Originaltitel: Le Dernier voyage de Paul W.R.__Herstellungsland: Frankreich__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: Romain Quirot__Darsteller: Hugo Becker, Jean Reno, Paul Hamy, Lya Oussadit-Lessert, Philippe Katerine, Bruno Lochet, Emilie Gavois-Kahn, Jean-Luc Couchard, Darius Garrivier, Jean-Baptiste Blanc u.a. |
Zu Beginn von „The Last Journey – Die letzte Reise der Menschheit“ erklärt uns eine klare Mädchenstimme, dass die Erde der Zukunft komplett ausgebeutet gewesen sei, als ein neuer Mond am Firmament erschien. Der blutrote Himmelskörper brachte eine neue Energiequelle mit sich, die die Menschheit sofort auszubeuten begann.
Doch auf der Erde selbst veränderten sich die Zustände kaum. Vor allem das Wasser wurde immer knapper. Obendrein schien sich der neue Mond irgendwann gegen die Ausbeutung durch den Menschen zu wehren. Er änderte seine Flugrichtung und drohte, die Erde auf seinem Weg zu zerstören. Zusätzlich baute er ein gewaltiges Magnetfeld auf, das ihn vor jedweder Art von Beschuss schützte.
Doch die Menschheit fand einen Weg. Ein bemanntes Raumschiff mit Sprengkörpern soll das Magnetfeld durchbrechen und der Astronaut in einer Selbstmordmission den Himmelskörper sprengen. Paul erweist sich als der geeignetste Pilot. Doch Paul hat keine Lust zu sterben. Deshalb flieht er kurz vor dem Start der Mission. Sein Ziel: Eine Destination, die er mit seiner Kindheit verknüpft.
Schaut in den optisch berauschenden Science-Fiction-Film hinein
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Die Story ist wahrlich nicht die größte Stärke von „The Last Journey“. Den Figuren des auf einen Kurzfilm basierenden Streifens fehlt es lange an plausiblen Motiven, die aussichtslose Grundsituation wirkt gefühlt nie ausweglos genug und die flott losgetretene Road-Movie-Routine kann nichts aufbieten, was den Zuschauer wirklich neugierig auf die Welt des Filmes machen würde. Es fehlt an Spannung, spätestens zur Filmmitte auch an Tempo und irgendwann stellt das Drehbuch auch noch das Erklären ein, weshalb man gegen Ende definitiv mit ein paar Fragezeichen zu viel aus dem Film geworfen wird.
Während des Filmgenusses sind einem diese Problemherde zwar durchaus bewusst, sie stören allerdings nicht. Denn die melancholische Atmosphäre verfängt sofort beim Zuschauer und zieht ihn mehr und mehr in den Film hinein. Auch das unfreiwillige Heldengespann aus Paul und Tankstellenarbeiterin Elma funktioniert erstaunlich gut. Auf deren Interaktionen hätte der Film gerne noch deutlich intensiver setzen können. Und auch Eliott, der Bruder von Paul, kann als cooler Antipode als echter Clou des Filmes gewertet werden.
Tja, und dann wäre da noch die Optik des Filmes. „The Last Journey“ hatte definitiv kein Blockbuster-Budget – ist vielmehr eine Independent-Produktion – und sieht trotzdem fantastisch aus! Mal dominiert ein klarer, farbintensiver, genial filmischer Look, mal eine entrückte Komplementärfarben-Optik und wenn dann die Schwarz-Weiß-Szenerien gezündet werden, ist Gänsehautzeit angesagt. Hier sprengt der Film von Regisseur Romain Quirot alle Skalen der perfekten Bilderstürmerei. In Kombination mit dem mehr als stimmigen Score schwingt sich „The Last Journey“ so flugs mal eben zum Überwältigungskino auf.
Ein Überwältigungskino, das mal mit einer brachialen CGI-Breitseite agiert und mal auf total subtile Effekte setzt. Immer wenn die Kamera den Himmel einfängt, bekommt man großartige Bilderwelten von strahlenden Himmelskörpern und gewaltigen Magnet-/Staubstürmen auf die Netzhaut gebrannt. Durchfahren unsere Helden die Welt der Zukunft, erkennen wir in zerklüftete Natur eingewachsene Freizeitparks oder abgestürzte Flugzeuge. Kleinere Effekte, die ebenfalls vollends überzeugen, steigen etwa um alle Gefährte des Filmes, die durchweg über den Straßen schweben.
Rund um die Gefährte gibt es dann im Kampf der beiden Brüder Paul und Eliott einen grandiosen Moment, der auch den bislang den Film beherrschenden rauen Realismus für eine wundervolle Actioneskapade komplett bricht und dem Zuschauer das Gefühl gibt, in diesem Film könnte eigentlich alles möglich sein. Leider gibt es genau für dieses Hochgefühl aber keine weitere Entsprechung mehr. Das lässt diese Einlage ein wenig in der Luft hängen, während des Filmgenusses ist sie aber ein großartiger „What the Fuck?“-Moment.
Darstellerisch liefert Hugo Becker („The Assault“) als Paul sauber ab, hält den Zuschauer aber teilweise ein wenig zu sehr auf emotionaler Distanz zu seiner Figur. Dafür hat er mit Elma-Darstellerin Lya Oussadit-Lessert eine fantastische Chemie. Von der entrückt schönen Elma hätte man zudem gerne viel mehr erfahren und gesehen. Als Eliott agiert ein hypnotischer Paul Hamy („Get In“), der mit seinem ganzen Gestus und seiner Art zu spielen, mehrfach frappierend an Tom Hardy erinnert. Der bekannteste Name im Cast ist natürlich Frankreichs Altstar Jean Reno („The Doorman“), der als Vater von Paul und Eliott unterfordert wirkt, aber dennoch eine Menge Charisma in den Film pumpt.
„The Last Journey – Die letzte Reise der Menschheit“ bietet Style over Substance satt
„The Last Journey“ hat als dystopisches Road Movie eine interessante Grundausrichtung, schlägt allerdings storytechnisch keine großen Wellen, lässt Spannung missen und vor allem einiges an Potential ungenutzt liegen. Dafür verfangen die Figuren, die Atmosphäre und die unfassbar schöne Optik des Filmes sofort. Vor allem die zahllosen, berückend schönen Bildertableaus, die in Verbindung mit dem tollen Score prächtige Bild-/Soundcollagen erschaffen, wirken lange nach. Das Ergebnis wird nicht in die Science-Fiction-Filmgeschichte eingehen, vermag den kleinen Science-Fiction-Hunger zwischendurch aber stilvoll zu bändigen.
„The Last Journey“ kann ab dem 16. September 2021 als Video on Demand bei den verschiedensten Plattformen genossen werden. Ab dem 30. September 2021 können sich auch Fans physischer Datenträger von der Bildgewalt des Filmes auf DVD und Blu-ray überzeugen. Als Extras warten Trailer und Interviews zum Film. Selbiger ist ab 16 ungeschnitten und kommt von Eurovideo.
In diesem Sinne:
freeman
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