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Uwe Boll über „First Shift“

Beim „Weekend of Hell“ in Oberhausen war am Samstag, den 2. September 2023, auch Regisseur Uwe Boll („Assault on Wall Street“) zugegen. Der berichtete voller Verve von seinem neuen Film „First Shift“ und teilte gewohnt unterhaltsam gegen Gott und die Welt aus. Wir haben den größten Teil seines Auftrittes für die Nachwelt festgehalten. Viel Spaß mit Uwe Boll.

Uwe Boll bestens gelaunt beim "Weekend of Hell 2023"

Uwe Boll bestens gelaunt beim “Weekend of Hell 2023”. Copyright: Actionfreunde

Uwe Boll und die physischen Datenträger

Wie ich das „Weekend of Hell“ fand? Ich fand es gut. Ich bin ja selten auf Conventions unterwegs. So bin ich beim „Weekend of Hell 2023“ ja auch nur heute da. Nach Corona ist man natürlich froh, wenn alles wieder stattfinden kann. Was ich hier in erster Linie feststellen durfte: Der DVD- und Blu-ray-Markt ist noch existent. Ich hoffe ja auf ein Comeback wie bei den Schallplatten.

Aber egal, wenn irgendwann die ganze Welt sagt: „Scheiße, meine Festplatte ist gelöscht“, kann ich sagen: „Gut, dass ich noch Blu-rays habe!“ Dabei gilt ja auch so, dass wenn du zum Beispiel bei Disney+ ein Abonnement hast und nun hoffst, der gesamte Disney-Backkatalog stünde dir zur Verfügung, du schnell merken wirst, dass es nicht so ist. Es ist einfach nicht so, dass alle Filme immer zugänglich sind. Und genau deshalb ist eine Privatsammlung an DVDs und Blu-rays immer noch gut.

Für mich sind Making Ofs wichtig, sind Trailer wichtig und ich finde es gut, wenn ich alles auf einer Disc habe. Ich bin ja bekannt für meine Audiokommentare, weil die immer so lustig sind. Und wenn du da einen Film nur bei einem Streamer guckst, verpasst du so etwas natürlich. Und das finde ich als Filmemacher traurig, dass die Leute bei den Streamern selten Zugang zu solchen Inhalten kriegen.

Darum geht es in „First Shift“, dem neuen Film von Uwe Boll

„First Shift“ spielt an einem Tag, wo zwei Polizisten – eine Frau und ein Mann – erstmals miteinander arbeiten müssen. Sie ist gerade nach New York gekommen und will unbedingt ein toller Cop werden. Und er hat so gar keinen Bock, mit ihr zu arbeiten. Da ist natürlich viel Humor drin, aber es wird auch sehr gewalttätig.

Hier gibt es den Trailer zum Film

Die stressigen Dreharbeiten zu „First Shift“

Ich habe „First Shift“ im März 2023 in New York gedreht. Und da ist die totale Kacke am Dampfen gewesen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Crew, die wir engagiert und die alle ihre Arbeitsverträge unterschrieben hatten, wollten uns ab den dritten Tag zwingen, Gewerkschaftsverträge zu unterschreiben! Also komplett andere Verträge. Ich habe die darauf verwiesen, dass sie für 14 Drehtage zu einem bestimmten Tarif unterschrieben haben und sie gefragt, was die Scheiße jetzt soll. Dementsprechend steppte bei mir absolut der Bär, weil ich mich grundsätzlich nicht erpressen lasse.

Über 20 Leute, vom Beleuchter über die Make-up-Tante bis zur Regie-Assistentin, haben plötzlich gesagt: „Wenn ihr das jetzt nicht macht, kommen wir morgen nicht mehr.“ Da haben wir gesagt: „Tja, dann kommt ihr eben nicht mehr.“ Damit haben die natürlich nicht gerechnet, weil normalerweise schaffen die es dann durch so eine Erpressung, die Leute so zu beeinflussen, dass sie klein beigeben. Ich hatte aber meine Crew aus Deutschland mit dabei. Also zumindest die Kamera war klar und die Schauspieler waren anderweitig unter Vertrag.

