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The Green Knight

Originaltitel: The Green Knight__Herstellungsland: Irland, USA__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: David Lowery__Darsteller: Dev Patel, Alicia Vikander, Joel Edgerton, Sarita Choudhury, Sean Harris, Kate Dickie, Barry Keoghan, Erin Kellyman, Helena Browne, Ralph Ineson u.a.
The Green Knight DVD Cover

Dev Patel muss in “The Green Knight” einen hünenhaften grünen Ritter besiegen.

Als wir Sir Gawain zum ersten Mal begegnen, ist es Weihnachten und er erwacht gerade in einem Freudenhaus. Eilig eilt er gen heimatliches Schloss, wo der König eine Feierlichkeit für seine Gefolgschaft anberaumt hat. Auf dieser nimmt das Oberhaupt erstmals so richtig Notiz von Sir Gawain – immerhin der Sohn seiner Halbschwester. Er bittet Sir Gawain, ihm eine Geschichte von Bedeutung aus seinem Leben zu erzählen. Doch Taugenichts Gawain hat nichts Bedeutsames zu erzählen.

Da springt auf einmal die Tür zu den Räumlichkeiten auf. Ein riesiger Kerl reitet auf seinem Pferd bis zur Tafelrunde und reicht dem König einen Brief. Dessen Frau nimmt sich des Schriftstückes an, bricht das Siegel und will daraus vorlesen, als sich fremde Stimmen ihrer bemächtigen. Sie erklären, dass der hünenhafte Kerl der Grüne Ritter sei und dieser einen Mann aus dem Gefolge des Königs herausfordere, ihn mit einem Schwertstreich zu berühren, zu verletzen oder gar zu töten.

Zu bedenken sei aber, dass ebenjener Gefolgsmann ein Jahr später den Grünen Ritter aufsuchen müsse, so das dieser ihm exakt den gleichen Hieb oder die gleiche Verletzung zufügen könne. Gawain fühlt, dass er diese Aufgabe erfüllen muss. Denn dann hätte er endlich etwas zu erzählen und würde dem König auffallen. Er stellt sich dem Ritter, doch der verhält sich im Duell äußerst merkwürdig. Am Ende kullert sein abgeschlagener Kopf durch die Festhalle.

Doch der Grüne Ritter ist nicht tot. Sein kopfloser Körper erhebt sich, greift sich den abgeschlagenen Kopf und reitet davon. Im nun folgenden Jahr ist Gawains Name in aller Munde. Er muss seine Geschichte gar nicht erzählen, das Volk tut es für ihn. Er selbst konnte seinem Leben aber immer noch keine Richtung geben. Da fällt schon der erste Schnee und erneut packt ihn sein Pflichtbewusstsein. Er bricht auf, um sich seinem Schicksal – und damit dem sicheren Tod – entgegenzustellen.

Schaut in den Fantasy-Film mit Dev Patel hinein

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Das Gedicht um „The Green Knight“ ist ein eher unbekannter Teil der Geschichten rund um König Artus und dessen Tafelrunde. Sie stammt von einem unbekannten Autor aus dem 14. Jahrhundert und heißt eigentlich „Sir Gawain and the Green Knight“. Regisseur und Drehbuchautor David Lowery stützt sich eher lose auf die Vorlage und entwickelt seine ganz eigene Version der Rittermär. Dabei beginnen die Abweichungen schon extrem früh, denn eigentlich gilt Gawain im eigentlichen Geschichtenzyklus um Artus und dessen Ritter als sehr tugendhaft. Der Gawain von „The Green Knight“ hingegen ist alles Mögliche, aber ganz sicher nicht tugendhaft.

The Green Knight Der grüne Ritter

Der Grüne Ritter wird Sir Gawain in vielerlei Hinsicht prüfen.

Diese frühe Abweichung macht für den weiteren Film aber mehr als nur Sinn, denn wie schon die Inhaltsangabe andeutet, handelt es sich bei „The Green Knight“ um die allseits bekannte Geschichte eines Charakters, der erst noch zum Helden heranreifen muss. Im Fall von Gawain geht es darum, vom Taugenichts zum ehrenhaften und vor allem integren Mann zu werden.

Dazu muss er sich auf eine Reise begeben, auf der verschiedenste Aufgaben auf ihn warten. Aufgaben, an denen er wachsen muss. Dabei wirkt es, als bräche Gawain in eine Art Parallelwelt auf, wenn er alsbald durch eine verwunschen wirkende, beinahe menschenleere, unwirtliche und kalte Natur streift und die Wege von Wegelagern, Geistern, sprechenden Tieren und Giganten kreuzt. Und alle testen sie Gawains Integrität und lehren ihn, dass ebenjene im Leben wichtiger ist als die Schaffung eines Vermächtnisses, das übers Leben hinaus Bestand hat.

