Originaltitel: A Reckoning__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Justin Lee__Darsteller: June Dietrich, Kevin Makely, Todd A. Robinson, Lance Henriksen, Meg Foster, Glen Baggerly, Kevin Crow, Jerin Forgie, Andrew Garrettson u.a. |
William O’Malley ist tot. Ermordet. Sein Mörder hat ihm nicht nur das Leben, sondern auch einige Körperteile genommen. Williams Ehefrau Mary ist von der Bluttat entsetzt. Als sie feststellt, dass das Gesetz keine großen Anstalten macht, sich der Mördersuche zu widmen, fasst sie einen Entschluss. Sie wird den Mörder ihres Mannes selbst richten.
Obschon niemand in dem kleinen Heimatstädtchen der O’Malleys daran glaubt, dass eine Frau eine Bestie wie den Mörder von William richten kann, unterstützen sie die verarmte Marie. Stellen ihr Proviant, Waffen, Munition und sogar ein Pferd zur Verfügung. Wenig später startet Mary in ihren aussichtslos scheinenden Rachefeldzug.
Ich habe mir von „Vergeltung – Revenge is Coming“ nicht wirklich viel erwartet. Dass hier eine Frauenfigur auf Rachefeldzug geht, ist im Western-Genre gar nicht mal so neu. Zudem versprachen Cover-Aufmachung und Trailer kaum mehr als einen Billig-Western. Und genau das ist „Vergeltung – Revenge is Coming“ auch, allerdings ein Billig-Western, der immer mal wieder überrascht.
Schaut in den Western mit Lance Henriksen hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=1CD20-f7nJk
Denn „Vergeltung – Revenge is coming“ ist keine Rumpelbude mit zahlreichen, schlecht umgesetzten Ballereien im Wildwest-Stil. Mitnichten. „Vergeltung“ ist ein Film, der über seine Bilder, seine Musik und die dadurch transportierte Stimmung überzeugen will. Und das klappt über weite Strecken durchaus ordentlich. Denn die teils wunderschönen Bildmotive rund um die erhabene Natur des Wilden Westens und die zahlreichen Küstenbilder trotzen sogar dem allzu glatten Digitallook der Produktion.
Das Highlight ist aber gewiss der unter den Bildern erklingende, richtiggehend schöne Score von Jared Forman, der die Bilder noch mehr atmen lässt. In seinen besten Momenten kreiert der Western so tatsächlich die von ihm intendierte Wirkung. In seinen schlechteren fällt überdeutlich auf, dass Regisseur Justin Lee bei weitem kein Terrence Malick ist, der von der ersten bis zur letzten Sekunde seiner Werke traumhaft schöne Bildertableuas zu „malen“ imstande ist.
Infolgedessen wird man nie hundertprozentig in den langsamen Film hineingezogen, was dann trotz gerade einmal 80 Minuten Laufzeit für teils gehörigen Leerlauf sorgt. Der dem Film gewaltig schadet, einfach weil der Zuschauer zu viel Gelegenheit bekommt, über das Gesehene nachzudenken. Dabei kommt vor allem die Story komplett unter die Räder. Die ganze Ouvertüre um Marys Wunsch, den Täter zu stellen, ist total unlogisch.
Keiner weiß, wer William umgebracht hat. Niemand weiß, wohin der Täter entschwunden ist. Eine Verfolgung ist demzufolge vollkommen unmöglich. Marie latscht dann einfach in eine Richtung los, ohne zu wissen, ob die Person, die sie verfolgt, zu Fuß oder zu Pferd unterwegs ist. Oder ob der Täter nicht sogar unter ihren Nachbarn weilt und nun sogar froh ist, dass Marie sich verzieht.
Im weiteren Verlauf bekommt Marie auch keinerlei Hinweise, ob sie auf dem rechten Weg ist. Zufällige Begegnungen wissen zwar erstaunlicherweise von Marie und ihrer Mission (gab damals wohl auch schon so etwas wie Facebook, das für die Welt unwichtige Ereignisse im Leben für die Welt unwichtiger Personen zu Wichtigkeiten aufblies), wissen aber über den Verbleib des Täters nichts zu sagen. Andere wollen Marie nur ans Leben. Er war halt wild, der Westen.
Bei diesen Zufallsbegegnungen fällt dann auch auf, wie grobmotorisch in „Vergeltung – Revenge is Coming“ geschauspielert wird. Alle sind mit viel zu großem Gestus unterwegs, labern ziemlichen Müll, tragen blitzsaubere Klamotten und haben strahlend weiße Zähne. Das Spiel von June Dietrich als Marie ist dagegen angenehm zurückgenommen und in Teilen sehr authentisch wirkend. Sie passt zu der eigentlichen Intention des Filmes. In die Welt des rauen Westens passt die fragile Darstellerin dagegen nicht wirklich. Doch auch dadurch ergeben sich reizvolle Kontraste. Die zarte junge Frau hier, die unwirtliche Natur da.
Ebenfalls gute Leistungen liefern Lance Henriksen („Falling“) in seiner einzigen Szene als Ortsvorsteher und Meg Foster („Resort to Kill“) als Vertraute Maries. Der Rest spielt leider genauso, wie man es von einem Billig-Western erwartet. Richtig Schaden nimmt der Film in seinem Finale. In dem overactet sich Kevin Makely um Kopf und Kragen. Labert mit weit aufgerissenen Augen mit menschlichen Schädeln und trampelt wild gestikulierend und in seinem Faschingskostüm herumhampelnd alle bisherigen positiven Eindrücke amtlich kaputt. Auch eine Leistung.
Die Folge ist ein mal wirklich mieses Finish, das vermutlich ganz viel Kritik an der menschlichen Spezies üben will, aber einfach nur Humbug ist – schlechte Action in Form von etwas Waldgerenne und vereinzelter Schussabgabe inklusive. Und ob dieser Waldschrat nun tatsächlich der Mörder von Marie ist? Das muss der Zuschauer mit sich selbst ausmachen.
„Vergeltung – Revenge is Coming“ hat seine Reize
Der Western generiert immer wieder Momente, die man ihm so nicht wirklich zugetraut hätte. In diesen Momenten erschaffen Kamera, Filmmusik und Sound-Department Szenenfolgen mit beinahe kontemplativer Wirkung. Diese starken Momente werden immer wieder konterkariert durch schlechte Schauspieler, eine wenig authentische Ausstattung, miese Dialoge und die von Grund auf unlogische Handlung. Daher fühlt sich der Film immer wieder wie ein zu langes Wandervideo an.
Auch verschenkt der Film wirkungsvolle Momente, hat für seine eigentlich starke Frauenfigur nur Klischees auf Lager und lässt Mary ihren ersten Mord mit einem Oneliner feiern. Kurzum: Ein wenig Anspruch hier, viel Mumpitz da: So richtig geht das ganze Gebräu nicht auf. Dementsprechend unrund und vor allem auch langweilig fühlt sich „Vergeltung – Revenge is Coming“ an.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erschien am 17.12.2021 von Lighthouse Home Entertainment, hat eine Freigabe ab 16 und ist in der Form ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
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