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The Princess

„The Princess“ ist eine Mischung aus „Stirb langsam“ und „The Raid“ vor mittelalterlicher Kulisse. Als Oberschurke Dominic Cooper und seine rechte Hand Olga Kurylenko das königliche Schloss überfallen, um die Macht an sich zu reißen, haben sie nicht mit Joey King als schlagkräftiger und wehrhafter Prinzessin gerechnet. Die nimmt im Alleingang den Kampf gegen die Bösewichte und deren Handlanger auf.

Originaltitel: The Princess__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Le-Van Kiet__Darsteller: Joey King, Olga Kurylenko, Dominic Cooper, Veronica Ngo, Ed Stoppard, Alex Reid, Katelyn Rose Downey, Antoni Davidov, Radoslav Parvanov, Ludmil Kehayov, Kristofer Kamiyasu, Fergus O’Donnell, Ivan Vodenicharov, Mitko Angelov u.a.
The Princess

Le-Van Kiet inszeniert “The Princess” als mittelalterliche Version von “Stirb langsam” und “The Raid”

Obwohl „John Wick“- und „Nobody“-Erfinder Derek Kolstad bei „The Princess“ lediglich als Produzent in Erscheinung trat, hätte man den Action-Autoren hinter dem Drehbuch des One-Woman-Army-Reißers erwarten können.

„The Princess“ steigt ähnlich unvermittelt in das Geschehen ein wie der ebenfalls von 20 Century Studios produzierte „Underwater“. Eine Prinzessin (Joey King) erwacht gefesselt in einem Turmzimmer, sieht sich ein paar Bewachern gegenüber und verarbeitet diese mit Martial-Arts-Skills zu Kleinholz, als wäre sie die kleine Schwester von John Wick. Die gute Dame bleibt den ganzen Film über namenlos, so wie ihre Eltern, der König (Ed Stoppard) und die Königin (Alex Reid). Man könnte sich fast an Walter Hills „Driver“ erinnert fühlen, in dem die Figuren ebenfalls nach ihren Funktionen benannt waren, doch „The Princess“ ist da nicht so konsequent, sondern gibt anderen Hauptcharakteren Namen.

Namen wie Lord Julius (Dominic Cooper). Der ist als Hauptantagonist an der Misere der Prinzessin schuld, wie man schnell anhand von Dialogfetzen rekonstruieren kann. Der ehrgeizige Adelige will zum Thronerben werden, Mittel zum Zweck sollte die Heirat der Königstochter sein, der sich die Prinzessin jedoch verweigerte. Also Plan B für den angehenden Despoten: Mit der eigenen Armee anrauschen, die Wachen umbringen, das Schloss besetzen und die königliche Familie gefangen nehmen. Zu einem klassischen Actionschurken gehört natürlich auch eine kampfstarke rechte Hand, in diesem Falle die peitschenschwingende Kriegerin Moira (Olga Kurylenko).

Mit der Flucht aus dem Turmzimmer ist die brandgefährliche Prinzessin jedoch auf freiem Fuß und vorerst vor der geplanten Zwangsvermählung sicher. Doch der blaublütige Badass denkt gar nicht erst an Flucht, sondern nimmt im Alleingang den Kampf gegen die Invasoren auf…

Schaut euch den Trailer zu „The Princess“ an

Stirb langsam“ im Mittelalter – wenn das mal kein reizvolles Konzept ist, das es tatsächlich in dieser Form noch nicht so gab. Wobei „The Princess“ dem „Stirb langsam“-inspirierten „The Raid“ eigentlich noch näher ist. Nicht nur durch die Non-Stop-Martial-Arts-Action, sondern auch durch die Reduktion. Die Prämisse des Kampfes gegen die Invasoren wird kaum über die Grundzüge hinaus entwickelt, auch ein paar erklärende Rückblenden sind bestenfalls schmückender Natur. Die Figuren sind keine Charaktere, sondern Archetypen, weshalb man der Prinzessin kaum abkaufen mag, dass sie Angst um ihre Schwester haben könnte oder dergleichen. Da bekam „The Raid“ trotz seiner größeren Abstraktion, die das Actionkino quasi auf seine Essenz herunterbrach, die emotionalen Einschübe und Twists doch etwas besser hin, wenn der Held um das Leben seiner Kameraden kämpfte oder es im letzten Drittel noch mal eine Enthüllung gab. Dem ist bei „The Princess“ nicht so – wenn hier mal eine sympathische Nebenfigur vermeintlich draufgeht, dann wird in Rekordzeit enthüllt, dass sie doch wohlauf ist und man hätte sich eh wenig drum geschert.