Dev Patel als Sir Gawain in "The Green Knight"

Sir Gawain ist bereit, sich seinem Schicksal zu stellen.

Die immer mystischer werdende, allegorische Geschichte kleidet Lowery in unfassbare Bilder. Im Zusammenspiel mit dem großartigen Soundtrack, der teilweise sogar Bildelemente wie tropfendes Wasser in seinen Soundteppich integriert, entsteht eine dichte Atmosphäre, die packt und irgendwann gar nicht mehr loslässt.

Darum benötigt „The Green Knight“ auch keine überbordenden Special-Effect-Tableaus. Wer sich von dem Fantasy-Film aufgrund seines Genres gewaltige Heere, Drachen und zuckende Magierblitze erhofft, sitzt hier im falschen Film. „The Green Knight“ haushaltet mit seinen großen Schauwerten, wodurch diese dann nur umso mehr wirken und die Wahrnehmung der Realität noch leichter verschieben, als es dass das große Spektakel könnte.

Alicia Vikander als Lady und Hure

Alicia Vikander überzeugt in einer Doppelrolle.

Als nach Ehre strebender Sir Gawain liefert Dev Patel („Chappie“) einfach nur ab. Der Mime passt großartig in Lowerys Bilderwelten und nimmt den Zuschauer auf seinem Erkenntnisprozess mühelos mit. Er trägt die filmische Sinnsuche weitgehend komplett alleine auf seinen Schultern. Ebenfalls großartige Mimen wie Alicia Vikander („Tomb Raider“) in einer Doppelrolle, Joel Edgerton („Bright“) als unheimlicher Gastgeber und Sean Harris („Mission: Impossible – Fallout“) als König Artus sind in diesem Fall mal wirklich nur Nebendarsteller. Aber was für welche. Vor allem Alicia Vikander erweist sich als wunderbar wandlungsfähig in ihren Rollen als Lady und Hure.

„The Green Knight“: Atmosphärisch dichte Fantasy vor monumentaler irländischer Kulisse

Am meisten beeindruckte mich an „The Green Knight“ eine knapp zehnminütige, beinahe komplett dialogfreie Montage, die ein faszinierendes „Was wäre Wenn“-Szenario aufspannt. Wortlos verdeutlicht hier Dev Patel den Wunsch seines Charakters, sich an einer bestimmten Stelle in seinem Leben ganz anders entschieden zu haben. Mit seiner zunehmend verzweifelteren Mimik unterstreicht Patel noch einmal seine bis dahin ohnehin bereits tadellose Leistung. Krönt sie selbst. Auch die Bild- und Soundmaschinerie bäumt sich hier noch einmal zu ungeahnter Perfektion auf. Großartig.

Und obschon der Film, der seine berühmte Vorlage, enthaltene Charaktere und berühmte Elemente im Übrigen niemals beim Namen nennt, noch viele faszinierende Momente mehr zu transportieren versteht, kommt „The Green Knight“ nicht ungeschoren davon. Denn aufgrund seines (immer so intendierten) Aufbaus wirkt der Fantasy-Film sehr episodisch. Infolgedessen ist man auch geneigt, diese unterschiedlich zu bewerten. Und da schneiden manche deutlich schwächer als andere ab. Für mein Empfinden etwa ist die Episode im Schloss von Joel Edgerton und Alicia Vikander deutlich zu lang und auch zu verstiegen.

Dadurch wirkt die Suche nach dem Sinn des Lebens in „The Green Knight“ nicht wie aus einem Guss, schnurrt nicht hundertprozentig sauber durch. Doch keine Sorge: Langweilig wird der anspruchsvolle und vor allem bildgewaltige Fantasy-Film nie. Und ist der Zuschauer einmal in die Welt von Gawain und Co. eingetaucht, kommt er da bis zum Ende nicht mehr heraus.

8 von 10

Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 9. Dezember 2021 von Eurovideo und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Die Datenträger warten mit einem wirklich tollen, 35-minütigen Making Of zum Film auf. Dagegen befremden die Interviews mit dem Regisseur und den Hauptdarstellern ziemlich, feiert sich hier der Interviewende doch auf peinliche Art selbst, anstelle mal zuzuhören. Zum Ausgleich gibt es noch Einblicke in die Entstehung der Special Effects und der Titelsequenz.

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: Eurovideo__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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