Originaltitel: Werewolf by Night__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Michael Giacchino__Darsteller: Gael García Bernal, Laura Donnelly, Harriet Sansom Harris, Eugenie Bondurant, Leonardo Nam, Kirk R. Thatcher, Carey Jones, David Silverman u.a. |
Marvel goes Horror. Anlässlich von Halloween produzierte der Comicgigant mit dem 55-Minüter „Werewolf by Night“ ein TV-Special, das auf dem Streamingkanal des Mutterkonzerns Disney ausgestrahlt wurde und den Auftakt für weitere Formate dieser Art bieten soll.
Dabei gehört der Film, mit dem Komponist Michael Giacchino (jüngst unter anderem verantwortlich für „Jurassic World 3“) sein Regiedebüt gab, zu jenen Comicadaptionen, die frischen Wind ins Superheldengenre bringen wollen, indem sie sich an anderen Stilen orientierten, man denke an die Scorsese-Hommage „Joker“ oder die Fincher-Variante „The Batman“. In diesem Falle sind es die klassischen Horrorfilme der 1930er, vor allem von Universal, aber auch von Studios wie RKO, von Regisseuren wie Todd Browning und Val Lewton. Stilecht kommt „Werewolf by Night“ fast ausschließlich in schwarz-weiß daher, während die Trophäen in der Versammlungskammer eines Monsterjägerzirkels an klassische Creature Features wie „Der Schrecken vom Amazonas“ oder „Der Wolfsmensch“ erinnern.
Die Monsterjäger versammeln sich, da ihr Oberhaupt Ulysses Bloodstone von ihnen gegangen ist und ein Nachfolger bestimmt werden muss – natürlich stilecht mit einer Monsterjagd. Die Beute, neben dem Kopf der Kreatur, ist der magische Blutstein, eine mächtige Waffe im Kampf gegen Monstrositäten. Zu den Aspiranten gehören der zurückhaltende, introvertierte, aber sehr erfolgreiche Jack Russell (Gael García Bernal) und Elsa Bloodstone (Laura Donnelly), die abtrünnige Tochter jenes Clans, der seinen Namen von dem begehrten Edelstein hat. Hinzu kommen ein wikingerhafter Axtschwinger, eine androgyne Fighterin im David-Bowie-Gedächtnislook, ein Asiate mit Armbrustfaible und ein schwarzer Schwertkämpfer, nebst Elsas wenig erfreuter Mutter Verussa (Harriet Sansom Harris), die das Ritual überwacht und ihre Tochter am liebsten verstoßen würde.
Die Regeln sind einfach: Nur die Waffen aus dem Garten, in dem die Jagd stattfindet, dürfen verwendet werden und man darf sich gegenseitig umnieten, womit nicht nur das Monster eine Gefahr darstellt. Und dann stellt sich auch noch heraus, dass mindestens eine Person ein doppeltes Spiel spielt…
Schaut in den Trailer von “Werewolf by Night” hinein
„Werewolf by Night“ ist bisweilen eher eine Stilübung, aber eine ziemlich gelungene, denn Giacchino transportiert den Look und die Atmosphäre seiner Vorbilder sehr überzeugend. Dafür wurden sogar digital hin und wieder kleine Brandlöcher in den Film eingefügt, als würde er von einer alten Kinorolle abgespielt. Aber auch die Lichtsetzung und die Kameraeinstellungen zitieren den klassischen Horrorfilm, wobei „Werewolf by Night“ auch eigene visuelle Einfälle hat, darunter eine hübsche Einstellung, in der man eine Werwolf-Verwandlung als Schattenspiel sieht. Der titelgebende Werwolf ist nicht das einzige Monster in diesem TV-Special, es tritt auch Man-Thing auf, der hier nur Ted genannt wird und dessen Design leicht an Cthulhu erinnert. Dabei bewahrt sich „Werewolf by Night“ ein B-Movie-Flair, schließlich waren dies auch viele Vorbilder, trotz ihres späteren Klassikerstatus. Im Dienst der Hommage steht dann auch die Kulissenhaftigkeit der Schauplätze und eine gewisse Künstlichkeit des Ganzen.
Ganz im Sinne der teilweise kostengünstigen Vorbilder arbeitet auch „Werwolf by Night“ mit einer kleinen Besetzung, wobei der Film auf allzu große Namen verzichtet. Der mexikanische Star Gael García Bernal („Desierto“) ist in Hollywood aktuell auch eher ein Nebenrollengesicht und punktet als Hauptfigur, deren Geheimnis das Filmposter leider etwas zu deutlich offenbart. Von den Nebendarstellern kommt Solides, aber nichts Herausragendes, wobei eigentlich nur Laura Donnelly („The Nevers“) als knatschige Kämpferin und Harriet Sansom Harris („The Lost Room“) als mütterliche Furie noch etwas mehr Profil gewinnen. Die restlichen Darsteller verkörpern Figuren, die man am ehesten anhand ihres Looks und ihrer Waffen unterscheiden kann.
Denn trotz seines Horrorlooks und seiner Horrorreferenzen bietet „Werewolf by Night“ auch einige schick choreographierte Comic-Action, für die Stuntman David Conk („Samaritan“) als Fight Coordinator verantwortlich zeichnet. Gekämpft wird Jäger gegen Jäger, ein Monster gegen einen Jäger oder ein Monster gegen eine ganze Horde Jäger, womit für Abwechslung gesorgt ist. Es gibt kleinere Härten, etwa wenn Man-Thing einen Schädel zerdrückt, die Action ist gut über die 55 Minuten verteilt und macht Laune, ohne allerdings so furios zu sein wie etwa die Fights in „Captain America: The Winter Soldier“, um mal einen hauseigenen Vergleich zu ziehen.
Doch auch wenn die Atmosphäre stimmt und die Action solide ist, so erscheint „Werewolf by Night“ immer noch als Happen für zwischendurch. Während der temporeichen Jagd passiert wenig, die einleitende Passage über die Bloodstones und ihren Blutstein bleibt die einzige Einbettung in einen größeren Kontext und selbst Jack und Elsa als Quasi-Hauptfiguren werden angerissen als wirklich charakterisiert. Der Rest der Jägerschaft bleibt besseres Kanonenfutter, Verussa steht von Anfang an als hämische Antagonistin da, bleibt damit aber eher in der Mittelklasse der Bösewichte.
So wirkt „Werewolf by Night“ wie ein Testballon, wie ein Anreißer, was man vielleicht noch mit den Figuren und dem Konzept machen kann. Als solcher hat er auch Stil und bietet durch seine Atmosphäre, seine Horrorreferenzen und seine Kampfszenen Kurzweil, kann aber nicht verbergen, dass er in Sachen Story und Charaktere nur an der Oberfläche kratzt.
„Werewolf by Night“ ist seit dem 7. Okober 2022 ausschließlich bei dem Streamingservice Disney+ zu sehen und wurde daher nicht von der FSK geprüft. Auf Disney+ wird er ab 16 Jahren empfohlen.
© Nils Bothmann (McClane)
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