Originaltitel: Wanted Man__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Dolph Lundgren__Darsteller: Dolph Lundgren, Kelsey Grammer, Michael Paré, Roger Cross, Bourke Floyd, Michael Worth, Zak Lee, Aaron McPherson, Tony Messenger, James Joseph Pulido, Daniela Soto-Brenner u.a. |
Der Cop Mike Johansen ist das, was man frank und frei als Old School bezeichnen würde. Das alte Schlachtross liebt seinen Job, Alkohol, die 80er, Stripperinnen und seine alten Buddys, die entweder mit ihm Dienst geschoben haben oder es noch immer tun. Doch Mike ist auch ein Cop, der gerne mal zu viel Gewalt anwendet und die Lumpen rassistisch beleidigt. Das ist bei seinem letzten Einsatz vollends aus dem Ruder gelaufen. Zu Mikes Leidwesen waren die Medien zugegen.
Und für die sind Mikes Entgleisungen offensichtlich wichtiger als die Tatsache, dass der Cop einen Menschenhändler quasi in flagranti stellen und aus dem Verkehr ziehen konnte. Mike ist angezählt. Sein Vorgesetzter wagt einen PR-Stunt. Mike soll alleine zwei Prostituierte aus Mexiko in die USA geleiten. Dabei soll er Leben und Kultur des Nachbarlandes kennenlernen, nachdem er sich bei seinem Aussetzer reichlich abfällig über dessen Einwohner ausgelassen hatte.
Mike lötet sich vor dem Job ordentlich zu und stellt sich reichlich angetüdelt seiner Möglichkeit zur Wiedergutmachung. Als plötzlich mexikanische Cops seinen Kontaktmann und eine der Prostituierten abknallen, ist Mike sofort wieder hellwach. Er rettet die andere Prostituierte und erfährt von der, dass sie dabei war, als DEA-Undercover-Agenten von Mitgliedern eines mexikanischen Kartells Drogen kaufen wollten, als eine dritte Partei auftauchte und den gesamten Schauplatz zusammen knallte. Und, und da ist Prostituierte Rosa absolut sicher, diese Angreifer waren Cops!
Mike muss sich fragen, wem er noch vertrauen kann. Nebenbei gibt er alles, um seine Schutzbefohlene Rosa aus dem Gröbsten herauszuhalten.
Schaut in den Actionfilm hinein
Dolph Lundgren dirigiert Dolph Lundgren
Er hat es wieder getan: Dolph Lundgren („Castle Falls“) führte zum inzwischen achten Mal Regie. „Wanted Man“ heißt der neueste Ausflug des Schweden hinter die Kamera. Und der zeigt erneut auf, dass Dolph Lundgren einfach weiß, was seine Fans wollen. Das wird direkt bei der ersten Actionszene klar, in der Bloodpacks platzen und Partikel umherfliegen, wenn die Umgebung zu Klump geschossen wird. Die Protagonisten werden von den Kugeln hart herumgeschleudert und Sound und Schnitt sorgen für Dynamik.
Auch die zweite Actionszene bietet feine Schauwerte. Einem mexikanischen Cop wird harsch ins Gesicht geballert. Die Make-up-Abteilung lässt die Wunde hübsch schlotzig aussehen. Dann spritzen kleinere Blutfontänen, ein Auto wird komplett zerballert und Dolph Lundgren nietet die angenehm methodisch vorgehenden Lumpen brutal um.
Daran schließt sich dann das Highlight des Filmes an. Mexikanische Kartell-Sausäcke versuchen, das Haus zu stürmen, in dem Mike mit seiner Schutzbefohlenen untergeschlüpft ist. Auch hier platzen die Bloodpacks, das Haus wird ordentlich zerballert und Putz fliegt aus den Wänden, wenn Kugeln einschlagen. Kein einziger CGI-Effekt trübt den Spaß. Ein Typ wird mit einer Pumpgun durch ein Fenster hindurch erschossen. Wir sehen die zerplatzende Fensterscheibe, dann wird der Typ von der Trefferwirkung nach hinten geschleudert und durchbricht einen Zaun. Kleine Details, die zeigen: Hier wollte jemand wirklich Action machen.
Leider pegelt Dolph Lundgren den Showdown im Vergleich dazu deutlich herunter. Auch hier spritzt das Blut, der finale Standoff gerät aber leider etwas antiklimaktisch. Auch und vor allem, weil man weit im Vorhinein weiß, wie der Weg zum Standoff und der Standoff selbst verlaufen werden. Denn storyseitig trumpft Lundgren, der auch am Drehbuch mitwirkte, nicht wirklich auf. Die Story ist altbekannt. Dass man sich ein wenig über die aktuelle Wokeness Amerikas mokiert, ist noch das modernste Element. Ansonsten ist die ganze Geschichte wie unser Held: Old School.
Entsprechend geradlinig spult der Actioner Mikes Wandlung vom Saulus zum Paulus ab. Dank dem sympathischen Spiel von Dolph Lundgren, der beinahe durchgehend in eher feineren Zwirnen unterwegs ist, was ihm klasse steht, werden dabei einige derbe Klischees ganz nett kaschiert. Zudem gibt es auch humorige Momente, etwa wenn Lundgrens Mike mit einer mexikanischen Oma Telenovelas schaut und mit ihr diskutiert, wer der Böse ist.
