Dante Lam und Donnie Yen inszenierten mit „The Twins Effect“ einen von „Blade“, „Buffy“ und Co. beeinflussten Horror-Action-Fantasy-Klamauk, in dem Actionstar Jackie Chan eine größere Gastrolle hat. Die Hauptrollen spielen jedoch ein Vampirjäger und seine Partnerin, die Schwester des Blutsaugerkillers und deren neuer Freund, der allerdings ein Vampirprinz ist, womit Konflikte vorprogrammiert sind.
Originaltitel: Chin gei bin__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 2003__Regie: Dante Lam__Actionregie: Donnie Yen__Darsteller: Ekin Cheng, Charlene Choi Cheuk-Yin, Gillian Chung, Jackie Chan, Anthony Wong Chau-Sang, Edison Chen, Mickey Hardt, Josie Ho, Maggie Lau, Mandy Chung, Winnie Leung, Karen Mok, Ricardo Mamood, Digger Mesch, Marky Lee Campbell u.a. |
Anno 2003 entwickelte sich in Hongkong ein Film zum Kassenerfolg, dem in jenem Jahr allenfalls „Findet Nemo“ das Wasser reichen konnte: „The Twins Effect“, ein sichtlicher Zeitgeist-Film. „Blade“ und dessen Sequel hatten ordentlich Kasse gemacht, „Buffy“ ging in seine siebte und letzte Staffel, da wollte man auch in Hongkong ein Stück vom Kuchen abhaben und schraubte dieses sichtlich von den genannten Vorbildern inspirierte Filmchen zusammen.
Da Donnie Yen zuvor auch bei „Blade 2“ als Nebendarsteller und Fight Choreographer Erfahrung mit Vampir-Kloppereien sammeln durfte, beauftragte man ihn auch gleich mit der Inszenierung der Actionsequenzen, während Dante Lam („Operation Red Sea“) die hauptsächliche Regie übernahm. Wie „Blade“ und „Buffy“ geht es um besonders begabte Vampirjäger, in diesem Falle Reeve (Ekin Cheng), der im Auftrag einer Geheimorganisation Blutsauger jagt. Reeve sieht man nebst Partnerin in der famos choreographierten Eingangssequenz auch gleich in Action, das Duo ist siegreich, doch die Partnerin bezahlt mit ihrem Leben. Reeve schwört nach diesem Verlust sich nie wieder in eine Partnerin zu verlieben, was natürlich nach Filmlogik heißt, dass er bald in Versuchung geführt wird diesen Schwur zu brechen.
Derweil hat seine Schwester Helen (Charlene Choi) Beziehungsprobleme. Zufällig lernt sie nach dieser Krise den adretten Kazaf (Edison Chen) kennen. Was Helen allerdings nicht weiß: Ihr neues Date ist Vampirprinz. Zwar ein sehr netter, der keine Menschen aussaugt und Blut nur aus der Flasche oder dem Glas süppelt, aber sicherlich nicht der neue beste Freund ihres Bruders. Der wiederum erhält mit Gypsy (Gillian Chung) eine neue Mitstreiterin an seiner Seite, die sich als großer Fan des Vampirjägers entpuppt. Damit sind auch schon die Liebesfronten und weiteren Konfliktlinien schnell klar, auch wenn der Film damit nicht in die Pötte kommt.
Derweil ist auch der schurkische Vampir-Duke Dekotes (Mickey Hardt) im Anflug, der Übles vorhat: Wenn er alle Vampirprinzen killt und deren Macht aufsaugt, kann er als Übervampir die Apokalypse heraufbeschwören. Und er ist fast am Ziel: Nur Kazaf fehlt ihm noch…
httpv://www.youtube.com/watch?v=rxBCstmPR-A
Als unbedarfter Zuschauer darf man sich dabei fragen: Warum heißt das Teil überhaupt „The Twins Effect“? Denn Zwillinge kommen nirgends vor. Die Antwort liegt in der Besetzung: Charlene Choi („Rob-B-Hood“) und Gillian Chung („Ip Man: The Final Fight“) reüssieren außerhalb der Leinwand als Kantopop-Duo The Twins und sind sichtlich nicht zur Schauspielkunst geboren, wobei vor allem Choi mit ihrem Gequietsche und Gekreische einem immer wieder gehörig auf den Zeiger geht. Nicht, dass der Rest der Belegschaft so viel besser wäre: Ekin Cheng („Operation Golden Job“) ist okay, Edison Chen („The Dark Knight“) eher hölzern und Mickey Hardt („Die Schöne und das Biest“) aus der fröhlichen Overacting-Schule. So verleiht Hongkong-Veteran Anthony Wong („Exiled“) dem Film als Kazafs rechte Hand noch einen Hauch Gravitas, während zwei andere Stars für Cameo-Rollen vorbeischauen: Jackie Chan („Vanguard“) gibt einen Krankenwagenfahrer, der mit Rollenname natürlich Jackie heißt, Karen Mok („Man of Tai Chi“) seine schwer alkoholisierte Braut, deren Hochzeit von Helen und Kazaf gecrasht wird. Chan ist noch in einer zweiten Szene am Start, in der er sein Slapstick-Fighting zeigen darf.
