Regisseur und Drehbuchautor Taylor Sheridan legt mit „They Want Me Dead“ einen Actionthriller im Stile des Genrekinos der 1990er vor. Als Aidan Gillen und Nicholas Hoult als Killerduo den Sohn eines getöteten Zeugen durch die Wildnis jagen, ruft dies Feuerspringerin Angelina Jolie auf den Plan, welche den Jungen beschützt und sich den Schurken entgegenstellt, während ein Waldbrand wütet.
Originaltitel: Those Who Wish Me Dead__Herstellungsland: USA/Kanada__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: Taylor Sheridan__Darsteller: Angelina Jolie, Nicholas Hoult, Aidan Gillen, Finn Little, Jon Bernthal, Medina Senghore, Jake Weber, Tyler Perry, Tory Kittles, James Jordan, Lora Martinez-Cunningham, Howard Ferguson Jr., Laura Niemi, Dylan Kenin u.a. |
Ein weiteres Kapitel in der langen Reihe englischer Actiontitel, die hierzulande ebenfalls englische, aber deutlich simplere Namen bekamen, natürlich von Warner, dem Studio hinter „Out for Justice“/„Deadly Revenge“, „3.000 Miles to Graceland“/„Crime is King“ und „Cradle 2 the Grave“/„Born 2 Die“, die aus „Those Who Wish Me Dead“ in Deutschland „They Want Me Dead“ machten.
Wie schon beispielsweise „Backdraft“ oder „No Way Out – Gegen die Flammen“ (der im Original den Titel „Only the Brave“ trug) huldigt „They Want Me Dead“ Feuerwehrleuten als Helden, in diesem Falle den Feuerspringern in Montana, die Waldbrände bekämpfen. Zu diesen gehört auch Hannah Faber (Angelina Jolie), die zwar mit den Kameraden emsig trinkt und für waghalsige Stunts auch außerhalb der Arbeit bereit ist, aber damit auch ein inneres Trauma kompensiert: Bei einem ihrer letzten Einsätze kalkulierte sie die Windrichtung falsch, sodass drei von den Flammen eingeschlossene Jungen zu Tode kamen. Seitdem schiebt sie in erster Linie Dienst auf einem wackeligen Aussichtsturm.
Anderswo gehen zwei Profis eines anderen Gewerkes an die Arbeit: Die Auftragsmörder Jack (Aidan Gillen) und Patrick (Nicholas Hoult) ermorden einen Staatsanwalt nebst Familie und sprengen dessen Haus in die Luft, um Beweise zu vernichten. Allerdings schafft es die Explosion in die Nachrichten, woraufhin der forensische Buchhalter a.k.a. Wirtschaftskriminalitätsprüfer Owen Casserly (Jake Weber) seinen Sohn Connor (Finn Little) plus Beweismaterial ins Auto packt, vermutet er doch (zu Recht) bald das nächste Ziel zu sein. Unterschlupf soll ihm Ethan Sawyer (Jon Bernthal) gewähren, seines Zeichens Schwager Owens, Deputy Sheriff in Park County und Ex-Freund Hannahs, womit fleißig die Fallhöhe für die beteiligten Figuren erhöht wird.
Anhand von Indizien können die Killer sich allerdings ausrechnen, wohin Owen geflohen ist, lauern ihm auf und erschießen ihn im Auto, das danach crasht. Connor kann jedoch mit den Beweisen in den Wald fliehen und trifft dort auf Hannah. Damit wird auch sie zum Ziel der Killer, die Connor tot sehen wollen und zur Ablenkung auch noch einen Waldbrand legen…
Schaut euch den Trailer zu „They Want Me Dead“ an
Regisseur und Co-Autor Taylor Sheridan wurde vor allem durch seine Modern-Frontier-Trilogie aus „Sicario“, „Hell or High Water“ und „Wind River“ bekannt – raue Thriller mit Western-Anleihen, die gleichzeitig über Themen wie den Drogenkrieg, die Verarmung des ländlichen Amerikas oder die Behandlung indigener Einwohner sprachen. Der rural-raue Genreaspekt ist in seiner dritten Regiearbeit „They Want Me Dead“, basierend auf dem (im Original gleichnamigen) Roman von Michael Koryta, geblieben, Subtexte sind diesem Actionthriller aber fremd. Nicht nur das, auch die Hintergründe bleiben bloße Chiffre: Worin die Beweise bestehen, die Owen gefunden hat, wer das Killerduo beauftragt hat, welches Verbrechen vertuscht werden soll – all das bleibt im Dunklen. Selbst ein Treffen Jacks mit einem Auftraggeber vermittelt keine neuen Informationen, sondern unterstreicht nur, dass a) die Hintermänner auch den jungen Connor tot sehen wollen und b) ein zeitgleicher Mordanschlag mit zwei Teams auf beide Zielpersonen besser für die Schurken gewesen wäre. Allerdings hätte es dann auch keinen Film gegeben, weshalb das Drehbuch diesen Umstand zwar anspricht, aber nur so halb erklärt, warum die sonst so gut betuchten und gut ausgestatteten Verschwörer ausgerechnet in dem Punkt knauserig waren.
