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The Wandering Earth 2

Originaltitel: Liu Lang Di Qiu 2__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Frant Gwo__Darsteller: Andy Lau, Jing Wu, Zina Blahusova, Zhang Fengyi, Anil Joseph, Matias Lorieri, Regina Wan, Jeremiah Blakely, Wang Zhi, Temur Mamisashvili u.a.
The Wandering Earth 2 DVD Cover

Wie kam die wandernde Erde ans Wandern? “The Wandering Earth 2” verrät es.

2019 flimmerte ein auf der Kurzgeschichte „Die wandernde Erde“ von Liu Cixin basierender Science-Fiction-Film über die chinesischen Kinoleinwände. Regisseur Frant Gwos Film „Die wandernde Erde“ war bis dato die größte Science-Fiction-Produktion Chinas. Die in ihrem Heimatland brutal abräumte: Knapp 700 Millionen Dollar kamen hier zusammen. Im Rest der Welt übernahm Netflix. Das massive Einspielergebnis alleine in China reichte aber freilich aus, um sich Gedanken über eine Fortsetzung zu machen. Diese erhielt sogar in unseren Breiten einen limitierten Kinorun und erzählt folgende Geschichte.

Die Sonne stirbt und dehnt sich aus. In 100 Jahren wird sie die Erde verschlungen und in 300 Jahren das gesamte Sonnensystem zerstört haben. Die Menschheit muss handeln. Sie begründet eine neue Weltregierung und überträgt dieser die Aufgabe, sich um das Überleben der Menschheit zu kümmern. Diese fasst einen verwegenen Plan mit dem Projektnamen „Berg Versetzen“.

Auf der Erde sollen dementsprechend 10.000 gewaltige Triebwerke installiert werden, um unseren blauen Planeten aus dem Sonnensystem herausbewegen zu können. Mehrere Jahrhunderte wolle man so durch den Weltraum reisen, bis man in sicherer Entfernung sei. Parallel soll auch der Mond mittels Triebwerken bewegt werden, um dessen Gravitationswirkung auf die Erde zu beseitigen.

Wie das so ist, finden das freilich nicht alle Menschen toll. Überleben – pfft, wie langweilig. Also entwickeln sich Gegenbewegungen. Die erfolgreichste und gefährlichste ist die Bewegung „Digitales Leben“. Diese träumt von einem Weiter-Existieren der Menschheit im World Wide Web. Diese Bewegung schlägt zu Beginn von „The Wandering Earth 2“ gewaltig zu und hackt die wichtigsten technischen Einrichtungen des Projektes „Berg Versetzen“.

Schaut in den Film hinein

Epischer Katastrophenfilm mit Andy Lau und Wu Jing

Nach 20 Minuten grober Verortung der Handlung und der ersten Figuren reicht der immer leicht größenwahnsinnig anmutende Science-Fiction-Film eine 15 Minuten lange Actionszene, die jedem „Independence Day“ zum Showdown gereichen würde. Es kracht und knallt ohne Unterlass. Drohnen und Kampfgeräte explodieren, Chinas Superstar Wu Jing („Wolf Warrior“) kämpft gegen Lumpen in der Schwerelosigkeit und Raumstationen krachen auf die Erde. Und Regisseur Frant Gwo denkt gar nicht mehr daran, Gänge zurückzuschalten.

Sein „The Wandering Earth 2“ bleibt immer übergroß, sieht superteuer aus, wuchert mit einem Massenauftrieb an Statisten und ist auch in seinen Effekten spektakulär gut. 26 Special-Effects-Schmieden sollen an dem Film mitgewirkt haben. Schon die Auftaktactionszene macht das glaubhaft.

Selbige beendet die Einführung der Figur von Wu Jing. Der gibt zunächst seltsam kasperhaft – und darum unglaubwürdig – einen Raumschiffpiloten. Allerdings steigert er sich zusehends – vor allem, wenn er sich verliebt und diese Liebesgeschichte wunderbar beiläufig, berührend und kitschfrei gereicht wird. Erstaunlich: Wie „Meg 2“ verleugnet „The Wandering Earth 2“ fast vollständig Wu Jings Actionman-Qualitäten.

Wu Jing in "The Wandering Earth 2"

Wu Jing rettet Leben.

Nach der alles erschütternden Action ist es dann an der Zeit, den zweiten Superstar der Chinesen in die Handlung zu werfen. Es handelt sich um Andy Lau („Three Kingdoms“). Der wirkt zu Beginn ein wenig unglücklich mit seiner Figur und deren Tech-Gebrubbel, aber er steigert sich in seine Rolle hinein. Wenn dieser ihr emotionaler Unterbau eingezogen wird, läuft Andy Lau als Wissenschaftler mit Fokus auf die Entwicklung hochmoderner Technologie richtig rund.

Der Film selbst wird da aber sperriger. Die ganze Idee vom Leben im Web ist brutal abstrakt. Und hat auch Logikfehler. Denn was nützt es, ins Web eingespeist zu werden, wenn die Sonne die Erde zerstört? Dann gibt es halt auch kein Internet mehr. Dieses Logikloch wird irgendwann brachial zugefahren, aufgrund der Ausrichtung von Laus Figur bleibt es aber gegenwärtig und muss im Showdown punkten.

Die beiden Schauspieler halten einen ordentlich im Film drin. Der umspannt im Übrigen mehrere Jahrzehnte Erzählzeit. Wo die Produktion erneut technisch punktet. Denn mittels Aging- und Deaging-Technologien werden die beiden Stars absolut überzeugend an den jeweiligen Lebensabschnitt angepasst. Wo man sonst so gerne über chinesische Special Effects meckert, hier wird mal geklotzt. So richtig.

Andy Lau in "The Wandering Earth 2"

Andy Lau geht es lieber wissenschaftlich an.

