Originaltitel: Jie Tou Zhi Wang__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2012__Regie: Yue Song, Zhong Lei__Darsteller: Yue Song, Yang Jun-Ping, Li Yufei, Li Changhai, Kang En, Hou Xu, Wang Zahe, Chang Hau u.a. |
Yue Song ist ein Kampfsportler. Ein Kampfsportler, der sich einen Traum erfüllen wollte: Seine Moves und Skills auf der großen Leinwand erleben. Also schrieb er sich selbst ein Drehbuch auf den Leib, pumpte Geld in sein Projekt, übernahm die Kampfchoreo- graphie, führte neben Zhong Lei Regie und spielte gleich noch die Hauptrolle. Das Ergebnis heißt „The King of the Streets“, wird als Chinas erstes Streetfighting Movie geführt und erzählt folgende Geschichte:
Yue Feng hat nie viel gelernt und erst recht kaum etwas darauf gegeben, finanziell erfolgreich zu sein. Sein Herz gehörte immer dem Streetfighting und er wollte einfach immer der beste Kämpfer sein. Hierfür trainierte er eisern und nahm dafür sogar die Entfremdung von seinem Vater in Kauf. Eines Tages will er seinen zusammengeschlagenen Kumpel A-Hai rächen und nimmt sich die Straßengang vor, die ihm zugesetzt hat. Dabei kommt es zu einem tödlichen Unfall und Yue Feng wandert ein. Im Laufe von acht Jahren Knast lernt er, was im Leben wirklich wichtig ist.
Als er endlich wieder rauskommt, hat er der Gewalt abgeschworen und will ein friedliches Leben leben. Doch das ist leichter gesagt als getan. Als er nämlich eine junge Frau findet, die von ein paar Halunken niedergeschlagen wurde, bietet diese ihm an, sie in ihrer Arbeit für ein Waisenhaus zu unterstützen. Yue sagt zu und gerät damit in einen formvollendeten Abwärtsstrudel. Denn eine Maklerfirma will das Land, auf dem das Waisenhaus steht, kaufen und anderweitig nutzen. Und dazu ist der Firma jedes Mittel recht. Yue muss wieder kämpfen, will er verhindern, dass seinen neuen Freunden Leid angetan wird. Die Lage eskaliert, als Yues Vater von den Lumpen attackiert wird…
httpv://www.youtube.com/watch?v=3ywf7SaN5LQ
„The King of the Streets“ verfügt, die Inhaltsangabe sollte es andeuten, über keinerlei neue oder gar innovative Storystränge. Ganz im Gegenteil: Was in dem Film erzählt wird, hat man bereits zigfach und mindestens ebenso oft besser gesehen. Doch es hat seinen Grund, dass Filmemacher sich gerne solch simpler Story-Konstrukte bedienen. Jene erlauben es dem Zuschauer nämlich, sich verdammt schnell in einem Film heimisch zu fühlen. Man ahnt, nein, man weiß, was passieren wird und lehnt sich entspannt im Sessel zurück, der Dinge harrend, die da kommen. Zunächst fällt dabei auf, dass man Yue, obwohl er extrem schweigsam angelegt wird, zu einem sehr plastischen Charakter zu formen versteht. Dabei entstehen schon einmal kleine, beinahe artifiziell wirkende Szenen, die beispielsweise sehr effizient bebildern, wie aus der Liebes des Vaters zu Yue über die Jahre Verachtung wird. In derartigen Szenen spürt man, was für ein Potential die Filmemacher in sich tragen.
Leider stehen derartig tollen Szenen zu bemüht auf komisch getrimmte Einlagen gegenüber. Überhaupt sind alle Szenen um Yuens Job als Möbelpacker für den Film vollkommen überflüssig, denn die eigentlichen Konflikte entstehen allesamt erst aufgrund seines Engagements für das Waisenhaus. Bis Yue dort ankommt, wirkt der Film arg ziellos und das Tempo extrem gedrosselt. Sind die Figuren des Waisenhauses endlich etabliert, rollt der Film los und entwickelt sowohl eine nette Spannungskurve als auch ein dem Genre entsprechendes Tempo. Immer mal wieder unterbrochen von kleinen, ungewöhnlich anmutenden Momenten, in denen mit am deutlichsten durchscheint, dass „The King of the Streets“ keineswegs irgendwelche beliebige Hochglanzware aus China ist. Da sitzt Yue verloren in den Straßen einer Großstadt, kümmert sich um die Hinterbliebene des von ihm getöteten Gangmitgliedes und erfährt, dass Chinas Waisenhäuser vor allem mit behinderten Kindern und Mädchen überfüllt sind. Beide würden von den chinesischen Familien nicht akzeptiert werden. Genau an diesen Punkten fällt es verdammt schwer, bei der Story des Filmes von einer Klischee-Anhäufung zu sprechen, denn genau das ist „The King of the Streets“ in diesen kleinen Momenten definitiv nicht mehr.
