Originaltitel: Winnie the Pooh: Blood and Honey 2__Herstellungsland: Großbritannien__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Rhys Frake-Waterfield__Darsteller: Scott Chambers, Tallulah Evans, Ryan Oliva, Lewis Santer, Eddy MacKenzie, Marcus Massey, Peter DeSouza-Feighoney, Simon Callow, Alec Newman, Thea Evans, Nicola Wright u.a. |
2022 wurden die Nutzungsrechte an der von Alan Alexander Milne für sein Buch „Pu der Bär“ erfundenen Figur „Winnie Puuh“ gemeinfrei. Wie clever wäre es, diese Figur und ein paar ihrer Kumpel herzunehmen und sie ordentlich auf links zu drehen? Die Ikonen der Kinderunterhaltung gar zu brachialen Mördern zu machen? Gesagt, getan. „Winnie the Pooh: Blood and Honey“ hieß das Ergebnis. Ein Billo-Film, der ordentlich Hass auf sich zog – und trotzdem ganz ordentlich performte. Fünf Millionen Dollar kamen alleine aus der Kinoauswertung zusammen. Dem standen lachhafte Kosten von 100.000 Dollar gegenüber.
Für den Distributor itn wurde der Film zum größten Erfolg der Firmengeschichte. Eine Fortsetzung musste her. Ach was, ein ganzes Cinematic Universe wurde angekündigt! Deren Sinn: Kindheitserinnerungen zerstören und damit Geld verdienen. Warum nicht? Fraglich ist nur, ob es wirklich so kommen wird, denn bereits Teil zwei um Winnie performt nicht ansatzweise wie erhofft. Und das ist insofern schade, dass „Winnie the Pooh: Blood and Honey 2“ gefühlt der Film geworden ist, der „Blood and Honey 1“ hätte werden sollen.
Interessant ist, dass „Winnie the Pooh: Blood and Honey 2“ viel von dem negiert, was Teil eins noch postulierte. Und auch die Darsteller wurden komplett ausgetauscht. Zumindest verleugnet er den Vorgänger nicht. Ganz im Gegenteil…
Christopher Robin vs. Winnie the Pooh
Christopher Robin wird nach den Ereignissen im Vorgängerfilm von einigen Einwohnern Ashdowns für das Massaker im Hundert-Morgen-Wald verantwortlich gemacht. Nur weil es keinerlei Beweise für seine Schuld gibt, ist er noch auf freiem Fuß und lebt ein relativ isoliertes Leben.
Doch es gibt auch Einwohner, die Christopher Robins Erzählungen von den Tierwesen im Wald glauben. Sie machen Jagd auf Winnie the Pooh und seinen Kumpel Ferkel. Die ziehen sich immer weiter in ihren Wald zurück, verbünden sich mit ihren alten Freunden Eule und Tigger und schlachten alle Menschlein ab, die ihnen zu nahe kommen.
Davon weiß Christopher Robin nichts. Der besucht stattdessen eine Psychiaterin, um ein altes Trauma aufzuarbeiten. Dieses hat mit seinem in Kindestagen entführten Bruder Billy zu tun. Doch die Wege von Christopher und Winnie the Pooh werden sich erneut kreuzen. Denn die Tierwesen planen, die Stadt Ashdown anzugreifen und die Menschen der Stadt auszurotten.
Dieser Film ist kein Kinderfilm
„Winnie the Pooh: Blood and Honey 2“ beginnt vertraut. Wieder flimmert ein grob animierter Trickfilm über die Leinwand und erzählt die Vorgeschichte zu den nachfolgenden Ereignissen. Das hat wieder einen angenehm düster morbiden Charme und mündet direkt in die erste Abschlacht-Szene des Filmes. Drei Damen werden hier fachgerecht zerlegt. Knochen werden gebrochen, Körper durchbohrt, Köpfe in Bärenfallen gedrückt und Menschlein angezündet.