Die Tatsache, dass der Film über mehrere Jahrzehnte hinweg erzählt wird, geht mit einer episodischen Struktur einher. Man muss dazu wissen, dass „The Wandering Earth 2“ ein Prequel zu „The Wandering Earth“ darstellt. Während in „The Wandering Earth“ die Erde bereits durchs All flog und die Menschheit diverse Unwägbarkeiten überwinden musste, erzählt das Prequel nun den Weg bis zum Start der „Wandernden Erde“. Und dafür hakt die Story die wesentlichsten Punkte/Ereignisse ab. So entsteht kein wirklicher erzählerischer Fluss, spannend bleibt die Erzählung aber trotzdem.

Auch dank eines interessanten Kniffes: Immer wieder gibt es Texteinblendungen, die auf kommende Probleme oder Großerfolge hinweisen. Der Film baut an Spannung und Dramatik auf. Der Zuschauer ist gespannt, was wohl wie passieren wird und staunt dann über die Ereignisse, die an fetten Spektakelbildern über den Screen toben. Kurz darauf wird das nächste spannende Ereignis geteased. Und so weiter und so fort. „The Wandering Earth 2“ ist infolgedessen ein dramaturgisches Auf und Ab. Allerdings ist das auch genauso gewollt – und es funktioniert.

In Richtung Finale wird das Prinzip dann ein wenig geparkt. Frant Gwo will in Richtung Showdown abbiegen und konzentriert sich mehr auf Klein-Klein. Und Pathos. Und Andy Laus Figur und deren „Problemchen“. Sofort wird es für den Film schwierig. Der verliert an Zug und Schwung. Fette Explosionen, auf die Erde krachendes Gestein und dergleichen mehr rütteln aber immer wieder wach und machen, man kann es nicht oft genug sagen, staunen.

Wissenschaftler planen die wandernde Erde.

Wissenschaftler aus aller Welt planen die Weltenrettung.

Auch weil es den Effektkünstlern und Machern offensichtlich wichtig war, auch einen gewissen Realismus in den Film zu bekommen. Explosionen im All ersticken mangels Sauerstoff sofort, auf dem Mond gerät der Film beinahe zum Stummfilm. Denn da draußen hört dich nun einmal niemand schreien. Auch der technische Entwicklungsgrad im Film wirkt glaubhaft. Die ganzen technischen Geräte wirken ergo wie Weiterentwicklungen jetzt aktueller Technik.

Natürlich bleibt der Film diesem Realismus nicht vollends verhaftet. Vor allem der lang und breit zelebrierte Weltraumaufzug ist wunderbar drüber und dient als Lieferant sehr fetter Bilder. Wobei auch hier Elemente enthalten sind, die erkennen lassen, dass man so realistisch wie möglich zu arbeiten versuchte. Dass große Teile des Aufzuges wirklich auf riesigen Soundstages gebaut wurden, sorgt für zusätzlichen Impact und lässt die hier spielenden Szenen so gut funktionieren.

Auch sonst hat „The Wandering Earth 2“ einen fetten Kinolook. Es wirkt, als habe sich der Regisseur selbst Close-ups verboten. Es dominieren immer wieder Totalen, die den Aufwand der Produktion eindrucksvoll festhalten. Zudem setzt Frant Gwo auf eine angenehm dynamische Kamera, die immer wieder durch Szenerien fliegt oder sie umkreist. Das kreiert einige Gänsehautabgänge. Absolut spektakeltauglich ist auch der Soundtrack zum Film, der ein paar wirklich coole Themen transportiert und die Bilderflut zusätzlich antreibt.

„The Wandering Earth 2“ bietet fettes Spektakelkino

„The Wandering Earth 2“ ist der filmgewordene Inbegriff für den Begriff Spektakelkino. Wenn hier nach 20 Minuten Laufzeit die 15-minütige Auftaktactionszene über den Screen tobt, weiß der Zuschauer, worauf er sich einstellen kann. Denn Regisseur Frant Gwo macht in diesem Duktus unbeirrt weiter. An allen Ecken und Enden protzt das Ergebnis mit Aufwand und übergroßen Bildern. Und selbst die Geschichte kann da mithalten. Denn das grundlegende Szenario ist sehr spannend und angesichts aktueller Naturkatastrophen und Entwicklungen nur zu plausibel.

Wie groß der Film ist, zeigt schon die Tatsache, dass eigentlich alles umstürzende Ereignisse wie das Stoppen der Erdrotation mal eben in Nebensätzen gereicht werden. Erstaunlich ist zudem, wie wenig Patriotismus sich in den Film verirrt hat – wohingegen die Gemeinschaft mit der ganzen Welt als Problemlöser angepriesen wird. Das kennt man so nicht zwingend aus dem Reich der Mitte.

Der „Digitales Leben“-Subplot hingegen schadet dem Film. Viele Ereignisse um Andy Laus Figur verfangen nur, weil er sie souverän transportiert, die Erzählung hingegen machen sie eher schwierig. Schade ist auch, dass in dem Drei-Stunden-Spektakel kaum Nebenfiguren irgendwie vertieft werden. Ein weiterer Wermutstropfen ist das hängende Tempo im letzten Drittel des Filmes. Doch selbst derartige Probleme machen den insgesamt gelungenen Eindruck dieses Desasterknallers nicht kaputt. Da kann man nur anerkennend den Daumen heben.

08 von 10

Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film kommt von PLAION PICTURES, ist mit einer FSK 12 ungeschnitten und hat ein paar kleinere Featurettes zum Filmereignis an Bord, die Einblicke in den betriebenen Aufwand gewähren. Freilich kann man den Film auch digital genießen.

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: Plaion Pictures__Freigabe: FSK 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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