenig profund inszeniert wirkt. Man erkennt weder in den Ballereien noch in den Kampfeinlagen irgendeine Form von Choreographie. Warum der Film eine FSK 18 abbekommen hat, erschließt sich auch nicht wirklich. Hier und da spritzt zwar etwas Blut (mal CGI, mal Bloodpacks), aber insgesamt ist da nichts, was die hohe Freigabe rechtfertigen würde. Die CGI-Explosionen sehen reichlich übel aus. Und es fehlt durchgängig an coolen Momenten. Das „Geilste“: Dadurch, dass man die Helden kaum kennengelernt hat, kann „The Glorious Seven Reloaded“ sie auch sterben lassen wie die Fliegen, ohne dass das irgendeinen Impact hätte oder für cooles Pathos genutzt werden könnte. Und brauchbare Oneliner gibt es gleich gar nicht. Kurzum: Die Action rockt nicht. Nur der Schauplatz, eine verfallene Ruine im Ostblock, hat Charme. Die in ihr steigenden Drohnenflüge sind ebenfalls sehr passabel.
Allgemein gefällt vor allem abseits der Action die technische Seite des Filmes. Die Lichtsetzung ist hervorragend. Der warme Look des Filmes wirkt niemals billig oder abgeranzt. Das kolportiert niedrige Budget erlaubte dennoch eine Vielzahl an interessanten Schauplätzen rund um den Globus. Gedreht wurde etwa in Thailand, Spanien, Italien, der Türkei, auf Costa Rica und in der Ukraine. Drohnenflüge, eine dynamische Kamera und ein teilweise fast schon zu epischer Score sind weitere Pluspunkte des Filmes. Im Grunde fehlt nur ein ökonomischerer Schnitt, um das Geschehen etwas mehr zu beschleunigen.
“The Glorious Seven Reloaded” sind wenig glorreich
Ein weiterer Pluspunkt des Filmes ist die taffe Performance des Hauptdarstellers Jerry Kwarteng, der als Guerra wirklich cool aufzuspielen versteht und in seinen Actionszenen ganz gut rüberkommt. Auch um ihn herum spielen sämtliche Darsteller weitaus lockerer auf, als man das von Independent-Actionfilmen aus Deutschland („Tal der Skorpione“ „Atomic Eden“) gewohnt ist. Vor allem Fernando Carrera als Levin und Fernando Corral als Javier kommen extrem charismatisch rüber. Nimmt man nun noch die technische Souveränität des Streifens her, ist man versucht, „The Glorious Seven Reloaded“ als eine kleine Perle des deutschen Independent-Actionkinos zu bezeichnen.
Aber leider hält diese Versuchung nicht lange vor. Im Gegensatz zu den anderen unabhängig finanzierten Actionfilmen aus Deutschland macht „The Glorious Seven Reloaded“ einfach nicht genügend Spaß. Auch und vor allem, weil Harald Franklin das Herzstück seines Filmes nicht beherrscht: Die Action. Diese gerät saft-, kraft- und höhepunktlos. Ist schmuck- und einfallslos in Szene gesetzt und kommt auch viel zu selten auf. Dazu gesellt sich eine Story, der schon früh jedwede Spannung abhanden kommt und der – egal, ob auf Seiten der Helden oder der kaum wahrnehmbaren Bösewichter – gefühlt sämtliche Figuren total egal sind. Die Folge ist kaum mehr als immerhin sehr schön anzuschauende Langeweile.
Die deutsche DVD/Blu-ray zum Film kommt von M Square Pictures, ist mit einer FSK 18 ungeschnitten und hat keinerlei Informationen zu der Produktion zu bieten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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