Uwe Boll berichtet über "First Shift"

Uwe Boll wurde bei den Dreharbeiten zu “First Shift” bestreikt. Copyright: Actionfreunde

Am nächsten Tag hat die Crew dann tatsächlich gestreikt. Mit Schildern haben die unter anderem skandiert „Arbeitet nicht mehr hier!“ Das hatte aber keinerlei Erfolg, denn wir haben einfach weiter gedreht. Da wurden die stinksauer und wollten eine Abfindung haben! Da haben wir gesagt: „Nee, nee, Ihr seid nicht zur Arbeit gekommen. Ihr hattet Arbeitsverträge. Ihr habt die Arbeitsverträge gebrochen.“

Die Crew hat mich dann natürlich gehasst! Und dann ging es los auf Twitter: „Ihr Schweine aus Deutschland, ihr Ausbeuter!“ Es kam dann ein Ding nach dem anderen. Irgendwann kamen irgendwelche Beamte ans Set und behaupteten, wir würden Kinderpornos drehen. Ich so: „Natürlich, ich bin ein ganz berühmter Regisseur von Kinderpornos. Das ist eigentlich mein Hauptgeschäft. Aber heute drehen wir mal keinen Kinderporno.“ Dann haben die alles kontrolliert und sind wieder abgezogen. Die Crew hat eine irre Schmierkampagne gefahren, diese erbärmlichen kleinen Wichser *Lachen*.

Hauptdarsteller Gino Anthony Pesi hatte eines Tages seinen Hund dabei, weil der auch eine Rolle im Film spielen sollte. Da hat die Crew PETA angerufen! Am Set von „First Shift“ würde ein Hund gequält werden. Nun habe ich schon mehrfach Geld an PETA gespendet, weshalb die mich dann kontaktiert haben und meinten: „Uwe, wir wissen, du bist kein Tierquäler, aber die Anschuldigungen sind im Raum.“ Da sitzt man dann nachts im Hotel und muss noch irgendwelche schwachsinnigen E-Mails beantworten.

Die Crew hat da ein ganz mieses Scheiß-Verhalten an den Tag gelegt, aber ich durfte ja nichts sagen. Aber jetzt, wo der Film fertig ist, ist für mich freilich Polen offen. Mir war schon immer scheißegal, was die Leute von mir halten. Aus dem Grunde sage ich es genauso, wie es ist: Das war der Aussatz der Menschheit. Was für eine Unverschämtheit. Die wissen, wie schwer es ein Independent-Film, der nicht von Sendern oder Studios finanziert wird, hat. Wenn ich die gewünschten Verträge unterschrieben hätte, hätte ich über 180.000 Dollar mehr auf der Uhr gehabt. Was für eine Erpressung.

Filmemachen wie damals

Infolgedessen waren die Dreharbeiten natürlich sehr stressig, doch wir wussten uns zu helfen. Beispielsweise kam unser Tontyp auch nicht mehr ans Set und ohne kannst du freilich nicht drehen. Da haben wir einen total marihuanaverseuchten Jamaikaner aus einem Hinterhof geholt, der es aber drauf hatte. Aber es hat halt die ganze Zeit total nach Marihuana gestunken.

Es war unglaublich. Dieses Chaos. Es war wirklich, als würde ich noch einmal meinen allerersten Film drehen, wo dann irgendwann gar nichts mehr klappt. Noch ein Beispiel: Stellt euch vor, ein Drogenhändler fährt in seinem Auto und wird von der Polizei angehalten. Die machen den Kofferraum auf und finden 20 Kilo Kokain im Kofferraum.

Uwe Boll mit Michael Pare beim Weekend of Hell 2023

Michael Pare und Uwe Boll kennen sich unter anderem von den Dreharbeiten zu “Seed” und trafen sich auf dem “Weekend of Hell”. Copyright: Actionfreunde

Wir drehen die Szene und wir hatten so weit alles unter Kontrolle. Der Polizist macht den Kofferraum auf und… findet nur ein winziges Behältnis mit drei Pillen drin. Und ich so: „Wir haben leider kein Mikroskop dabei, um die Drogen zu finden, die laut Drehbuch 25 Kilo schwer sein sollen.“ Unser Ersatzausstatter – der andere streikte ebenfalls – hatte von Tuten und Blasen wirklich keine Ahnung. Den hatten wir genauso quasi von der Straße geholt.

