Originaltitel: Wyrmwood__Herstellungsland: Australien__Erscheinungsjahr: 2014__ Regie: Kiah Roache-Turner__Darsteller: Jay Gallagher, Bianca Bradey, Leon Burchill, Luke McKenzie, Yure Covich, Catherine Terracini, Keith Agius, Berryn Schwerdt, Cain Thompson, Beth Aubrey u.a. |
Barry hatte keinen guten Tag. Dabei fing alles ganz gut an. Das Abendessen mit seiner Familie verlief in geregelten Bahnen. Ok, die vorwitzige Tochter musste ein wenig eingebremst werden, aber hey. Etwas Duschsex mit der Frau, gemeinsames Kuscheln im Bett: Unbezahlbar. Doch dann riss ihn ein Anruf seiner Schwester aus dem Schlaf. Sie erzählte wirres Zeug und dann wurde das Gespräch auch noch jäh unterbrochen.
Wenig später hörte Barry auch noch Geräusche in seinem eigenen Haus. Er ging ihnen nach und erwischte in der Küche einen bleichen Kerl, der den Kühlschrank plünderte. Offensichtlich war er auf der Suche nach rohem Fleisch. Als er Barry sah, griff er ihn sofort an. Nur das beherzte Eingreifen seiner Frau rettete Barry. Beide schnappten sich die Tochter und etwas Werkzeug aus Barrys Bastelstube und rannten in Richtung der Familienkarosse. Beständig attackiert von wild gewordenen Nachbarn.
Als sie endlich aus der Stadt raus waren, zeigte Barrys Töchterchen die gleichen Symptome wie Barrys Nachbarn. Und auch Barrys Frau hatte sich infiziert. Mit einer Nagelpistole setzte er dem Leben seiner Lieben ein Ende. Nein, Barry hatte keinen guten Tag…
Ob zumindest seine Schwester noch lebt? Barry beschließt, zu ihr zu reisen und nach dem Rechten zu schauen. Der Trip zu seiner Schwester führt über sich blutrot färbende Landstraßen und hält erstaunliche Überraschungen für den jungen Mann bereit.
httpv://www.youtube.com/watch?v=7PRdQWTrjPA
„Wyrmwood“ ist einer dieser Filme, denen man eigentlich gar nicht böse sein kann, selbst wenn man es wollte. Klar ist er ab und an repetitiv und lahmt dadurch auch mal in seinem Tempo, gleichzeitig zeugt er aber in jeder Einstellung vom unendlichen Herzblut seiner Macher, die über drei Jahre hinweg an dem Film werkelten und immer mit akuten Geldproblemen zu kämpfen hatten. Irgendwann besorgten sie sich sogar Geld über die Crowdfunding-Plattform „Indiegogo“. Dem Film sieht man seine langwierige Entstehungszeit niemals an. Er wirkt im Gegenteil sehr homogen und geschlossen, wenngleich er gegen Ende alle Türen und Tore für eine Fortsetzung offen hält.
Storytechnisch wähnt man sich zunächst in dem üblichen Zombie-Schlock. Binnen kürzester Zeit bevölkern diverse Untote die Leinwand und das Gemetzel kann beginnen. Doch schnell geht „Wyrmwood“ eigene Wege. Erklärt beispielsweise lange Zeit gar nicht, was es mit der plötzlichen Zombie-Epidemie auf sich hat. Es gibt keinen Chemieunfall, keine grünen Gase, keine grünen Meteoriten. Auch wer sich infiziert, wirkt bis kurz vor Schluss vollkommen willkürlich. Doch „Wyrmwood“ hält mit derartigen Einlagen die Spannung hoch. Die Background-Story um Barry und seine Familie berührt zudem sehr und verpasst dem hünenhaften Kerl sehr effizient ein menschliches Rückgrat.
