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The Man from Nowhere

„The Man from Nowhere“ ist ein südkoreanischer Actionthriller mit Drama-Anteilen und Noir-Atmosphäre. Ein geheimnisvoller Pfandleiher gerät in Konflikt mit Drogenhändlern, als diese die Nachbarstochter entführen, den einzigen wirklichen menschlichen Kontakt des Eremiten. Der zurückgezogene Mann mit unklarer Vergangenheit hat aber Fähigkeiten als Actionheld.

Originaltitel: Ajeossi__Herstellungsland: Südkorea__Erscheinungsjahr: 2010__Regie: Lee Jeong-beom__Darsteller: Won Bin, Kim Sae-ron, Kim Tae-hoon, Kim Hee-won, Kim Sung-oh, Lee Jong-pil, Thanayong Wongtrakul, Kim Hyo-seo, Song Young-chang, Baek Soo-ryeon, Nam Kyeong-eup u.a.
The Man from Nowhere

Der koreanische Actionthriller “The Man from Nowhere” erzählt von einem geheimnisvollen Pfandleiher auf Rachemission

Männer ohne Namen, Männer ohne bekannte Vergangenheit, das sind bekannte Tropen des Actionkinos, weshalb der südkoreanische „The Man from Nowhere“ mit seinem Titel auch programmatisch gut ins Genre passt.

Hauptfigur und titelgebender Mann von Nirgendwo ist der Pfandleiher Cha Tae-sik (Won Bin), der ein zurückgezogenes, möglichst anonymes Leben führt. Einziger wirklicher Kontakt ist die Nachbarstochter Jeong So-mi (Kim Sae-ron), was deren Mutter Hyo-jeong (Kim Hyo-seo) zwar verdächtig findet und halbherzig zu unterbinden versucht, aber nicht wirklich verhindern kann. Doch selbst So-mi verleugnet Tae-sik im Zweifelsfall auf der Straße, was in (Action-)Filimtermini nur bedeuten kann, dass mehr hinter diesem Pfandleiher stecken muss, wenn er so anonym bleiben möchte und keinerlei Informationen über sich preisgeben.

Allerdings zeichnet „The Man from Nowhere“ in Noir-Tradition die Großstadt auch als einen Moloch, in dem man bloß anonym bleiben und niemandem auffallen möchte, zumindest nicht den falschen Leuten. Für genau solche Typen arbeitet Hyo-jeong als Drogenkurierin und macht den mächtig großen Fehler etwas von der Ware abzuzweigen, was dummerweise nicht lange unbemerkt bleibt. Die Gang rauscht an, entführt Mutter und Tochter und will die Ware bei Tae-sik einsacken, wo Hyo-jeong sie versteckt hat. Tae-sik schaltet die Goons jedoch mit Leichtigkeit aus, wobei „The Man from Nowhere“ das Resultat, aber nicht den Akt zeigt, womit das Mysterium um den wehrhaften Pfandleiher noch weiter ausgebaut wird.

Um So-mi zu retten, gibt Tae-sik die Drogen jedoch schließlich nicht nur heraus, sondern erledigt auch einen Botendienst für die Gang. Dabei muss er jedoch erkennen, dass er lediglich als Bauernopfer genutzt wurde, Hyo-jeong bereits tot ist und So-mi in naher Zukunft auch dran sein könnte. Also sucht er auf eigene Faust nach der Entführten…

Schaut euch den Trailer zu „The Man from Nowhere“ an

Von Anfang an schafft „The Man from Nowhere“ eine düstere, nihilistische Atmosphäre, in der die Freundschaft von Pfandleiher und Kind als einziger Lichtblick erscheint, die das Publikum aber für sich einnehmen kann. Ein Leben ist nichts wert, die Polizei zwar wohlmeinend, aber weitestgehend nutzlos, auch mit der Ehre unter Dieben ist es nicht weit her, wenn die skrupellosen Brüder an der Spitze der Drogengang ihre Geschäftspartner über die Klinge springen lassen. Selbst die Tatsache, dass die Gang anscheinend jedes Verbrechen der Welt begeht, wenn Kinder als Drogenkuriere benutzt werden und nutzlos gewordene Untergebene als Rohstoff für Organhandel dienen, wirkt dies nicht überladen oder albern, sondern als Teil einer nahezu lebensfeindlichen Gangsterwelt, in der nur das Recht des Stärkeren zählt. Die Gang betreibt unter anderem Quasi-Waisenhäuser für ihre Zwecke, wo auch So-mi untergebracht wird. Wenn ein Mädchen sich von dort in eine vermeintlich rosige Zukunft verabschiedet, ist dies für das Publikum, das es besser weiß, ein Tritt in die Magengrube: Wenn besagtes Mädchen an späterer Stelle ausgeweidet und seiner Organe beraubt nur noch als Leiche auftaucht, dann bestätigt dies einfach nur das bereits Geahnte.