Und dann musste ich den in den Supermarkt schicken und sagte: „Kennste Zucker, kennste Mehl? Ich gebe dir fünf Minuten und dann liegt die Scheiße im Kofferraum.“ Auf der Basis habe ich dann sozusagen den Film zu Ende gedreht. Und wenn ihr den Trailer seht, werdet ihr euch total wundern, wie geil das Ding geworden ist. Es ist ja wirklich oft so, dass die Filme, die unter den katastrophalsten Bedingungen gedreht wurden, am Ende einfach gut sind und „First Shift“ ist ein absolutes Beispiel dafür.

Engagierte Schauspieler und neue Techniken

Die Schauspieler haben sich den Arsch für „First Shift“ aufgerissen. Gino brachte seinen Hund für diverse Szenen mit, es gab keine Trailer zum Zurückziehen, die haben ihre Klamotten am Ende des Tages mit nach Hause genommen und sie zum nächsten Drehtag wieder mitgebracht. Alle Schauspieler haben einfach auf alles geschissen.

Wir hatten auch kein Catering mehr, also haben sie Essen zum Set bestellt, Burger geholt und so weiter. Es war wirklich wieder so, wie beim Erschaffen eines Studentenfilmes – nur eben auf einem höheren Niveau. Immerhin hatten wir beispielsweise mit zwei Mini-ALEXA-Kameras gedreht. Und was ich da auch gelernt habe, ist, wenn du heutzutage 5K drehst, dann sind die Kameras so gut, dass du da gar kein Licht mehr brauchst.

Wir haben oft einfach drinnen und draußen gedreht, ohne Beleuchter oder irgendwelche Lampen. Und in der Postproduktion siehst du, wie das Ergebnis aussieht. Da denkst du, du guckst einen Kinofilm. Mittlerweile können die in der Postproduktion alles perfekt hinbekommen. Das ist der erste Film in meiner ganzen Karriere, wo wir keinen einzigen Sound nachsynchronisieren mussten. Also kein Schauspieler musste noch einmal ins Studio und sich nachsprechen.

Uwe Boll über First Shift

Uwe Boll hatte bei seinem 30-minütigen Auftritt beim “Weekend of Hell” viel Spaß am Haten.

Klar, der Ton war natürlich jetzt nicht „Top Notch“, auch aufgrund des Typen aus Jamaika, der unseren eigentlichen Tonmann ersetzte. Aber der war gut genug, dass die mit Künstlicher Intelligenz im Studio den Ton ordentlich aufarbeiten konnten. Also ich bin total begeistert davon.

Eigentlich kann man sagen, die Hälfte der Crew braucht kein Mensch mehr. Schauspieler bringen ihre Klamotten selber mit und Hair und Make-up sind total sinnlos, wenn man keine Bluteffekte im Film hat. Die stehen nur blöd rum und fressen den ganzen Tag irgendwelche Baguettes. Und aus dem Grund war es für mich so eine Art Initialzündung: Auf einige dieser Positionen, in der Zukunft dann natürlich geplant, will ich in Zukunft bewusst verzichten.

Klar, unterm Strich war das totaler Megastress. Ich habe ja immer mein Handy dabei und das hat gemessen, dass ich keinen der 14 Drehtage unter 30.000 Schritte gelaufen bin. Weil ich natürlich immer in Bewegung war und immer alles machen musste. Ich habe sogar den Verkehr angehalten für einzelne Szenen. Aber, ich fands total geil.

Ich habe mich wieder an die Zeit erinnert gefühlt, als ich angefangen habe. Jeden Tag, wenn du ins Bett gefallen bist, warst du vollkommen am Arsch und dachtest: Leck mich am Arsch, morgen geht’s weiter. Morgen sind die Spinner wieder da mit dem „Arbeitet nicht mehr bei Uwe Boll“-Schildern.

„First Shift“ wurde von Robert Rodriguez Buddy Ethan Maniquis geschnitten

Ich finde, „First Shift“ ist sehr gut geworden. Er funktioniert einfach. Geschnitten hat den Film Ethan Maniquis. Der hat schon Filme für Robert Rodriguez geschnitten, ein Top Editor. Den ich durch Zufall getroffen habe. Da war ich bei einem Filmmarkt in Los Angeles und da meinte so ein Typ, ein Freund von ihm sei ein totaler Fan von mir. Der liebe „Postal“ und halte den Film für den besten Film aller Zeiten.