Stattdessen präsentiert „The Princess“ seine Actionorgie mit einem ironischen Augenzwinkern: Viele Gegner unterschätzen die vermeintlich zarte, hilflose Königstochter, ihr Kleid wird verschmutzt und zerrissen wie die Unterhemden von John McClane und als Running Gag muss ein dicker Landsknecht wieder und wieder die Strecke zwischen Burghof und hoher Turmkammer zurücklegen, um nach der vermeintlich eingesperrten Prinzessin zu schauen. Auch dieser Ansatz hat etwas für sich, macht er doch klar, dass „The Princess“ ist erster Linie simpler Action-Fun mit diversen Härten sein will, was für die Simpelstory und das beinahe vollkommene Fehlen von Charakterzeichnung entschädigt. Die Emanzipationsgeschichte der Prinzessin, die sich auch in den Augen ihres Vaters von Verheiratungsware zur würdigen Kriegerin und Thronerbin steigert, ist da auch bloß ein Wegwerfaspekt.

Im Vergleich zu „The Raid“ kann „The Princess“ auch nicht mit einer Kampfkunst-Sensation wie Iko Uwais in der Hauptrolle aufwarten, doch man muss der nicht als Actionstar bekannten Joey King („Bullet Train“) Respekt zollen: Sie ist in den Kampfszenen oft selbst am Werk und macht sich ziemlich gut, auch wenn man ihr ansieht, dass sie nicht ganz so agil oder elegant wie ein Martial-Arts-Experte bewegt. Schauspielerisch ist sie eher solala, aber sie muss sich ja in erster Linie brüllend auf immer neue Gegnerhorden stürzen. Immerhin hat das Script den einen oder anderen coolen Spruch für sie parat, vor allem in der Ansprache gegenüber Lord Julius, wie eine Ehe zwischen den beiden Aussehen könnte. Auch Veronica Ngo, die schon in „Furie“ von „The Princess“-Regisseur Le-Van Kiet die Hauptrolle spielte, ist in erster Linie zum Austeilen als Sidekick der namenlosen Heldin am Start. Darstellerisch sacken dann in erster Linie Dominic Cooper („Agent Carter“) und Olga Kurylenko („White Elephant“) Punkte ein, die zwar auch nur Bilderbuchschurken nach Stereotypen spielen müssen, dies aber mit Charisma und Elan.

So richtig beschäftigt ist dagegen das Stunt- und Fight-Team unter der Leitung von Kefi Abrikh („The 355“), Radoslav Parvanov („The Brave“) und Stanimir Stanatov („Jarhead: Law of Return“), das hier das Einmaleins des Martial-Arts-Film durchgeht, um für genug Abwechslung bei den zahlreichen Fights zu sorgen. So kämpft die Prinzessin mal alleine, mal gemeinsam mit Linh (Veronica Ngo), gegen einzelne Gegner, kleine Gruppen oder ganze Horden, mit bloßen Händen oder verschiedenen Kampfgeräten aus der mittelalterlichen Waffenkammer. Es gibt Kämpfe gegen Spezialgegner, darunter ein Hüne mit Hörnerhelm oder ein Kontrahent mit Breitschwert und Ganzkörperrüstung, am Ende natürlich die Final Fights gegen Moira (ausgestattet mit einer Spezialpeitsche) und Lord Julius. Es gibt einige nette Ideen bei den Set-Pieces, etwa einen Fight im Turmtreppenhaus, bei dem die Henchmen des Lords sich abseilen und durch gewagte Sprünge die Etagen im Kampfgetümmel gewechselt werden. Die Choreographie ist dynamisch, die Inszenierung übersichtlich und schick, allerdings noch nicht ganz auf dem Level eines „The Raid“ oder eines „The Night Comes for Us“. Dank in Hälse gerammter Schwerter, in Augen gestochener Metallstifte und abgesäbelter Köpfe hat das Ganze auch so seine Härten. Die verschiedenen Schlossräume bieten etwas optische Abwechslung und Raum für kleine Schleichpassagen, jedoch ohne „Stirb langsam“-Spannung oder größere Katz-und-Maus-Spiele. Die wenigen CGI-Effekte dagegen sind mau, darunter ein brennender Gegner oder eine Kletter-/Schwingpartie an der Außenfassade der Festung, aber die nehmen nicht viel Raum ein.

„The Princess“ will also nicht mehr sein als eine reine Martial-Arts-Actionorgie, in der die Geschichte in erster Linie eine Blaupause für zahlreiche Wemmsereien ist und Charakterzeichnung kaum stattfindet. Das hat nicht ganz die Eleganz oder rohe Kraft des Vorbildes „The Raid“, macht dank guter Choreographien, eines hohen Tempos und einer Portion Selbstironie aber durchaus Laune. Und auch wenn man aus der Idee mehr hätte machen können: Die Prämisse als „Die Hard“-Rip-Off im Mittelaltergewand verdient schon irgendwo Beifall.

Starke:

„The Princess“ ist eine Streamingproduktion von Walt Disney+, die in Amerika auf Hulu Premiere feierte, in Deutschland bei Disney+. Daher wurde der Film auch nicht offiziell von der FSK geprüft. Es kann allerdings sein, dass er bald von dem Dienst verschwindet und anderweitig weiter lizenziert wird.

© Nils Bothmann (McClane)

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