Sofort sieht man, dass die Fortsetzung sichtlich mehr Geld zur Verfügung hatte. Harte handgemachte Effekte erfreuen das Auge. Schlotzige Maskenarbeit begeistert. Mehr noch: Die Masken von Ferkel und Winnie the Pooh sind endlich keine Vollgummimasken mehr, die steif und regungslos über den massigen Körpern thronen. Nein, Regisseur Rhys Frake-Waterfield setzt auf echte, auf Menschengesichter aufgetragene Masken.
Diese sind detailreich und transportieren die Mimik der maskierten Darsteller sichtbar. Einer der größten Kritikpunkte am ersten Teil wurde somit konsequent und überzeugend ausgeräumt. Auch die bereits auftretende Eule sieht wundervoll garstig aus. Und eine weitere Neuerung wird sofort abgefeuert: Winnie und Co. können sprechen! Zwar nur unflätigen Rotz, aber sie können sprechen!
Parallel wird der Subplot um Christopher Robin angeschoben. Dieser beginnt nach und nach, die aus Teil eins bekannte Prämisse um Winnie und Co. auszuhöhlen. Wo es bislang um Kannibalismus und die Wut von Winnie the Pooh auf Christopher Robin ging, drängen unvermutet Mad-Scientist-/Dr.-Frankenstein-Elemente in den Vordergrund.
Das fühlt sich, ist diese neue Prämisse einmal angeschoben, gar nicht so verkehrt an. Leider ist der Weg bis zur finalen Enthüllung ein eher langweiliger. Alle hinlänglich bekannten Klischees werden hierfür bemüht: Sitzungen bei Psychiatern, weinerliches Storytelling, öde Flashbacks, viel Gelaber. „Winnie the Pooh: Blood and Honey 2“ hängt infolgedessen immer wieder heftig durch. Und viele Darsteller sind ihren Rollen in diesen Abschnitten überhaupt nicht gewachsen. Nur Christopher Robin Darsteller Scott Chambers spielt viel zu gut für diesen Quatsch. Der tut einem mehr als einmal leid.
Damit der Film nicht vollends strandet, haut Rhys Frake-Waterfield Splattereinlage um Splattereinlage raus. Immer wieder dürfen vor allem Eule und Winnie zuschlagen. Die Splattereinlagen sind nicht innovativ oder originell, aber sie zaubern den Gorehounds ein Lächeln ins Gesicht und verpassen dem Film immer mal wieder dringend benötigte Adrenalin-Einspritzungen. Tigger hält man dabei etwas an der kurzen Leine. Richtig gehört: Nachdem im vergangenen Jahr auch die Nutzungsrechte an der Figur des Tigers Tigger gemeinfrei wurden, war klar, dass die Figur auch einen eindrücklichen Auftritt in „Winnie the Pooh: Blood and Honey 2“ bekommen würde. Und was für ein Auftritt das ist.
Der findet nach kurzen Szenen im Vorfeld formvollendet und in epischer Breite im großen Showdown statt. Im Rahmen eines Raves hauen Winnie und Co. allgemein brachial auf die Pauke. Zunächst mal leitet der coolste Kill des Filmes das Gemetzel ein. Mit einer Bärenfalle an einer Kette enthauptet Winnie eine Dame, als nutze er eine fliegende Guillotine, wie man es aus Eastern kennt. Dann zerrt er den abgetrennten Kopf in seine Richtung, greift eine Eisenstange und zermatscht den heran fliegenden Kopf wie eine reife Frucht. Klasse. Danach dreht der Bodycount hoch und haut Frake-Waterfield alles an Budget raus, was noch da war.
Ultragory werden nun die Raver platt gemacht. In Ashdown scheint man sehr auf Fetisch- und Lackklamotten zu stehen, ergo stimmt in der Szene auch der Titts-and-Ass-Faktor. Das Gesplatter erinnert in seiner Gnadenlosigkeit und Lust an schlotzigen Special Effects sofort an „Terrifier“. Dessen Originalität bei den Kills grüßt nur aus der Ferne, beim Aderlass hingegen zieht „Winnie the Pooh: Blood and Honey 2“ locker gleich. Hier werden menschliche Körper zerstört, Hirne angebohrt, Köpfe abgerissen und diverse Derbheiten mehr abgefeiert.