Der sei gerade da und wolle mir mal Hallo sagen. Da kam der zu mir und meinte, „Postal“ ist der beste Film überhaupt. Er habe den hoch und runter geguckt. Und ich so: „Was machst du denn so?“ Worauf er meinte, er sei Editor. Ich so: „Was haste denn geschnitten?“ Und er so: „Sin City“. Er habe mit Robert Rodriguez von Anfang an zusammengearbeitet. Maniquis meinte dann, wenn ich mal wieder drehe, würde er es gerne schneiden. Und das hat er dann auch gemacht. Für sehr wenig Geld. Der hat das alles bei sich zu Hause geschnitten, dann haben wir den Rest der Postproduktion in Los Angeles gemacht. Das war ein extrem positives Erlebnis.

Uwe Boll über den Streik in Amerika

Ich habe ein großes Problem mit diesem Streik in Hollywood. Da streiken Drehbuchautoren, die kriegen 13.000 Dollar die Woche. Die Woche! Das sind 50.000 im Monat. Wenn du die reden hörst, denkst du, die kriegen Hartz 4 oder Sozialhilfe. Die klagen auf ganz hohem Niveau. Und sie tun so, als würden sie für den kleinen Mann kämpfen. Das ist alles totaler Quatsch. Wer in den USA Auftragsproduktionen für die Studios und die Fernsehsender dreht, der wird extrem gut bezahlt.

Und die, die nicht bezahlt werden, haben oft gar keinen Job. 120.000 Schauspieler sind in der Screen Actors Guild organisiert, aber davon sind eben 100.000 Lieferando-Auslieferer, die nur glauben, sie sind Schauspieler, weil sie einmal zwei Drehtage in irgendeinem Scheißfilm hatten. Man muss einfach mal aufwachen.

Eine Meryl Streep hat 100 Millionen auf dem Konto und sagt irgendwas wie „Mit Künstlicher Intelligenz, das geht ja gar nicht“. Das ist alles hochpolitisch und lächerlich. Vor allem, eines darf man nicht vergessen: Alle kriechen den ganzen Tag Netflix in den Arsch. Alle. Die wollen alle nichts anderes, als dass die Streamer zig Millionen überweisen, damit sie so einen Scheiß wie „1899“ drehen können. So läuft das ab. Das ist verlogen. Die tun jetzt alle, als würden sie gegen Netflix kämpfen. Nein, die kämpfen für sich, damit sie noch mehr Kohle rausholen.

Uwe Boll in Oberhausen

Uwe Boll hat nichts Gutes über den aktuellen Streik in Hollywood zu berichten. Copyright: Actionfreunde

Wenn die jetzt noch sechs Wochen weiter streiken – und danach sieht es ja aktuell aus – was passiert denn dann? Wenn ich dann einen Schauspieler will, für irgendeinen Film, lachen die sich tot, weil, sobald der Streik beendet ist, kriegen alle bekannten Schauspieler wieder Hunderte von Angeboten, mit viel mehr Geld.

Cole Hauser, den kennt man aktuell aus „Yellowstone“ mit Kevin Costner, der hat davor in vielen Independent-Filmen mitgespielt. Der kriegt aktuell 750.000 Dollar die Woche. Wenn ich vor „Yellowstone“ gesagt hätte, ich habe den Cole Hauser in meinem Film, hätten die mir geantwortet: „Das interessiert mich einen Scheißdreck“. Das ist doch der blanke Irrsinn.

Durch die Streamer kriegen die ganzen Schauspieler so viel Geld, dass die sich totlachen über die Angebote von Leuten wie mir. Jason Statham damals bei „Die Schwerter des Königs“: Ich hatte den nach „Transporter“ und habe ihm anderthalb Millionen bezahlt für drei Monate Drehzeit. Für „Meg“ hat der 22 Millionen Dollar gekriegt. Wenn der jetzt bei „The Fast and the Furious“ mitspielt, kriegt der 15-20 Millionen Dollar. Das System ist so, dass sich einige Wenige dumm und dusselig verdienen und hunderttausend Andere verdienen gar nichts. Das ganze System muss sich verändern.

