Nach drei Filmen um Daniel LaRusso folgte zehn Jahre nach dem Original das Reboot „The Next Karate Kid“. Mr. Miyagi (Pat Morita) bleibt, doch er bekommt eine neue Schülerin, die bockige Julie (Hilary Swank), die unter dem Tod ihrer Eltern leidet. Das Grundgerüst ist ähnlich, doch „The Next Karate Kid“ versucht die Formel etwas zu verändern – nicht besonders erfolgreich.
Originaltitel: The Next Karate Kid__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1994__Regie: Christopher Cain__Darsteller: Pat Morita, Hilary Swank, Michael Ironside, Constance Towers, Chris Conrad, Arsenio ‘Sonny’ Trinidad, Michael Cavalieri, Walton Goggins, Jim Ishida, Rodney Kageyama, Seth Sakai u.a. |
Nach dreimal „Karate Kid“ mit Daniel-san war nicht nur die Geschichte des jungen Kampfkunsttalents mehr als auserzählt, auch Hauptdarsteller Ralph Macchio wurde langsam zu alt für den Part. Doch rund zehn Jahre nach dem Original erschien mit „The Next Karate Kid“ der erfolglose Versuch eines Reboots.
Die große Konstante bleibt Mr. Miyagi (Pat Morita), den es im Sequel nach Boston verschlägt, wo er an einer Ehrung für Soldaten des Zweiten Weltkriegs teilnimmt, ebenso wie Louisa Pierce (Constance Towers), die Witwe eines verstorbenen Kameraden. Die hat so ihre liebe Not mit ihrer bockigen Enkelin Julie (Hilary Swank), die den Unfalltod ihrer Eltern nicht gut verkraftet. Also bietet Miyagi der gestressten Louisa an, dass sie sein Domizil in Kalifornien nutzen kann, während er sich eine Weile um Julie kümmert. Neuer Teen, neuer Ort – es war den Machern wohl wichtig keine 1-zu-1-Kopie des Erstlings zu erstellen.
Weil sich der Jugendfilm in den 1990ern von Suburb-Fantasien eines John Hughes entfernte und etwas kerniger sein wollte, sind hier nicht einfach nur irgendwelche Bullys die Schurken. An Julies Schule gibt es neben normalem Unterricht auch noch militärischen Drill für einige männliche Jugendliche, die von ihrem Ausbilder Colonel Dugan (Michael Ironside) auch gleich noch als Ordnungshüter eingesetzt werden. Unglücklicherweise hat Ned (Michael Cavalieri), ein führendes Mitglied der Alpha Elite genannten Bruderschaft, ein Auge auf Julie geworfen und akzeptiert kein Nein. Lustigerweise fragt er Julie immer, ob sie mit ihm zu den Docks gehen wolle, sie wisse ja, was das heiße. Später findet der Zuschauer heraus, dass dies nicht etwa die Lovers Lane von Boston ist, sondern dass sich die Alpha Elite da prügelt – hat Ned vielleicht ein etwas anderes Verständnis von Sexualität als der Rest der Menschheit? Oder will er nur, dass Julie ihn dort romantisch beim Kloppen anfeuert?
Jedenfalls sind das keine Umstände, die Julie weltoffener oder weniger verbittert machen. Als Miyagi jedoch ihr Talent für Kampfkunst erkennt, unterrichtet er sie in Karate, wie früher ihren Großvater. So langsam entsteht dabei ein Band zwischen Lehrer und Schülerin…
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„The Next Karate Kid“ sollte nicht einfach nur eine Neuauflage mit Genderwechsel bei der Hauptfigur sein, sondern tatsächlich ein paar Sachen bei ähnlichem Grundgerüst anders machen. Dummerweise schmiss man dabei vor allem jene Aspekte über Bord, die den Charme von „Karate Kid“ ausmachten. So lag der Reiz des Trainings beim Original ja darin, dass Daniel durch scheinbar profane Tätigkeiten Karate lernte („Auftragen, polieren“ bzw. „Wax on, wax off“). Hier gibt es immerhin den ironischen Gag, dass Julie Miyagis Polierauftrag ablehnt, aber dafür ist der große Teil ihres Trainings ein 14-tägiger Besuch in einem buddhistischen Kloster, in dem Kampfkunst wie in 2.385 anderen Martial-Arts-Filmen unterrichtet wird. Einzig und allein eine Szene, in der Miyagi sie zum Babysitten bei den Nachbarsrabauken schickt, diese mit Wurfgeschossen ausstattet und ihr so das Ausweichen beibringt, trägt noch ansatzweise den Spirit der originalen Trainingsmethoden in sich.
