Originaltitel: Chin Long Chuen Suet__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 1997__Regie: Donnie Yen__Darsteller: Donnie Yen, Carman Lee, Edmond Leung, Dayo Wong, Ben Lam, Lai Suk Yin, Mak Wai Cheung, Tam Jan Dung u.a. |
Ein namenloser Outlaw zieht durch die Lande, beständig auf der Flucht vor einer Schar Bad Asses, die ihm um jeden Preis an den Kragen wollen. Warum, dass weiß er selber nicht so genau, hat er doch vor einiger Zeit bei einem traumatischen Erlebnis nicht nur seine Geliebte, sondern auch sein Gedächtnis verloren.
In einem Dorf mit vielen sonderlichen, aber herzensguten Einwohnern findet der Outlaw einen Unterschlupf und wird freundlich aufgenommen. Zudem trifft er eine Frau, die seiner Geliebten zum Verwechseln ähnlich sieht und die obendrein behauptet, ebenjene zu sein!
Doch der Outlaw hat nicht viel Zeit über diese Geschehnisse zu sinnieren. Immerhin sind ihm seine Verfolger dicht auf den Fersen und gefährden längst das Leben der Dorfbewohner und seiner Geliebten. Glücklicherweise kennt der Outlaw im Kampf um seine Freunde und Lieben keine Gnade.
Schaut in das Regiedebüt von Donnie Yen hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=z1JFx-qxg2Y
Donnie Yen („Ip Man“) überrascht in seinem Regiedebüt aus dem Jahr 1997 mit einem unheimlich ausgeprägten Stilwillen. Das Ergebnis ist eine Optik, die mit extravagant nur schwerlich umschrieben werden kann. Knallige Farben, Farbfilter aller Couleur, megaschräge Perspektiven, mehr als ungewöhnliche Einstellungen und eine fast schon expressionistische Lichtsetzung erschaffen ein optisches Gesamtkunstwerk, das man dem Mann fürs Grobe so niemals zugetraut hätte.
Leider gelingt es Donnie Yen nicht, diese Verve auf seine Geschichte zu übertragen. Die ist nämlich genauso reduziert und quasi nicht vorhanden wie es sich in der Inhaltsangabe andeutet. Yen versucht zwar, die Handlung durch eine in Rückblenden erzählte Rahmenhandlung komplexer erscheinen zu lassen. Wirklich verkompliziert wird die Geschichte dadurch allerdings um keinen Deut.
Nun ist eine reduzierte Story nicht immer von Nachteil und kann durch andere Elemente wie Daueraction wieder aufgewogen werden. Doch Yen findet lange kein echtes Gegengewicht für die schwache Erzählung. Action gibt es zwar, allerdings zunächst in viel zu geringem Umfang. Und auch die Verblüffung über das optische Konzept legt sich recht schnell – macht es doch vor allem zu Beginn auch den Überblick in der Action schwierig. Die Folge sind einige Längen im Mittelteil und ein seltsam kalt lassendes Figuren-Interieur. Jedoch hätte Yen spätestens für seinen hoch emotional gedachten Showdown ein echtes Pfund an Sympathie für seine Figuren benötigt.
Stattdessen weiß der Showdown in seiner jetzigen Form den Zuschauer emotional nicht zu berühren, während er in Actionhinsicht zu wahren Begeisterungsstürmen hinzureißen vermag. Denn Yen, der in den ersten 60 Minuten immer mal ein paar kleinere Duftmarken hinsichtlich der zu erwartenden Action setzte, kennt ab Minute 60 kein Halten mehr. Fortan knüppelt er bis zum Abspann alles nieder, was ihm vor die Fäuste läuft.
Dabei gibt es alle Yen-typischen Moves wie den eingesprungenen, fliegenden Spagat, den Dropkick und seinen eingedrehten Doublekick zu sehen. Und alle machen den gewohnt spektakulären Eindruck. Neben diesen Highflying-Aktionen fürs Poesiealbum ist Feingliedrigkeit für „The New Big Boss“ eher Nebensache. Stattdessen wird mit Schmackes auf die Omme gehauen. Straight, brutal, blutspritzend und mit teils extrem fatalen Folgen wie Durchbohrungen, Enthauptungen und brechenden Genicken.
Wichtig schien Yen dabei vor allem die Abwechslung gewesen zu sein. Spielen in einem Fight vor allem die Hände eine gewichtige Rolle, kracht’s im nächsten Fight nur per pedes. Wird gerade ein Gegner niedergeknüppelt, sind es in der nächsten Szene sicher zehn. Und kam gerade nur der Körper zum Einsatz, klirren in der folgenden Einlage die Schwerter. Ein kleines Highlight stellt eine interessant inszenierte Verfolgung zu Fuß dar, die in der Bebilderung der Ereignisse geradezu innovative Wege zu gehen weiß!
In der Action schraubt Yen seinen optisch beeindruckenden Stil ein wenig zurück. Es gibt keine Farbspielereien mehr und auch die Einstellungen sind nun eher praktischer Natur. Dennoch gibt es eine Menge fürs Auge. Seien es der ständige Wechsel zwischen offensichtlich beschleunigten Kampfeinlagen und megaedlen Zeitlupenstudien, die krassen Perspektiven, die überdurchschnittliche, bodenständige, weitgehend wireworkfreie Choreographie oder fast schon anmutig herumspritzende Blutfontänen, Yen setzt voll und ganz auf sein Talent für die Inszenierung von Actionszenen. Nicht umsonst wurde und wird er für die Realisierung von Actioneinlagen in fremdinszenierten Filmen zu Rate gezogen.
„The New Big Boss“ ist ein actionreicher Hongkong-Klopper
Was bleibt, ist ein brettharter, stark choreographierter Hongkong-Klopper mit beeindruckendem optischen Konzept. Allerdings leidet “The New Big Boss” unter einer gewissen Art emotionaler Unterkühlung, die es schwer macht, mit den Figuren und der sattsam bekannten Geschichte warm zu werden. Zumindest der Actionfan wird spätestens in dem lang ausgespielten Finale Furioso erstklassig bedient.
Die deutsche uncut DVD-Erstauflage (FSK 18) von MIG konnte dem optischen Anspruch des Filmes leider nicht genügen. Stattdessen schwankte die Bildqualität zwischen solidem S-VHS und grottigem VHS Niveau hin und her. Jahre nach der Erstveröffentlichung nahm sich WGF / SchröderMedia des Filmes an und bügelte ihn optisch extrem beeindruckend auf. Sowohl als DVD als auch als Blu-ray wartet diese auf 1000 Stück limitierte Fassung mit kuriosen Covern auf. Diese versprechen Wendecover ohne FSK-Flatschen. Stattdessen gibt es zweimal das gleiche Motiv – jeweils mit Flatschen! Obendrein werden Schauspieler genannt, die im Film nicht mitspielen, und besteht das GESAMTE Frontcover aus Motiven des Yen-Filmes „Flashpoint“!
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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