Ansonsten ist „The Twins Effect“ ein Produkt seiner Zeit, in der das Hongkong-Genrekino seine Action bevorzugt mit Anleihen aus dem Fantasy-, Sci-Fi- und Superheldenkino vermengte, wie etwa in „So Close“ oder „Silverhawk“. So auch hier, wenn gern mit Drahtseileinsatz und wenig Bodenhaftung gefightet wird, auch wenn „The Twins Effect“ von Donnie Yens Actionregie profitiert: Trotz des Wireworks wirkt das Ganze nie zu abgehoben, es ist Raum für spektakuläre Schlag- und Trittkombinationen, die Choreographie ist stark, die Inszenierung dynamisch. Dummerweise haut „The Twins Effect“ sein Glanzstück gleich in der Auftaktsequenz raus, während der Showdown etwas kurz und generisch daherkommt. Dazwischen das eine oder andere Scharmützel: Eine Vampirattacke auf einen Krankenwagen (inklusive Chan-Slapstick-Kloppe, an deren Ende die Blutsauger mit Pillen ruhiggestellt werden), ein Kräftemessen zwischen Vampir und Jäger in einer Gasse und eine Comedy-Prügelei, in der sich Helen und Gypsy auf der Dachterrasse um einen Teddy streiten. Denn auch die Damen mögen einander anfangs nicht.
Doch trotz dieser simplen Konfliktlinien kommt „The Twins Effect“ nie aus dem Quark, mäandert hin und her. Bis Reeve sich des neuen Männe an der Seite seiner Schwester klar wird, geschweige denn von dessen Vampirnatur erfährt, ist der Film fast gänzlich um, die Abneigung der beiden Mädels nur für den erwähnten Zweikampf gut. Vor allem aber entwickelt der Film nie einen Flow, scheint teilweise willkürlich Szenen aneinanderzureihen und für eine Comedy-Einlage wie den erwähnten Hochzeitsbesuch lässt den eigentlichen Plot von „The Twins Effect“ gern auch über weite Strecken ruhen. So erscheinen der Oberschurke und sein Evil-Plan eher wie Nachgedanke, worin dieser Plan überhaupt besteht, wird nur im Ansatz erklärt, aber da man sich hier so offensichtlich bei „Blade“ bedient, kann das Publikum die gedanklichen Lücken einfach mit Erklärungen aus dem Vorbild zukitten. Das funktioniert bei dem sprunghaften Handlungsverlauf dann nicht mehr, der von Hölzchen auf Stöckchen kommt.
So schmachten sich mal die Lover an, mal krepiert Kazaf fast, weil der feine Herr kein Blut am lebenden Objekt zapfen möchte und erst Ersatz im Krankenhaus besorgt werden muss. Den schüttet sich Kazaf auch nicht direkt rein, sondern man lässt sich im geschwächten Zustand lieber von den Schergen des Duke verfolgen. Blut braucht derweil auch Reeve, der sich vor dem Kampf stets mit Vampirblut stärkt, aber binnen 90 Minuten ein Gegengift einnehmen muss, da er sonst selbst zum bösen Beißer wird. Das führt zu einer wahnsinnig konstruierten Sequenz, in welcher das Gegenmittel und ähnlich aussehende Bananenessenz vertauscht werden und aufgrund absurder Drehbuchvolten kein direkter Ersatz vorrätig ist. Der Humor besteht dann auch aus meist unbeholfenem Slapstick, oft eher nervig als wirklich witzig. Die Trefferquote der Gags ist gering, ein paar nette Momente hat „The Twins Effect“ schon: Etwa wenn Helen bei Nennung ihres Namens vor dem untreuen (Ex-)Freund steht als sei sie Beetlejuice oder wenn Jackie im Kampf gegen einen Vampir ungläubig dessen Beißerchen betatscht, um sich von deren Echtheit zu überzeugen.