In der Action hebt sich der Film deutlich von den aktuellen Hochglanzknallern aus China ab. Man setzt komplett auf eine knochenharte und auf realistischen Moves basierende Kampfchoreographie, die ohne jedwedes Wirework oder CGI Effekte auskommt. Zudem sind die Fights zumeist sehr schnell vorüber. Denn wo Yue Feng hinschlägt, wächst so schnell kein Gras mehr. Er hat dabei zwar etwas übermenschliche Fähigkeiten abbekommen (er drischt sich fast immer mit mehr als zehn Gegnern gleichzeitig), dennoch wirkt seine Übermacht aufgrund seiner präsentierten Fähig- und Fertigkeiten durchaus glaubwürdig. Die Fights selber sind gut über den Film verteilt. Gleich zu Beginn darf Yue Feng beispielsweise gegen eine gegnerische Gang ran und nimmt sie gehörig auseinander.
Dieser Fight unterscheidet sich in seiner Präsentation deutlich von den folgenden Prügeleien. Denn während die Einschläge von Yues Tritten und Schlägen allesamt in Zeitlupe oder gar als Freeze-Frames präsentiert werden, werden alle Bewegungen zwischen den Einschlägen extrem beschleunigt. Klingt vielleicht ungewöhnlich, sieht aber ziemlich cool aus. Auf diese Spielereien verzichtet der Film in den weiteren Fights und lässt diese in ihrer ganzen rohen Ungeschliffenheit auf den Zuschauer niedergehen. Die Kamera ist dabei nah dran an den Fights, findet aber immer genau die richtigen Einstellungen, damit man nie den Überblick verliert. Und diverse Totalen lassen die Choreographie in voller Pracht genießen. Absolutes Highlight ist der finale Fight von Yue gegen die Bande, die das Waisenhaus bedroht. Der Härtegrad ist dabei nicht zu verachten, auch wenn richtig brachiale Brutalitäten vollkommen ausbleiben und die FSK 18 Freigabe etwas harsch wirkt.
Präsentiert wird der Film im leicht billig wirkenden Videolook, was auch noch einmal unterstreicht, dass man es hier letzten Endes wirklich nur mit einer kleinen Produktion zu tun hat. Damit das Ganze nicht zu übel ausschaut, drehte man mit Erfolg an den Kontrast- und Farbwerten, was recht knallig wirkende Farben bewirkt und dem Film ziemlich gut steht. Leider wirkt „The King of the Streets“ in seinen Handlungsszenen nicht halb so dynamisch inszeniert wie in der Action, was auch den einen oder anderen zähen Moment zur Folge hat. Musikalisch ertönen meist eher melancholische, wenig memorable Themen. Einzig in den Kämpfen wird die getragene Musik etwas lebendiger und nimmt auch mal beatlastigere Formen an.
Was bleibt, ist ein kleiner, rauer, ungeschliffener Martial Arts Streifen aus China. In seinen Fights lehnt er sich deutlich an das thailändische und indonesische Martial Arts Kino an und macht einen großen Bogen um den Hochglanzlook und die eher verspielten Kampfkunstszenen aktueller chinesischer Produktionen (die historisch angehauchten Streifen seien genannt). Das sichtlich kleine Budget schlägt sich in etwas tristen Schauplätzen und der für chinesische Verhältnisse etwas ungewöhnlich wirkenden Video-Optik nieder. Die Geschichte hat dabei über lange Strecken einen rein funktionalen Charakter, kreiert ganz nebenbei aber auch ein paar erstaunlich gelungene Szenen. Das Ende sei dahingehend noch erwähnt, wird es doch die Zuschauer deutlich in Lover und Hater aufteilen. Die unverbrauchten Darsteller reißen zwar allesamt keine Bäume aus, schlagen sich aber auch abseits der Action sehr beachtlich und haben sicherlich das Potential für höhere Weihen. Und Yue Song darf sich gerne einmal selbst für seinen Film auf die Schulter klopfen. Dieser ist zwar kein Meilenstein im Genre, dafür ist das Tempo hier und da einfach zu unstimmig und bleibt der Film zu lange zu wenig fokussiert, punktet aber mit seinen coolen Fights und weiß kurzweilig zu unterhalten.
Die deutsche DVD/Blu-ray kommt von Paragon Movies/MIG und ist mit einer FSK 18 ungeschnitten. Die deutsche Synchronisation ist zwar hier und da etwas emotionslos geraten, weiß aber im Großen und Ganzen zu überzeugen. Extras findet man auf den Datenträgern keine.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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