Wenn ich jetzt „First Shift“ an Netflix verkaufe, dann würden die mir 80.000 Dollar anbieten. Solche Angebote kriegst du da. Anstatt einzupreisen, dass ICH das Produktionsrisiko getragen habe. Die finden den Film gut, warum zahlen die denn nicht so, als wenn sie den gemacht hätten? Stattdessen zahlen sie dann irgendwelchen anderen Leuten 10-15 Millionen. Die drehen einen Film, der dann scheiße ist, und die 15 Millionen sind weg. Lizenzfilme werden nicht fair bezahlt von den Streamern. Und das ist ein Riesenproblem weltweit, weil das macht die gesamte Independent-Filmindustrie kaputt.

Der Rücktritt vom Rücktritt

2016, als ich „Rampage 3“ gemacht habe, war die Zeit für Videotheken in den USA abgelaufen. Und als Streamer hatte man eigentlich nur Netflix. Es waren also wirklich kaum noch Kanäle zur Auswertung da. Und ich hatte dann keine Möglichkeit mehr, Geld für einen Film wieder zu bekommen. Für mich war damit das Filmemachen vorbei.

Dann habe ich jahrelang nichts gemacht, bin 2020 von Vancouver nach Deutschland gezogen und habe hier gesehen, dass die Streamer angekommen waren. Also fing ich an, denen ein paar Sachen zu offerieren. Wir haben zum Beispiel eine „Schwerter des Königs“-Fernsehserie offeriert und eine „Iron Sky“-Fernsehserie. Also Sachen, die weltweit auch bekannt sind und die man in Deutschland hätte gut drehen können. Aber es setzte eine Absage nach der anderen.

„Deutschland im Winter“, das sich mit rechtem Terror in Deutschland auseinandersetzen sollte und wo ich Axel Milberg und Max Riemelt hatte, die mitspielen wollten, wurde ebenfalls abgesagt – zu radikal. Dann habe ich „Hanau“ gedreht – zwischendurch. Einfach so, nur um mal wieder was zu drehen. Und um zu gucken, wie so etwas in Deutschland läuft.

Ein hochbrisantes Ding. Alle haben mich kritisiert. „Wie kann der ‘Hanau’ drehen?“ So ein Quatsch. Warum nicht? Warum kann ich nicht „Hanau“ drehen? Du kannst doch auch 9/11 drehen. Du kannst alles drehen. Diese ganze Kritik war für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Vor allem von allen, die den Film noch gar nicht gesehen haben/hatten. Der Film war doch noch gar nicht raus, da wurde ich schon in Grund und Boden gebasht.

Und deshalb gibt es jetzt „First Shift“. Weil ich mich damit nach Amerika orientiert habe. Da steht A mehr Geld zur Verfügung und B sind meine Filme in Amerika zumeist sehr erfolgreich gewesen und daher habe ich da mehr Chancen. Und es ist eben so, wenn du einen Film in deutscher Sprache drehst, wird der meistens eben nicht im Ausland verkauft. Das läuft einfach nicht. Wenn du natürlich in Englisch drehst, mit Schauspielern, die man weltweit kennt, hat man eine größere Chance. Und in New York hat man einfach einen großen Pool an wirklich bekannten Schauspielern aus Serien. Dadurch muss man da nicht Tausende von Dollar pro Tag bezahlen, sondern man kann sagen: Ich will dich für zwei Tage und gebe dir 3.000 Dollar. Und dann hat man da echt super Schauspieler.

Die Mär vom schlechtesten Regisseur

Alle sagen, ich sei der schlechteste Regisseur der Welt. Dabei haben die meisten meiner Filme von Leuten, die sie wirklich gucken, hohe Bewertungen erhalten. Aber es interessiert keine Sau, weil irgendwann mal zehn Kritiker beschlossen haben, ich sei der schlechteste Regisseur der Welt. Der Rest schreibt es einfach ab und ignoriert „Siegburg“, „Tunnel Rats“, „Assault on Wall Street“, „Postal“, „Rampage 1-3“ oder „Dafur“. Wie viele gute Filme muss ich denn drehen, damit man mal begreift, dass ich keine Eintagsfliege bin?

Uwe Boll hat auch ein neues Buch draußen: Tabula Rasa heißt es.