So erscheint „They Want Me Dead“ als auf das Wesentliche heruntergebrochene Actionthriller-Ware, die vom Flair eher an die 1990er erinnert, allen voran das ähnlich gelagerte Howie-Long-Vehikel „Firestorm“, in dem es ebenfalls ein Smokejumper vor Waldbrand-Hintergrund mit schurkischen Gangstern zu bekam. Das eiskalte Mordbubenduo, das skrupellos Zielpersonen und lästige Zeugen beseitigt, evoziert mit seinem drastischen Vorgehen Nineties-Schurken wie Milo aus „Last Boy Scout“, Eric Qualen aus „Cliffhanger“ oder Joshua Foss aus „Sudden Death“. Ebenfalls an jenes Jahrzehnt erinnert die Every(wo)man-Actionheldin, die nicht zur Überfrau stilisiert wird. Sie benutzt vor allem ihren Einfallsreichtum, ihre berufsbedingten Fähigkeiten und alltägliches Handwerkszeug wie eine Kletteraxt gegen die bösen Buben. Zudem ist sie nicht allein im Kampf gegen die Killer, nachdem auch Ethan und seine Frau Allison (Medina Senghore) in die ganze Sache hineingezogen werden.
Dieser Realismus-Aspekt ist allerdings Fluch und Segen zugleich. Einerseits sorgt er für angenehm raue, bodenständige Actionsequenzen, die Sheridan ohne Stilisierung, ohne Mätzchen als Überlebenskampf auf Leben und Tod inszeniert. Wenn hier gekämpft, geblutet und gestorben wird, dann geht es ums Ganze. Andrerseits ist die Menge von zwei Schurken etwas überschaubar, sodass sich der Actionanteil in Grenzen hält und das Drehbuch sich bisweilen zumindest leicht verrenken muss, um zu erklären, warum die Schurken mit manch unwichtiger Nebenfigur kurzen Prozess machen, manch wichtige Nebenfigur aber wegen vermeintlicher Nützlichkeit nicht sofort über den Haufen ballern. Neben dem Kampf Mensch gegen Mensch kommt der Kampf gegen das lodernde Feuer hinzu. In einigen größeren Szenen sieht man dem Ganzen seine Herkunft aus dem Rechenknecht an, meist funktioniert es allerdings gut als spannungssteigerndes Element, wenn die Helden den Flammen entkommen müssen oder dies sogar im Kampf gegen die Killer einsetzen. Für den einen oder anderen netten Stunt ist auch gesorgt, inklusive Fallschirmsprungeinlage der Smokejumper gegen Ende, die nicht nur schick aussieht, sondern auch das Hohelied auf die tapferen Feuerwehrleute nochmal so richtig offensichtlich visualisiert – das ist schon plumper als man es sonst von Sheridan gewohnt ist.
Sowieso hat „They Want Me Dead“ mit ein paar schreiberischen und inszenatorischen Problemen zu kämpfen. Hannahs Trauma wird etwas zu oft erwähnt, gerade die wiederholten Rückblenden zum verhängnisvollen Einsatz etwas zu viel des Guten, während das Zusammenspiel zwischen ihr und Connor das Offensichtliche überbetont: Auf der einen Seite Hannah als eine Art Ersatzmutter für Connor, der nun beide Elternteile verloren hat, auf der anderen Seite Connor als minderjährige Schutzperson, mit deren Rettung Hannah Abbitte für die drei im Einsatz verstorbenen Jungen leisten kann. Man kann dem Drehbuch fast dankbar sein, dass es darauf verzichtet, dass die Feuerspringerin den Vollwaisen am Ende des Films direkt adoptiert. Die Konstellation, dass Hannah und Ethan mal ein Paar waren, wird dagegen zwar hin und wieder angesprochen, hat letzten Endes aber nur Bewandtnis für den Film. Ansonsten funktioniert „They Want Me Dead“ aber als recht schnörkellose Survialstory, deren Exposition vielleicht etwas zu lang geraten ist, sodass die eigentliche Hatz der Killer auf Feuerwehrfrau und jugendlichen Zeugen erst in der Filmmitte losgeht. Dafür legt Sheridan ein ordentliches Tempo vor und vermeidet größere Längen.
Angelina Jolie („Eternals“) bringt auch genug Action-Credibility für die Hauptrolle und wirkt nie zu glamourös in der Rolle der zupackenden Smokejumperin, liefert allerdings auch keine schauspielerische Höchstleistung ab. Da drehen Aidan Gillen („Zwölf Runden“) – sowieso immer gern als Bösewicht besetzt – und Nicholas Hoult („Renfield“) – in Abgrenzung zu seinem Nice-Guy-Image – wesentlich mehr auf und können deutlich Stärkeres leisten. Finn Little („Yellowstone“) schlägt sich als Kinderdarsteller ziemlich gut, während Jon Bernthal („Widows“) und Medina Senghore („Happy!“) zwar nominell wichtige Nebenrollen spielen, gefühlt aber nie so ganz im Film ankommen. Eine Minirolle hat Tyler Perry („Don’t Look Up“) als mysteriöser Hintermann, der lediglich in einer Szene vorkommt, aber erfreulich charismatisch rüberkommt.
So ist „They Want Me Dead“ ein schnörkelloser Throwback zum Nineties-Actionkino, angenehm bodenständig, aber auch etwas sparsam mit den Konfrontationen zwischen Heldin und Killern. Bis auf einige Überzeichnungen ist Sheridans Inszenierung souverän, der Simpelplot funktional, recht flott, aber auch merklich schwach unterfüttert, wenn es um die Hintergründe des Ganzen geht. Okaye Genrekost, aber ohne große Wow-Effekte oder memorable Momente – und dementsprechend schnell wieder vergessen.
Warner hat „They Want Me Dead“ hierzulande auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Auf der DVD gibt es als Bonusmaterial eine First-Look-Featurette, auf der Blu-Ray ein Making Of.
© Nils Bothmann (McClane)
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