Ein ordentliches Budget und von Donnie Yen stark choreographierte Actionszenen, in denen Wirework kein Makel ist, kann „The Twins Effect“ sicherlich auf der Habenseite verbuchen. Allerdings ist dieser aus bekannten Vorbildern zusammengeklau(b)te Mix aus Action, Fantasy, Romanze und Horror jedoch sprunghaft und schlecht erzählt, der Humor meist eher nervenraubend und die Charaktere für das anberaumte Drama viel zu uninteressant – wenn es im Finale dann Hauptfiguren erwischt, geht dies einem eher am Pöter vorbei. Ein eher mäßiges Vergnügen trotz der Actionkompetenz von Donnie Yen und zweier Jackie-Chan-Auftritte.
© Nils Bothmann (McClane)
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Bunt, schrill, stylish, trendy, das sind die Attribute der Jugend. Tiefgang, Komplexität, Individualität und Ästhetik sind die Werte ausgewachsener Filmliebhaber – so viel zur allgemeinen Annahme der Rollenverteilung von Filmkonsumenten. „The Twins Effect“ ist Hochglanzbombast, der sich an den Attributen der Jugend orientiert. Ein Film mit kurzer Haltbarkeit, denn wenn der Jugendliche vielleicht irgendwann mal zum Filmliebhaber heranwächst, hat diese Eintagsfliege längst von ihrem Zauber verloren.
Was ich damit sagen will: Dante Lam („Operation Mekong“) inszenierte einen im höchsten Maße austauschbaren Trendfilm mit dem ältesten Klischee der Welt: Vampiren. Und nichts wird getan, um dieses oder andere Klischees zu einer originellen Story zu verarbeiten. „The Twins Effect“ bietet die uninspirierteste, am meisten bei erfolgreichen Vorbildern zusammengeklaute Vampirgeschichte, die man in den letzten Jahren auf der Leinwand sehen konnte.
Zwölfjährige lassen sich aber schnell genug von Zahnprothesen und Kontaktlinsen beeindrucken – vor allem, wenn die Mitglieder der Popgruppe „Twins“ zwei der drei Vampirjäger verkörpern und dem Film werbegerecht auch noch seinen Titel verleihen. Da ist jeder Gedanke an eine gute Geschichte oder anderweitige Originalität verschwendet.
Dabei ist die Optik wirklich schick geworden und der Opener im Bahnhof ist eine echte Actiongranate, der es an nichts fehlt. Fantastisch übertriebenes, superb eingesetztes Wirework, hammermäßige Kamerafahrten, erstklassige Kampfchoreografien, passend verwendete Special Effects und akzeptables Make Up kollabieren in feinsten Bildern miteinander und entfesseln einen stilistischen Adrenalinschub der Extraklasse.
Schon bald wird jedoch klar, dass der Höhepunkt hiermit bereits geschaffen ist und die Vampiraction einer beliebigen Teenie-Liebeskomödie weichen muss – Brei, für den man spätestens dann zu alt ist, wenn man die Volljährigkeit erreicht hat. Es mag zwar stylish sein, was da geboten wird, Stil hat es deswegen aber noch lange nicht. Zu kindisch wirkt die Comedy der sichtlich unerfahrenen Jungdarsteller, zu selten zündet mal ein Gag und zu oft wird man an Asiaklischees von Jugendlichen erinnert, die vor Konsolen oder Spielautomaten hängen und aalglatte Mangafiguren durch einen bunten Wust steuern, der quäkende Piepsgeräusche von sich gibt. Da ist ein Unterschied zwischen dem Aufbruch einer Next Generation, wie sie hier gezeigt wird, und dem, wie beispielsweise Benny Chan es mit „Gen-X Cops“ dargestellt hat.
So funktioniert zwar hin und wieder mal das schrille Gekreische der Schwester des Vampirjägers, wenn ihr etwas nicht in den Kram passt, es hat aber nicht mehr als einen gewissen Kuriositätenwert, den auch das Gebrabbel der Pokémon-Tierchen vorweisen kann.
Die Kampfsequenzen zwischen den größeren Events im Intro und im Finale sind dann auch oft auf die Wehwehchen der Figuren ausgelegt. So prügeln sich des Vampirjägers Schwester (Charlene Choi) und seine neue Assistentin (Gillian Chung, beide Mitglieder der „Twins“) mit Schlagstöcken durch den Vorgarten und tun damit ihre gegenseitig fehlende Wertschätzung kund. Es ist und bleibt nett anzuschauen, ist dabei aber vollkommen substanzlos.