Tae-sik ist dann auch die richtige No-Nonsens-Figur, um in der gezeigten Welt zu bestehen, wobei „The Man from Nowhere“ seine Fähigkeiten über weite Strecken nur anteasert. Angesichts der Laufzeit von rund zwei Stunden kommen die Action-Skills des pfiffigen Pfandleihers lediglich sehr dosiert zum Einsatz, in Kampfszenen mit Messern und bloßen Händen. Tatsächlich gibt es auch nur ein etwas ausladenderes Set-Piece, das es dafür dann so richtig in sich hat. Im Showdown steht Tae-sik einer ganzen Horde Henchmen gegenüber, die er mit brutaler Präzision und Effizienz erledigt. Mit dem Messer schneidet er lebenswichtige Adern an Handgelenken durch, schleift halbtote Gegner als Hindernisse für deren Kumpane mit und benötigt für keinen Gegner länger als nötig. Schließlich duelliert er sich mit einem vietnamesischen Auftragsmörder, der einzigen Figur, die ähnliche Fähigkeiten wie er mitbringt, in einem stark choreographierten Abschlussfight. Da verzeiht man auch gern, dass die anderen Actionszenen aufgrund von Tae-siks Effizienz relativ schnell vorbei sind und auch insgesamt nicht so memorabel wie dieses Finale.

Die Hauptfigur verkörpert Won Bin dann auch mit einnehmender Präsenz, ehe er eine längere Auszeit oder sogar seinen Abschied von der Schauspielerei nahm: Trotz Hauptrollen in koreanischen Hits wie „Brotherhood“, „Mother“ oder diesem Werk hat er seit „The Man from Nowhere“ in keinem Film mehr mitgespielt. Die Schurkenfront um Kim Hee-won („No Tears for the Dead“) und Kim Sung-oh („Fighter in the Wind“) als fieses Brüderduo und Thanayong Wongtrakul („Siam – Untergang des Königreichs“) als ihr Chef-Henchman hat Charisma und Präsenz, ist schauspielerisch aber wenig gefordert, sodass außer Won Bin lediglich Kim Sae-ron („The Villagers“) viel zu tun hat. Die Beziehung vom wehrhaften Eremiten und dem forschen Kind erinnert etwas an „Leon – Der Profi“, allerdings in erster Linie im ersten Drittel des Films, ehe die Wege der beiden rabiat getrennt werden. Ihr Zusammenspiel gibt dem Film dann jedoch einen emotionalen Kern innerhalb der harten, unbarmherzigen Selbstjustizstory.

Besagte Geschichte ist dann nicht allzu komplex und wirkt für die zwei Stunden Laufzeit bisweilen etwas dünn. Denn im Endeffekt arbeitet sich Tae-sik relativ straight und ohne allzu große Ermittlungsarbeit zum Kopf der Schlange vor, davon lenken auch die Subplots um den betrogenen Geschäftspartner der Drogengang oder Tae-siks Vergangenheit nicht ab. Zumal die Enthüllung von Tae-siks Herkunft keine großen Überraschungen, sondern lediglich gut abgehangene Genrestandards bietet, die auch kaum emotionale Wirkung haben. Dafür wirkt der Protagonist außerhalb seiner Interaktionen mit So-mi zu cool, abgeklärt und unnahbar.

Insofern ist „The Man from Nowhere“ mit seiner einfachen Story, seiner langen Laufzeit und seinen sparsam eingesetzten Fights nicht ohne Schönheitsfehler, die allerdings durch seine Atmosphäre oft wettgemacht werden. Die noirige Schilderung einer gnadenlosen Gangsterwelt, durch die der coole Held navigiert und die Qualität der stark choreographierten Actionszenen, vor allem des Showdowns, überzeugen auf ganzer Linie, ebenso die Freundschaft der unterschiedlichen Hauptfiguren, die einen emotionalen Lichtblick innerhalb dieses beinharten Dog-Eat-Dog-Kosmos bietet.

In Deutschland hat Splendid „The Man from Nowhere“ auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 18 Jahren freigegeben. Auf der DVD gibt es Trailer als Bonus, auf der Blu-Ray zusätzlich ein Musikvideo und ein Making Of.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Splendid__FSK Freigabe: ab 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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