Außerdem wird hier noch weniger gekämpft als im Original. Es gibt kein Turnier, bei Begegnungen mit den Bullys rennt Julie immer weg und versteckt sich. So gibt es nur den Showdown so wie eine Szene in der Mitte, in der Miyagi ein paar unfreundlichen Rednecks an einer Tankstelle zeigt, wo der Frosch die Locken hat. Dummerweise ist diese Szene komplett verschnitten, um Pat Moritas nachlassende Bewegungsfähigkeit im Alter zu kaschieren. Auch bei seiner Begegnung mit Dugan im Finale wird jede spektakulärere Aktion Miyagis von hinten gezeigt, damit man Moritas Double kaschiert. Und Julie hat natürlich den obligatorischen Final Fight mit Ned. Ähnlich wie Macchio ist auch Swank sichtlich keine Martial-Arts-Expertin, sondern jemand, der ein paar auswendig gelernte Moves vorführt, aber wie bei Macchio sehen die doch recht brauchbar aus. Nur leider ist das Finale reichlich kurz, womit es kaum für die Actionarmut entschuldigt.
Vielleicht passt der etwas naive „Karate Kid“-Charme auch nur in die Eighties, nicht in das Jahrzehnt von Grunge und Generation X. Denn wo das Original noch aus einem (Zucker)Guss war, eine Welt darstellte, in der man eine dufte Persönlichkeit und ein schickes Auto brauchte, um bei den Girls zu landen, so knirscht es hier im Gebälk. Die Lovestory zwischen Julie und dem gutherzigen Alpha-Elite-Mitglied Eric (Chris Conrad) wirkt wie aus einer Nineties-Soap-Opera der Marke „Beverly Hills, 90210“ oder „Melrose Place“ entlaufen und beißt sich mit den Phasen, in denen „The Next Karate Kid“ besonders gritty sein will. So sind die Bösen hier nicht nur Bullys, sondern regelrechte Psychopathen, wenn sie am Ende sogar Erics wertvollen Oldtimer abfackeln, auf Befehl von Colonel Dugan – da übertreibt man es mit den Versuchen von neugefundenem Ernst etwas. Aber nicht nur wegen dieses Kontrasts hakt die Lovestory, sondern auch weil Julie anfangs übertrieben bockig und verschlossen rüberkommt. Noch nicht einmal ihren Namen wie sie Eric verraten.
Aber natürlich kommt dann der übliche „Karate Kid“-Ablauf, der Selbstverbesserung durch Training bedeutet. Während Daniel Selbstvertrauen lernte, lernt Julie sich erst gegenüber Miyagi, dann gegenüber dem Rest der Welt zu öffnen und mit ihrer Trauer umzugehen. Symbolhaft steht dafür der verletzte Wüstenbussard, den sie gesund pflegt und dann auf Miyagis Rat gehen lässt. Doch der Vogel funktioniert auch nur als Symbol, nicht als Part der Geschichte. Dafür muss das Script von Mark Lee („Fortunes of War“) muss schon einige Verrenkungen vollführen. Denn Julie versteckt das Tier auf dem Schulgelände, bricht bevorzugt nachts zum Füttern dort ein, zieht genau dadurch die Aufmerksamkeit der Alpha Elite auf sich, die wiederum den Bussard auf gar keinen Fall entdecken dürfen – eine Logik, die nur in Lees Kopf so wirklich Sinn gemacht haben dürfte. Immerhin hat sein Drehbuch ein paar nette Gags, die zum Schmunzeln anregen, etwa wenn Miyagi laut „A boy was easier“ verkündet.
Pat Morita („Bloodsport II“) ist in seiner Paraderolle dann auch der Anker des Films. So langsam wird das Ganze zur Routine, aber er absolviert den Part immer noch souverän und macht das Beste aus dem sonst so müden Film. Hilary Swank („The Hunt“) fällt eher in die Naja-Kategorie, was aber auch an der begrenzt sympathischen Rolle liegt, während ihr Boy-Toy Chris Conrad („The Specialist“) ein Totalausfall ist. Dafür zieht Michael Ironside („Turbo Kid“) seine 08/15-Schurkennummer mit Elan durch. Als Teil der Alpha Elite ist ein junger Walton Goggins („Tomb Raider“) zu sehen, während der overactende Chef-Bully Michael Cavalieri ironischerweise im Vorjahr noch in dem „Karate Kid“-Plagiat „American Karate Tiger“ mitgespielt hatte.
Dass dieser klägliche Reboot-Versuch weder bei Kritik noch Publikum erfolgreich war, ist kein großes Wunder. Denn der Film versucht zwar das Grundgerüst zu variieren, schmeißt aber genau jene Dinge über Bord, die das Original auszeichneten vom naiven Charme bis hin zu den ungewohnten Trainingsmethoden. Die Action kommt kaum vor, Logik und Figurenzeichnung machen arge Probleme und die Hauptfigur will nicht so recht sympathisch sein – ein ziemlicher Rohrkrepierer, den auch Morita und Ironside nicht wirklich retten können.
Sony hat „The Next Karate Kid“ hierzulande auf Blu-Ray und DVD herausgebracht, ungekürzt ab 12 Jahren. Als Bonusmaterial gibt es lediglich Filmographien auf der DVD.
© Nils Bothmann (McClane)
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