Zerfahren ist der Plot ohnehin, werden doch alle paar Minuten sehr komische Nebenschauplätze integriert, die mit der Vampirstory nur wenig gemein haben. Auf diese Weise kommt auch Jackie Chan („Iron Mask“) zu seinem ersten von zwei Auftritten in seinem etwas ausgeweiteten Cameo als Bräutigam, der später noch einen Krankenwagen steuern wird. Es ist immer nett, Jackie zu sehen, doch ein wenig sinnvoller hätte er gerne eingebaut werden können. Ganz witzig ist die Situation bei der Hochzeit ja, aber pointenfrei und eben so unnötig, dass niemand etwas vermisst hätte, wäre die komplette Sequenz gestrichen worden.
Vielleicht sollte so abgelenkt werden von jener uninspirierten Bearbeitung des schon so oft beackerten Vampirmythos, dem Dante Lam wirklich keine neue Faser abgewinnen kann. „Blade“ ist hier zweifellos eine gern gesehene Vorlage, „Underworld“ und auch sonst alles, was zuletzt mehr oder weniger erfolgreich versucht hat, den Vampirfilm mit Hochglanzaction zu verbinden. Vampirregeln werden vollkommen beliebig aufgestellt und einfach so in den Raum geworfen, damit überhaupt die Szenarien irgendwie möglich sind, die das Drehbuch aufwirft. Konnte „Blade“ mit dem Virus-Ansatz noch eine einigermaßen befriedigende Erklärung für die Existenz von Vampiren liefern, und strickte auch „Underworld“ eine vielleicht nicht immer zum Geschehen passende, aber akzeptable Epik-Vorgeschichte, versinkt „The Twins Effect“ im Sieg des „Styles“ über die „Substance“ völlig im Kauderwelsch. Die „Kulturisierung“ der adligen Rasse der Vampire gerät mit feinen Restaurants, die den etwas anderen „edlen Tropfen“ führen, total kitschig und allgemein ist der gesamte Plot nichts weiter als ein Alibi.
Da überrascht es, dass die einzigen guten Gags immer auf Kosten der Vampire gehen, was zum Teil daran erinnert, wie in Romeros drittem und viertem Teil seiner Zombie-Trilogie die Untoten für dumm verkauft wurden. Die Verwandlung Reeves in einen Vampir ist ein echter Spaß, denn während er langsam auf den Geschmack von Blut kommt und noch hin- und hergerissen ist zwischen seiner Zugehörigkeit zu beiden Spezies, entwickelt sich Slapstick vom Feinsten. Dumme Grimassen und ein Spiel mit den vampirischen Trieben sind immer mal wieder für einen Lacher gut.
Jackie Chans zweiter Auftritt ist in diesem Zusammenhang auch wieder etwas sinniger, denn diesmal darf er kurz den Vampiren ans Leder, wo er wieder seine klassische Verdutztheit ausspielen darf und seinem Opponenten an die Zähne fasst, um zu überprüfen, dass er da wirklich mit einem Vampir kämpft. Köstlich. Nicht nur, weil es Jackies Humor entgegenkommt, sondern auch, weil die Vampire damit noch weiter an der Nase herumgeführt werden.
Die restliche Action muss aber cool sein, wurde beschlossen, und der Endkampf – nicht ganz so sehenswert wie das Intro, aber ebenso bombastisch – setzt wieder auf Dynamik und fehlende Ausstrahlung der Hauptdarsteller und ihres Gegners, der Eindruck nur durch sein Make Up macht. Der Score im Übrigen ist die ganze Zeit über entweder grottenschlechter Trance-Wust oder eine 1:1-Kopie des „Batman“-Scores. Seele hat das alles nicht mehr, doch es gereicht den Ansprüchen des Zielpublikums allemal.
Das ist in Ordnung, genauso wie der Film im Gesamten, muss mich aber noch lange nicht zufriedenstellen. Ich erkenne an, dass die Action sehr ordentlich ausgefallen ist und Wirework nicht immer was Schlechtes sein muss, störe mich aber sehr an dem lieblos ausgearbeiteten Vampirszenario, der gähnend langweiligen Teenie-Romanze und fehlender Innovation in allen Bereichen. Ein Wiederseh-Effekt ist nicht gegeben.
© Sascha Ganser (Vince)
Die DVD kommt von Universal ab 12 ungeschnitten. Bild und Ton sind gut, Extras nur Standard (Making of, Interviews, Trailer).
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