Und Tigger wird hier wirklich ultrasadistisch gezeichnet. Der schlitzt sich mit einer Vehemenz und Lust durch seine Opfer, dass man häufiger denkt, dass Plaion es vermutlich schwer haben wird, die FSK 18 der Kinoauswertung auf die Heimkinomedien zu retten. Die Figur hat wahrlich Potential, noch ein paar sehr drastisch verstörende Auftritte in eventuellen Fortsetzungen hinzulegen. Auch Tigger sieht im Übrigen cool aus, was sein Design angeht. Dass auch sein Schwanz ein nettes Eigenleben hat, ist die Kirsche auf der Torte.
Die Grundidee um das angestrebte Cinematic Universe um die bekannten Figuren, das Poohniverse, sorgt für einen etwas unbefriedigenden Abgang. Denn freilich darf bis auf Nebenfiguren kaum ein Charakter von Interesse über den Jordan gehen. Das macht das finale Abschlachten spannungstechnisch egal. Zumindest zielt es eh nur auf den Bauch der Gorehounds. Da ist „Blood and Honey 2“ genauso ehrlich zu sich selbst wie Teil eins. Dieser Film ist nicht für Kritiker oder Feingeister gemacht.
Das Budget floss zudem auch in die Optik. Der Film sieht nicht mehr gar so billig aus. Zahlreiche Schauplätze und ein ordentlicher Menschenauftrieb (vor allem beim Rave!) bekommen dem Film gut. Kameramätzchen und interessante Perspektiven oder Einstellungen sucht man hingegen vergeblich. Hier ist Frake-Waterfield eher Handwerker denn Künstler mit eigener Handschrift. Ein oder zwei CGI-Effekte fallen aufgrund ihrer „Qualität“ sofort ins Auge und wirken teils überflüssig. Zumindest aber geraten die Tricks um Eules Flugeinlagen und Angriffe aus der Luft sark. Hier finden die Macher teils simple, aber echt effektive Tricks.
„Winnie the Pooh: Blood and Honey 2“ kann was
„Winnie the Pooh: Blood and Honey 2“ kann einige Großbaustellen seines Vorgängers zuschütten. Der Bär und seine Freunde schütteln die im Vorgänger zelebrierte Lieblosigkeit um ihren Look ab. Coole Make-up-Effekte machen die Tierwesen endlich glaubwürdig und lassen nicht mehr nur an schlecht maskierte Serienkiller denken. Auch die Story legt zu. Hat einen hübschen Take rund um die Tierwesen zu bieten. Leider ist die Story endöde erzählt und sorgt schon beim zweiten Teil des angestrebten filmischen Universums für zahlreiche Diskrepanzen zum Vorgängerfilm. Von Kohärenz oder einem echten Masterplan ist da schonmal nichts zu spüren.
Auf der Habenseite kann der Film vor allem sein Gesplatter verbuchen. Das wird reichlich gnadenlos abgeschossen und drastisch bebildert. Während der Gorehound zumindest darüber feiern kann, fällt dem Otto-Normalo schnell auf, dass dem Film etwas echter Humor oder wenigstens Ironie nicht geschadet hätten – vor allem bei der ganzen Grundidee. Auch der eine oder andere Meta-Gag, etwa dass in der Welt von Christopher Robin die Ereignisse aus Teil eins bereits verfilmt wurden, versandet eher, als richtig bedient zu werden.
Weitgehend schlechte Darsteller, ein insgesamt leider ideenloser Abschlachtreigen mit gerade einmal einem echt coolen Highlight-Kill und diverse Einlagen, wo nach wie vor sichtlich das Geld fehlte (das große Abschlachten bei dem Rave hinter zugezogenen Vorhängen), ziehen den tempomäßig unrunden, spannungsfreien Spaß am Blutvergießen immer mal wieder zusätzlich runter. Trotzdem, die Richtung stimmt.
Wie sein Vorgänger darf auch „Winnie the Pooh: Blood and Honey 2“ eine Kinorunde drehen. Hier läuft er seit dem 25. April 2024 mit einer Freigabe ab 18. Die physischen Medien hat Plaion Pictures für den 25. Juli 2024 angekündigt.
In diesem Sinne:
freeman
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