Uwe Boll hat auch ein neues Buch draußen: Tabula Rasa heißt es. Copyright: Actionfreunde

Einige drehen zu Beginn ihrer Karriere einen guten Film, dann drehen sie nur noch Scheiße, aber werden trotzdem immer weiter hoch gejubelt. Terrence Malick etwa, der dreht seit 15 Jahren nur Scheiße. Ein Dreck nach dem anderen, in dem sich Ben Affleck die vorbeiziehenden Wolken anguckt. Ja habt ihr denn den Arsch offen? Was ist denn die Story von der Kacke? Aber das darf man niemandem sagen, denn Terrence Malick hat doch damals „Badlands“ gedreht. Ja, der hat früher mal ein oder zwei gute Filme gedreht und dann nur noch Schrott. So sieht es doch aus!

Und da gibt es viele Regisseure, die haben ein oder zwei gute Filme gedreht. Ich habe acht oder zehn super Filme gedreht. Und bei den Festivals werden die immer gleichen Leute abgefeiert. Der nächste Wes-Anderson-Film oder der nächste Lars-von-Trier-Film, wo sie im Ringelreihen nackt durch die Gegend tanzen und die Regisseure dafür dann eine Goldene Palme abräumen. Das ist so absurd. Doch ich weiß, still und heimlich gibt es doch ein paar Leute, die einige von meinen Filmen gesehen haben und denen die Filme viel bedeuten.

Uwe Boll und seine Schauspieler

Ob ich jemals schlechte Erfahrungen mit Darstellern gesammelt habe? Kann ich eigentlich nicht sagen. Nehmen wir zum Beispiel Ray Liotta. Der ist ja nun leider tot. Bei „Schwerter des Königs“ war es sehr schwierig mit ihm zu arbeiten. Da hast du gemerkt, der will das nicht wirklich, der macht das nur wegen des Geldes. Er hat sich ziemlich daneben benommen. Aber dann habe ich ja noch einen Film mit ihm gedreht: „Suddenly“ aka „Operation Olympus“. In dem hat er einen Polizist gespielt. Und da war er super. Keine Probleme, keine Allüren. Hat super geklappt.

Ich bin eigentlich mit allen Schauspielern immer sehr gut ausgekommen. Du hast aber natürlich manchmal Sachen, wo dann hinterher, nach dem Dreh, die Kommunikation seltsame Wege geht. Etwa wenn du dann nach dem Film für manche Schauspieler tot bist, ist das stellenweise frustrierend. Nehmen wir mal Jason Statham: Super Typ beim Dreh. Absolut Klasse. Jetzt kommt der Film „Schwerter des Königs“ in Deutschland ins Kino und wir hatten eine Einladung von „Wetten Dass…?“

Was eine riesige Werbung gewesen wäre. Jason Statham auf der Couch von Thomas Gottschalk. Damals war die Sendung auch noch riesig. Die hätten sogar den ganzen Trailer gezeigt. Und Statham kommt einfach nicht nach Deutschland. Das ist einfach scheiße, weil es den Film in Deutschland geschadet hat. Das ist dann enttäuschend.

Oder Ben Kingsley bei „Bloodrayne“. Als im Chinese Theatre in Hollywood die Premiere anstand, rufe ich den an und will den zur Premiere einladen. Und was macht er? Er hängt einfach auf. Ich habe gedacht, das war eine Fehlverbindung, ein technisches Problem. Also habe ich ihn nochmal angerufen – wieder aufgelegt. Dann habe ich seinen Agenten angerufen und der sagte zu mir: „Ben hat mich angerufen und mich gebeten, dir zu sagen, du sollst ihn nie wieder anrufen.“

Darauf meinte ich: „Ich rufe ihn ja nicht an, um ihm zu sagen, dass ich ‘Ghandi 2’ drehe, sondern ich rufe ihn an, weil er in ‘Bloodrayne’ mitgespielt hat und da ist jetzt eine Premiere und da wollte ich ihn zu einladen. Wie kann der da einfach auflegen? Das ist respektlose Scheiße. Ich habe den bezahlt, nicht der mich – ich war sein Boss. Ich habe für gar keinen gearbeitet, die haben alle für mich gearbeitet. So sieht es doch in Wirklichkeit aus.“

Ich behandle alle gleich. Das ist mir scheißegal, ob da einer der Nebendarsteller ist oder ob einer eine Million kriegt. Und das finde ich wichtig. Dass man sich selber treu bleibt. Und dass man sich nicht blenden lässt von diesem ganzen Hollywood-Quatsch.

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