Im eigentlichen Sinne aber ist „Wyrmwood“ der große Road-Trip von Barry. Er sammelt Begleiter auf und nicht nur wegen dem Entstehungsland Australien kommen mehr und mehr Assoziationen zu der großen Endzeit-Saga „Mad Max“ auf. Die Outfits, die gepanzerten Wagen, die einsamen Straßen, die Kamerafahrten knapp über dem Asphalt, alles erinnert einen unwillkürlich an Max Rockatansky. Zudem entwickelt der Film ein paar herrlich schräge Ideen. Die Mad-Max-Benzinknappheit adaptiert man etwa sehr gelungen und macht mal eben die Zombies zur Treibstoffquelle. Vollkommen schräg ist dann der Twist rund um Barrys Schwester, der dem Film bezogen auf das Zombie-Subgenre diverse innovative Momente beschert. Ohne das wirklich erklärt würde, warum sie kann, was sie kann…
Dank seiner Anlage als Road Movie ist „Wyrmwood“ durchweg ordentlich in Bewegung. Steht er tatsächlich mal für längere Zeit still, nutzt er das für weitere abgefahrene Ideen und Situationen. Wenngleich man allerdings nicht unterschlagen sollte, dass der Zuschauer gerade diese Tempo-Einbrüche auch deutlich zu spüren bekommt. Ganz im Gegenteil zu den kurzen und knackigen Zwischenstopps, die die Macher nur um des reinen Fun-Faktors Willen einlegen. Hier werden Zombies verhackstückt, dass es eine wahre Freude ist. Das CGI-Blut spritzt im hohen Bogen und sieht mal erstaunlich gelungen aus. Fast alle gröberen Effekte kommen zwar sichtlich aus dem Rechner, funktionieren aber erstaunlich gut und wirken nicht so unbeholfen, wie vergleichbare Einlagen in anderen Zombie-Streifen aktuellerer Prägung.
Der Bodycount ist genauso beachtlich wie das Härteniveau. In manchen Situationen wird schon amtlichst mit Kunstblut gematscht. Ausweideszenen hat es zwar nicht, dafür begeistert der Variantenreichtum an platzenden Köpfen in „Wyrmwood“. Sowohl in der Action als auch in der Handlung ist die Kamera immer um Dynamik und eine schräge Bildsprache bemüht. Dadurch wirkt der Film durchgehend frisch und auch comichaft überdreht.
Das treibt er in der Figur eines seltsamen Wissenschaftlers auf der Spitze. Dieser ist eine reine Comicfigur. Mit allem, was dazu gehört und nicht jedem gefällt: Overacting, seltsame Dialoge, immer deutlich drüber. Erstaunlich ist eigentlich nur, wie wenig „Wyrmwood“ letztlich aus der Figur macht. Die anderen Figuren des Zombie-Streifens sind einfach tolle Typen. Anders kann man es nicht sagen. Die Darsteller füllen ihre Figuren überzeugend mit Leben und sind mit viel Engagement bei der Sache. Barry-Darsteller Jay Gallagher und die taffe Bianca Bradey als seine Schwester sind Herz und Seele des Filmes und machen beide mit ihren Figuren interessante Entwicklungen durch.
Am Ende bleibt ein überdrehter, derber Gewaltcomic, der sein Zombie-Geschnetzel mit Mad-Max-Attitüde auf den Zuschauer loslässt und selbigen prächtig unterhält. Dabei geriert sich der Film ähnlich blutgierig wie seine Zombies und lässt seine Helden ordentlich Untote zerkleinern. Hierbei dominieren zwar CGI-Effekte auf breiter Flur, das Ergebnis ist aber erstaunlich gelungen und unterstreicht den Comicfaktor des Filmes eindrucksvoll. Die handgemachten Effekte und das Zombie-Make-Up zeugen von der Detailverliebtheit der Macher. Diverse humorige Momente und ironische Brechungen entschärfen das blutige Treiben gekonnt und die Geschichte des Filmes bringt endlich mal frischen Wind ins angestaubte Genre. Das Ergebnis ist laut, schnell, brutal, witzig und macht einfach richtig Laune. Immer her mit den angedeuteten zweiten Teil!
Die deutsche DVD/Blu-ray kommt von Sunfilm/Tiberius Film und ist mit einer FSK 18 Freigabe ungeschnitten. Ein tolles Making Of in Form eines Produktionstagebuches zeugt von dem unendlichen Enthusiasmus der Macher.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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