Doch die Chemie mit Rosa-Darstellerin Christina Villa könnte deutlich besser sein. Was auch daran liegt, dass einem Rosa nie ans Herz wächst. Das Drehbuch vergisst, ihre Figur greifbar zu machen. Außerdem vergisst „Wanted Man“ hier und da, Spannung zu machen. Die Angreifer von Mike und Rosa sind arg gesichtslose Masse. Die sehr vorhersehbare Enthüllung der eigentlichen Bösewichter will sich der Film sichtlich fürs Finale aufheben, tut sich damit aber keinen großen Gefallen. Hätten die eigentlichen Bösen schon früher Jagd auf Lundgren und Rosa machen dürfen, es hätte dem Film nicht geschadet.
Zudem verpasst der Film Gelegenheiten, inhaltlich relevanter zu werden. Immer wieder geht es um das Schleusen von Menschen zwischen den USA und Mexiko. Ein wirklich schlauer Kommentar will „Wanted Man“ dazu aber nicht einfallen. Weshalb man sich schon fragt, warum Drehbuch und Regie dieses Fass überhaupt aufmachen.
Dafür hat Lundgren die optische Seite seiner Regie-Arbeit auch abseits der Action immer im Griff. Sein Streifen hat einen wertigen, angenehm filmischen Look. Die actionreicheren Szenen atmen Dynamik, die ruhigen Szenen wirken bedacht inszeniert. Schön ist, dass Lundgren mit natürlichen Farben arbeitet und auf Korrekturen in Richtung Sepiafarben verzichtet. Schauplätze und Ausstattung funktionieren und vor allem die Wüstenbilder sind wirklich schön anzusehen. Zudem hat Lundgren seinen Musik-Maestro zu ein paar wirklich netten Stücken inspiriert.
Darstellerisch ist „Wanted Man“ vollends auf Lundgren ausgerichtet. Der wird nur anfangs in einer Jogging-Szene recht offensichtlich gedoubelt. Danach bemerkt man schnell die alten Probleme in seinem Gehapparat. Allerdings thematisiert das Drehbuch diese auch und dichtet Mike eine Verletzung des Knöchels an. Allgemein stellt Lundgren erstaunlich oft auf sein Alter ab, frisst den ganzen Film über Tabletten und wirkt manchmal ganz schön geschafft.
Für einige Nebenrollen konnte Lundgren ein paar Bekannte verpflichten. Etwa Kelsey Grammer, seinen Co-Star aus „The Expendables 3“, Aaron McPherson, einen Nebendarsteller aus „The Demon Hunter“, und natürlich Michael Paré, den Lundgren von den Sets von „Direct Contact“ und „The Good, the Bad, and the Dead“ kannte. Paré hat zwar leider kaum Möglichkeiten, darstellerisch irgendwie hervorzustechen, aber er hat zumindest eine mir bislang bei ihm unbekannte Synchronstimme erhalten, die ihm blendend steht!
Apropos Synchronisation: Diese ist angenehm professionell, muss aber wieder den Spagat schaffen, dass manche Figuren im Original in ihrer Landessprache sprechen, für die deutsche Fassung aber wirklich alles komplett eingedeutscht wurde. Entsprechend gibt es zahlreiche Momente, in denen manche Figuren noch einmal 1:1 wiederholen, was andere soeben bereits ausführlich ausformuliert haben. Die Schattenseiten der Synchros …
Dolph Lundgren ist für mich ein „Wanted Man“ hinter der Kamera
Ich würde es so cool finden, wenn Lundgren häufiger mal komplett auf die Regie-Seite wechseln und dann aktuelle Actionhelden wie Scott Adkins, Marko Zaror, Iko Uwais oder gar Jason Statham dirigieren würde. Denn „Wanted Man“ beweist zum wiederholten Male, wie stark der Schwede hinter der Kamera agiert. Er achtet auf einen filmischen Look, lässt seine Filme nie langweilig werden und er hat ein gutes Auge für Action, bei der ihm offensichtlich wichtig ist, dass diese handmade umgesetzt wird.
Einzig die Story seiner achten Regie-Arbeit bekommt er in bestimmten Aspekten nicht richtig in den Griff. Die Bindung zwischen Mike und Rosa hätte man sich viel intensiver und menschelnder gewünscht. So taucht man nie wirklich in die Handlung ein, auch weil es an Spannung und an coolen Bösewichten fehlt. Außerdem fehlt mindestens eine weitere größere Actionszene, vor allem, weil ausgerechnet der Showdown leider ziemlich unbefriedigend ausgefallen ist. Obwohl danach alle Fronten geklärt sind, denkt man permanent, es müsse noch etwas nachfolgen. Auch und vor allem, weil der Film nach dem Showdown noch zehn Minuten läuft.
Was am Ende bleibt, ist ein dennoch angenehm unterhaltsamer Actionthriller mit einem richtig relaxed und enorm sympathisch aufspielenden Hauptdarsteller.
Die deutsche DVD/Blu-ray zum Film erscheint am 15. Februar 2024 von Eurovideo. Der Film ist mit einer Freigabe ab 16 ungeschnitten und kommt leider ohne jedwede Extras. Streamen kann man „Wanted Man“ freilich auch.
In diesem Sinne:
freeman
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